Anno 1503

Eine Insel, ein paar Rohstoffe, etwas Schifffahrt, geheimnisvolle Entdeckungen, geplante Entwicklung, daraus sind Klassiker gemacht. Und wenn dann noch der Name Klaus Teuber dahinter steht, erst recht. Nein, nein, wir reden hier nicht von den catanischen Siedlern oder den neuen Entdeckern, sondern von der natürlich bei Kosmos erschienenen Neuschöpfung Anno 1503. Neuschöpfung? Na ja, streng genommen nicht, denn Anno 1503 ist dem erfolgreichen Computerspiel gleichen Namens nachempfunden. Um es gleich vorweg zu sagen, dieses kenne ich nicht und ich denke, ich brauche es auch nicht zu kennen. Denn der Versuch die vielfältigen Möglichkeiten, die der Computer bietet, komprimiert in ein Brettspiel zu packen, muss jeden Vergleich hinken lassen.

Anno 1503 kommt mit bekannten Ingredienzen daher. Ein Tableau für jeden als Heimatinsel mit der Angabe bei welchem Würfelwurf man welchen Rohstoff erhält. Übrigens auf jeder Insel bei gleicher Augenzahl ein anderer und zu dem an einer Position ein Fragezeichen, sozusagen ein beliebiger Rohstoff. Dann eine Übersicht der Einsatzkosten für Schiffe und Pioniere und deren Entwicklungskosten zu Siedlern (!), dann zu Bürgern und schließlich zu Kaufleuten. Für die beiden letztgenannten sind die höherwertigen Rohstoffe Gewürz bzw. Tabak notwendig, die auf drei verschiedenen Arten zu bekommen sind. Durch das bereits erwähnte Fragezeichen, durch Kauf für sechs Goldstücke oder durch neue Handelskontore. Diese werden auf dem 5x12 Felder großen Meeresausschnitt, übersät mit etlichen Inseln, durch die umherfahrenden Schiffe entdeckt und anschließend an einen Steg an der Heimatinsel angelegt. Wird nun die zum Steg gehörende Zahl gewürfelt, besteht die Qual der Wahl zwischen dem Originalrohstoff und dem neuen. Es gibt nie beide. Neben den Handelskontoren können aber auch äußerst lukrative Handelsverträge entdeckt werden, die den Kauf eines Rohstoff um ein Goldstück verbilligen. Und schließlich sogar Schatzkisten mit 12 Goldstücken oder der Möglichkeit, kostenlos eine nächste Entwicklungsstufe für eine Person zu erreichen.

Schiffe, maximal zwei kann man besitzen, sind also gut und schön, aber auch langsam und teuer. Denn ein Schiff hat nur so viele Aktionspunkte wie Mitspieler beteiligt sind. Jede Weiterreise um ein Feld kostet einen und ebenso die Entdeckung. Der Glücksfaktor bei den Entdeckungen wird dadurch minimiert, dass eine Entdeckung nicht angenommen werden muss. Wird sie aber angenommen, ist das Schiff zerstört (!) und für weitere Entdeckungen muss erst ein neues gebaut werden, das dann in der hintersten Ecke wieder lossegelt.

Geld aus Schatztruhen ist eine Einnahmequelle, Gold durch Verkauf von Rohstoffen die andere. Jeder der eigenen Personen kann pro Runde ein einziger, bestimmter Rohstoff verkauft werden, der mit so vielen Goldtalern bezahlt wird, wie der Entwicklungsstufe der Person entspricht, Siedler z.B. wollen Tücher haben und zahlen zwei Goldstücke, Bürger dagegen wollen Gewürze. Schade wenn man viele Tuche hat, aber keine Siedler. Also schnell viele Pioniere einsetzen und entwickeln. Schön wäre es, aber dem hat der Autor einen Riegel vorgeschoben. Es gibt nur vier Pioniere, deren Plättchen durch Umdrehen zum Siedler werden. Daher muss, wenn alle Pioniere eingesetzt sind, erst ein Siedler zum Bürger werden, damit wieder ein Pionier 'frei' wird. Man sollte also darauf bedacht sein, einen guten Bevölkerungsmix zu haben.

Ab dem vierten eingesetzten Pionier darf man sich ein sogenanntes öffentliche Gebäude aussuchen und der Person zuordnen. Diese Gebäude bieten immer einen Vorteil. Sehr beliebt ist z.B. die Werft, die den Schiffen die doppelten Anzahl an Aktionspunkten beschert. Oder Schule, Wirtshaus bzw. Badhaus, die mehr Erlöse beim Verkauf von Rohstoffen erzielen lassen. Und insbesondere die Versicherungen gegen Piraten bzw. Feuer, dazu aber weiter unten mehr. Auch hier gibt es wieder ein Mangelproblem. Nie stehen alle Gebäude für alle zur Verfügung, wer zuerst kommt mahlt zuerst. Wenn da die oben beschriebenen Entwicklungsprobleme nur nicht wären.

