MachtspieleMachtspiele

Bei meiner letzten Rezension eines Spieles des norddeutschen Spielverlags, Sherwood Forrest hatte ich geschrieben: "Ich bin mir sicher, dass eggertspiele zur Messe Essen wieder etwas Großartiges zu bieten hat." Mit Macht$piele hat man zwar einen Schritt in die richtige Richtung getan, aber das Ziel noch nicht erreicht.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Peter Eggert als ehemaliger Gewerkschafter gleich auf das Spiel angesprungen ist, als er es kennen lernte. Ob das in Herne war, als Macht$piele, damals noch unter dem Namen 'Die Firma' beim Hippodice Autorenwettbewerb 2009 ausgezeichnet wurde? Geht es doch um alles, was in einer Firma abgeht. Abteilungs- und Bereichsleiter, Vorstand und Boss, externe Berater, Einfluss, Macht Aktien und Geld, na ja und auch ein bisschen Intrige und Korruption. Schließlich läuft unsere Firma wie geschmiert.

Macht$piele läuft in Runden ab, die immer mit einer Vorstandssitzung beginnen, der sich dann vier bis sieben Aktionsrunden anschließen. Die Anzahl bestimmt und kennt auch nur der Bereichsleiter Kommunikation. In diesen Aktionsrunden, werden die Grundlagen gelegt, in fünf Kompetenzbereichen, Einfluss, Aktien, Hauptabteilungen, Berater und Korruption voran zu kommen und eine Mindestkompetenz, z.B. vier Hauptabteilungen oder neun Korruptionspunkte zu erreichen. Zum Sieg werden vier Siegpunkte benötigt. Diese erreicht man entweder in den fünf Kompetenzbereichen oder als sechste Möglichkeit durch Besiegen des zugelosten Erzfeinds. Dazu muss man in ebenfalls zugelosten drei Kompetenzbereichen besser als der Erzfeind sein oder ist man sein eigener Erzfeind in zweien besser als alle anderen. Einen Erzfeindsiegpunkt zu erhalten ist verdammt schwierig, aber auch nicht unmöglich.

Einfluss gewinnt man durch Mitarbeit im Vorstand oder als dessen Vorsitzender, der Boss. Jede Runde wird ein neuer Boss bestimmt, die Mehrheit im Vorstand entscheidet oder bei Gleichstand, wer schon am längsten Vorstandsarbeit macht. Leider sind im Vorstand nur fünf Stühle vorhanden und wenn viele Aspiranten nachrücken, fällt man leider vorne wieder raus. Schaaade. Vorstandsarbeit bringt aber auch Geld, die hier bezeichnenderweise Pinats heißt. Z.B. erhält der Boss 300.000, ein Vorstandsmitglied noch 150.000 während Abteilungsleiter nur 100.000 bringen, ebensoviel wie ein Aktienpaket. Ein solches Paket besteht aus einem bis sieben Anteilen, die je größer das Paket verhältnismäßig teurer werden. Bei den Aktien liegt gleich eine Krux. Denn um den Siegpunkt zu erhalten werden 18 Anteile benötigt. In einer Partie zu fünft stehen insgesamt 84, in einer zu viert 62 Anteile zur Verfügung. D.h. nicht alle werden die Mindestbedingung erfüllen können. Also gilt es frühzeitig zu entscheiden, richtig rein in den Aktienmarkt oder ganz rausbleiben. Ausschlaggebend dafür mag sein, ob der Erzfeind im Aktienmarkt besiegt werden muss.

Grundlage für alles sind die Abteilungsleiter mit ihren Mitarbeitern, die die Drecksarbeit machen. Die Mehrheit an Abteilungsleitern bringt einen Bereichsleiter, der dann genau wie der Boss ein besonderes Privileg sein eigen nennen darf. Das kann z.B. sein, mehr Geld zu bekommen oder Mitarbeiter abwerben zu können (Abteilungen ohne Mitarbeiter werden aufgelöst, böse). Und das erzeugt dann die Intrigen und Korruption, halt nein sie muss automatisch einsetzen - schließlich soll ja auch im Kompetenzbereich Korruption (was für ein Wortspiel) eventuell ein Siegpunkt herkommen. Da wechseln dann mehr oder weniger viele Scheinchen und das nach der korrumpierenden Handlung noch bessere Privileg den Besitzer.

