Vegas bzw. Las Vegas war 2012 so etwas wie das "heimliche" Spiel des Jahres - der Titel ging an Kingdom Builder, was der Beliebtheit von Las Vegas jedoch keinen Abbruch tat. Nun, zwei Jahre später erschien mit Las Vegas Boulevard die erste Erweiterung. Alsdann, packen wir die Würfel wieder aus und gehen auf die Pis ... äähh, auf den Boulevard!
Die Erweiterung besteht aus mehreren unabhängigen, jedoch beliebig kombinierbaren Elementen, auf die ich jeweils kurz eingehen werde. Sie kommt mit drei zusätzlichen Würfelfarben, es können nun also auch bis zu acht Spieler mitwirken, ohne dass die Alea Iacta Est-Box geplündert werden muss ;-). Hatte Autor Rüdiger Dorn für diesen Fall früher nur eine Erhöhung des Startbetrages auf 70.000 $ empfohlen, ist dies nun nach Teilnehmerzahl von 30.000 $ bis 90.000 $ gestaffelt, was den Vorteil hat, dass es auch bei kleinen Teilnehmerzahlen eng zugeht.
Für sieben der acht Würfelfarben ist je ein größerer Würfel, ein sogenannter Biggie, verfügbar. Er ersetzt einen normalen Würfel im eigenen Vorrat und zählt bei der Casinoabrechnung wie zwei Würfel. Damit kann man schnell mal eine abschreckende Kulisse aufbauen. Persönlich empfehle ich die Biggies in gemeinsamer Verwendung mit den Kickern: Hier erhält jeder pro Runde einen oder zwei violette Würfel, die er mit seiner normalen Würfelfarbe einwürfelt. Als Effekt befördern die Kicker einen bereits im Casino vorhandenen Würfel zu seinem Besitzer zurück und sind danach verbraucht. Die zurückerhaltenen Würfel dürfen wieder eingewürfelt werden. Die Verwendung der Kicker ist knifflig: Spiele ich ihn zu früh, kann der Besitzer des entfernten Würfels diesen vielleicht für etwas noch besseres benutzen, spiele ich ihn zu spät, bin ich dem Würfelglück ausgeliefert und laufe Gefahr, unbeabsichtigt einen eigenen Würfel herauszubefördern. Mit zunehmender Erfahrung werden die Kicker vermehrt dafür genutzt, eigene Würfel aus unattraktiv gewordenen Casinos zurückzuholen. Ein lange zurückbehaltener Kicker kann so für große Unruhe bei den Mitspielern sorgen, denn genauso gut könnte man diesen ja noch nutzen, um einen entscheidenden Würfel aus einem sicher geglaubten Casino herauszubefördern.
Von den Bonuskarten erhält jeder Spieler pro Runde eine oder zwei. Sie zeigen einen Geldschein zwischen 30.000 $ und 70.000 $. Ein neutraler Würfel dient als Anzeiger, den ich, wann immer ich einen auf meinen Karten gezeigten Geldschein erhalte, eine Zahl höher drehen darf. Bei "sechs" ist naturgemäß Ende. Am Spielende wird die Würfelzahl mit 50.000 $ multipliziert. Für mich ist dies das schwächste Modul: Mit der zufälligen Zuteilung der Geldsummen bringt es einen frustrierenden zusätzlichen Glücksfaktor mit: Häufig genug ist eine gesuchte Karte gar nicht in den Casinos vorhanden, zudem gibt es meist einen lachenden Dritten, wenn man einen Mitspieler vom Erhalt seiner gesuchten Karte abhalten will (die für einen selbst meist ja gar nicht sonderlich attraktiv ist). Übel auch, wenn jemand zwei identische Karten erhält: Der darf nämlich beim Erhalt des entsprechenden Geldscheines seinen Würfel gleich zwei Stufen höherdrehen.
Auch von den Aktionskarten erhält jeder eine oder zwei pro Runde. Sie erlauben verschiedene Sonderaktionen, deren Einsatz gut abgewogen werden will, soll er effektiv sein. Daher muss man sich gewahr sein, dass die Aktionskarten Las Vegas ein wenig des gewohnten Tempos berauben. Hat man durch sie mehr Einfluss? Nicht unbedingt, aber großen Spaß, wenn die Mitspieler plötzlich alle Würfel von zwei verschiedenen Augenzahlen einsetzen müssen oder man eigene Würfel wieder zurückholt. -Der Einarmige Bandit ist ein siebtes Casino, auf welchem andere Einsetzregeln gelten: Hier darf jede Augenzahl nur einmal eingesetzt werden, am Ende gewinnt die größte Würfelgruppe, bzw. als Tie-Breaker die höchste Gesamtsumme. Leider ist der Bandit eine gewöhnliche Spielkarte, weswegen er optisch gegenüber den normalen Casinos auf den dicken Papptafeln untergeht und meist "links liegen gelassen" wird. Der Effekt in meinen Spielrunden war häufig einer der Sorte: "Ach ja, das gibt's ja auch noch!". Schade, denn als Alternativ-Casino ist er häufig auch bei misslungenen Würfen sehr interessant.
Die Regenbogen-Karten zeigen keine bestimmte Geldsumme, sondern werden vor der Auswertung eines Casinos gegen den obersten Geldschein des Nachziehstapels ausgetauscht, anschließend wird das Casino wie gewohnt gewertet. Man weiß bei solchen Casinos also nur, was man mindestens bekommt - ein nettes, teilweise fatal verlockendes Pokerspielchen.
Insgesamt ist Las Vegas Boulevard eine Erweiterung, die das Grundspiel nicht aufwertet, sondern ihm neue Variationsmöglichkeiten beschert. Am nahtlosesten fügen sich Kicker und Biggies in das Grundspiel ein, alle anderen Module berauben es dagegen etwas seiner Schnörkellosigkeit und seines Tempos und bringen dafür eine größere taktische Komponente ein. Mein persönliches Highlight ist das Solospiel: Hier spielt man mit einer Würfelfarbe gegen alle anderen Farben an und versucht, mehr Geld abzugreifen als diese zusammen - später auch gern mit immer weniger Würfeln. Ein schönes Tüftelspiel, das sich hauptsächlich um Abwägung und Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten dreht. Wer also frischen Wind nach Las Vegas bringen oder dem Geldrausch mal ganz allein frönen will, der ist mit dieser Erweiterung gut bedient. (fd)
Steckbrief Las Vegas Boulevard |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Rüdiger Dorn | alea | 1 - 9 Spieler | ab 8 Jahre | 15 - 75 Minuten | Harald Lieske |