Werfen wir nun noch einen Blick auf das Spielziel, und der Nebel um die Spielkomponenten sollte sich gelichtet haben. Wer zuerst drei der folgenden fünf Kategorien erfüllt, wird zum Sieger erklärt:

  • 3 Kaufleute hervorbringen
  • 4 Handelskontore gründen
  • 3 Handelsverträge abschließen
  • 4 Gebäude besitzen
  • 30 Goldstücke horten.

Nur die erste und letzte Kategorie kann von allen erfüllt werden, bei den anderen gibt es wieder Probleme. Bei vier Mitspielern z.B. sind insgesamt nur 14 Gebäude im Spiel. Mindestens einer, schlimmstenfalls zwei werden also in dieser Kategorie leer ausgehen. Genauso ist es bei den Handelskontoren und -verträgen. Will man also eher in die Personen und damit in die Gebäude investieren oder lieber viel herum segeln und dabei sein Glück versuchen. Die Entscheidung wird auch noch dadurch erschwert, dass die Einsatzkosten für ein Schiff (Holz, Handwerk, Tuch) fast identisch zu denen für einen Pionier (Holz, Handwerk) sind.

Muss ich noch etwas zum Spielverlauf sagen? Wie zu erwarten, wird zunächst gewürfelt und alle erhalten ihre Rohstoffe. Anschließend kann der aktive Spieler (fast) alles machen, was Rohstoffe und Geldbeutel hergeben. Zum Schluss segeln dann noch die Schiffe. Bei einer gewürfelten Sechs gibt es keinen Rohstoff, sondern es tritt ein besonderes Ereignis ein. Schön ist, wenn es dann doch einen beliebigen Rohstoff gibt, schlimm kann es werden, wenn die Piraten kommen oder ein Feuer ausbricht. Bei Piraten muss dann für jedes Handelskontor und jeden Handelsvertrag ein Goldstück bezahlt werden, bei Feuer für jedes Gebäude. Hat man nicht genug Gold muss eine entsprechende Einheit abgebaut werden und das ist das Schlimme. Denn man verliert Zeit und Rohstoffe für die erneute Entdeckung bzw. den erneuten Aufbau. Geldmangel herrscht sehr schnell, wenn man sich die benötigten Rohstoffe zusammenkauft und dann muss man ein Risiko eingehen. Wer bei vier Mitspielern drei Häuser besitzt und nur eine Goldreserve von fünf, könnte, wenn er das nächste Mal dran ist, schon das letzte Haus verloren haben. Glücklich wer eine oder beide der oben genannten. Versicherungen sein eigen nennt, dann muss Nichts gezahlt werden Aber der kann dann nicht schnell segeln.

Auch wenn es sich phasenweise so anhören mag, aber Anno 1503 ist kein Siedler-Klon. Die zutreffenden Entscheidungen sind weitaus vielfältiger und die Glückskomponente ist deutlich heruntergeschraubt. Besonders gut gefallen hat mir, dass fast alle Partien bis zum Schluss spannend blieben, unabhängig von der gewählten Strategie. Das zeigt meines Erachtens, dass Klaus Teuber eine Menge Aufwand in das Austarieren der einzelnen Komponenten gesteckt hat. Das hat dem Spiel gut getan und macht zum einen den Reiz des Spiels aus. Zum anderen ist es das Bemühen, aus dem vorgegebenen Mangel bei Leuten, Gold, Schiffen etc. das Beste zu machen. Und es reizt vor allem zu einer Revanchepartie, um es mit einer anderen Strategie zu versuchen. Dazu lässt die angenehme Spieldauer von gut einer Stunde auch viel Raum. Letztendlich aber kann sich Anno 1503 nicht ganz vom Computer lösen, denn von dort hat es die total fehlende Interaktion zwischen den Mitspielern übernommen. Bis auf eine kleine Ausnahme, wenn ein Gebäude das Ziehen einer Handkarte beim Gegner ermöglicht, spielt man völlig aneinander vorbei. Fast so, als ob die Mitspieler Computergegner wären. Das hat mir gar nicht gefallen.

Anno 1503 ist nicht unbedingt spektakulär, hebt sich aber wohltuend aus der Masse der Spiele ab. Dass es allerdings die höchste Weihe erreicht und zu einem Klassiker wird, mag ich bezweifeln. (mw)

Steckbrief
Anno 1503
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Klaus Teuber Kosmos 2 - 4 Spieler ab 10 Jahre 60 - 75 Minuten Max Design