Ich denke, jetzt ist es an der Zeit einmal tabellarisch auf die einzelnen Aktionen einzugehen ohne sie näher zu beschreiben:

  • zwei Mitarbeiter einstellen
  • eine oder zwei neue Abteilungen durch eigene Mitarbeiter gründen
  • eine neue Abteilung durch Mitarbeiter von außen gründen
  • eine Hauptabteilung durch Zusammenlegen von zwei Abteilungen gründen
  • eine oder zwei Abteilungen umziehen
  • eine Hauptabteilung umziehen
  • als Bereichleiter abdanken und externer Berater werden oder mit allen Abteilungsleitern in den Vorstand wechseln
  • einen Mitspieler schmieren
  • kaufen (Aktien, Einfluss, Hauptabteilungen, Berater)
  • Privileg einsetzen

Vom Thema her hat mich Macht$piele gleich angesprochen, wenn auch einige Mitspieler darin ein mehr abstraktes Spiel sahen. Nun gut, nicht alle Abläufe entsprechen denen in einer realen Firma, aber dass kann ein Spiel ja auch nicht erreichen. Manchmal liegt ja gerade in der Satire die Stärke. Man könnte natürlich einfach mal drauf losspielen, aber um erfolgreich zu sein, sollte man schon frühzeitig einen Plan entwickeln. Wie ich aber schon erwähnte, sind Aktien kritisch. Will man da was reißen, braucht man Geld. Geld kriegt man durch Abteilungen und Vorstandsarbeit. Damit kommen die Einflusspunkte fast automatisch. Vier Hauptabteilungen sind auch relativ leicht erreichbar, wo kommt dann der vierte Siegpunkt her?
Oder man konzentriert sich auf Korruption, besticht auf Teufel komm raus, kann dann die verbesserten Privilegien nutzen und die Mitspieler schwächen, weil sie bei Ablehnung Mitarbeiter verlieren. Dann wird man aber kaum genug Geld für Aktien haben. Naja.

Macht$piele bleibt eng und spannend bis zum Schluss. Oft erreicht nach der Ankündigung des Spielendes noch ein weiterer Konkurrent den vierten Siegpunkt in der Schlussrunde. Und wer gewinnt dann? Natürlich der mit den meisten Pinats. Leider trifft das Ende einer Fünferpartie erst nach mindestens 120 Minuten ein und das ist doch ein bisschen lang. Wäre man die ganze Zeit mit etwas beschäftigt, wäre es ja nicht so schlimm, aber zwischen zwei Zügen kann es schon etwas dauern. Das liegt natürlich auch daran, dass Interaktion ganz groß geschrieben wird. Aber lieber Interaktion als am Würfel zu hängen oder durch eine unglückliche Ereigniskarte unterzugehen. Daher ist mir persönlich eine Partie zu viert etwas lieber.

Wie gesagt, man braucht die eine oder andere Partie um die Möglichkeiten und Auswirkungen einschätzen zu können und darauf eine Strategie aufzubauen. Dann hat man jedoch ein solides, gut funktionierendes Spiel vor sich, das viel Spaß machen kann. Aber nicht bei allen Testspielern will der Funke so richtig überspringen, so dass sich damit meine Bemerkung vom Anfang erklären lässt. Aber es gibt ja auch noch Havanna bei eggertspiele. (mw)

Machtspiele für Zwei
Auf der Packung findet sich die Angabe 2 - 5 Spieler. Die Angabe ist ein Druckfehler. Wer jedoch Macht$piele auch zu zweit spielen möchte, möge die inoffiziellen Regeln des Autors von Boardgamegeek herunterladen und ausprobieren.
Steckbrief
Machtspiele
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Maximilian Thiel eggertspiele 3 - 5 Spieler ab 12 Jahre 90 - 120 Minuten Maura Kalusky, Fréderic Bertrand