KIs malen besser als sie spielen, oder?

Zur Zeit erscheinen immer wieder Umsetzungen von Gesellschaftsspielen für den Computer. Hier gibt es zum einen die Solitärspiele wie Patiencen Mahjong, Solitär und ähnliches, bei denen man auch am Tisch allein gegen das System spielt.
Zum anderen gibt es die Computerspiele, bei denen der Computer einen oder mehrerer nicht vorhandene Mitspieler ersetzt. Am bekanntesten sind hier diverse Schachprogramme. Auch andere Klassiker wie zum Beispiel Skat, Doppelkopf, Mühle oder Dame gibt es in vielen Versionen zu finden. Meine Überlegungen beschäftigen sich jedoch nur mit modernen Gesellschaftsspielen, die als PC Versionen umgesetzt wurden.
Hier gibt es große Unterschiede im Umgang mit dem Brettspiel. Dies liegt an den verschiedenen Zielgruppen für diese Spiele. Zuerst denkt man an Brettspieler, die für ihr Spiel keine adäquaten Mitspieler finden, oder verschieden Strategien ausprobieren wollen. Doch auch Computernutzer, die etwas für zwischendurch suchen, können bei kürzeren Spielen eine eigene Zielgruppe bilden. Die größte Gruppe besteht aus den Computernutzern bilden, die den Rechner vor allem als Spielgerät sehen.

Diese drei Gruppen stellen sehr unterschiedliche Ansprüche an das Spiel:

Alle Wünsche zu erfüllen ist kaum möglich, daher gehen die Veröffentlichungen verschiedenen Wege.

Sternenschiff Catan

Schon der Einstieg ins Spiel wird recht unterschiedlich gelöst. Während es bei einem Brettspiel selbstverständlich ist (oder sein sollte), sich vor dem Spielen mit der Spielregel zu beschäftigen, legt man bei Computerspielen die Programm-CD ein, installiert das Spiel und möchte ohne Regelstudium losspielen (bzw. tut dies einfach).
Dies Vorgehen wird von einigen Spielen unterstützt. Sie bieten Tutorials an, mit denen man die Handhabung und die Regeln des Spieles lernt. ( Tikal, Euphrat & Tigris, Kardinal und König). Andere Programme bieten direkt die Möglichkeit, die Regeln online vom Spiel aus zu lesen (z. B. bei Ogallala, Carcassonne) oder bieten ein Onlinedokument (Kardinal und König). Während bei vielen Spielen auf Papieranleitungen fast vollständig verzichtet wird (Tikal), bieten andere (vor allem Carcassonne) ausgesprochen gute Hilfestellungen.
Bei anderen Spielen wird davon ausgegangen, dass der Spieler das Spiel schon kennt. bzw. die Anleitung gelesen hat. Dort wird keinerlei Einführung in die Spielregeln geboten. Dieser Verzicht wird durch eine besonders hohe Qualität der Online-Hilfen zum Handling sowie der schriftlichen Spielanleitung kompensiert.(Malefiz, Scotland Yard, Maulwurfcompany).

Auch während des Spiels findet man unterschiedlich gute Hilfen. Tooltipps (z. B. Sternenschiff Catan) sind zwar sehr hilfreich, doch man sollte sie abschalten können, wenn man das Spiel beherrscht. Bei Malefiz lassen sich per Option die Zugmöglichkeiten anzeigen. Dies ist abschaltbar, damit man, wie am Spielbrett auch, mal ein gute Möglichkeit übersehen kann. Carcassonne bietet viele Spielhilfen. So kann man sich alle Plätze zeigen lassen, an denen das aktuelle Plättchen angelegt werden kann. Außerdem kann der Spieler sich die Plättchen im Vorrat anzeigen lassen. Solche Hilfen sollten immer nur möglich, aber nie aufgezwungen sein, denn dem geübten Spieler nehmen sie leicht die Herausforderung und verhindern obendrein ein zügiges Spiel.

Auch in den verschiedenen Einstellungen und Optionen zeigen sich die verschiedenen Zielgruppen sehr deutlich. Die erste Insel setzte auf eine Verschmelzung von "actionreichem" Computerspiel und Brettspiel. Bei Ereignissen liefen attraktiv gestaltete Videosequenzen ab, die Actionspieler begeisterten und zu guten Noten in Besprechungen führten. Die eingefleischten Brettspieler waren jedoch davon recht genervt, und stellten die Videosequenzen ab, da sie nicht zum Spiel gehörten. Ähnlich wurde bei beim Sternenschiff Catan gearbeitet, ein permanentes niedrigfrequentes Brummen stellt hier den Antrieb deines Raumschiffes dar, war aber leider nicht abstellbar. Auf dem Spielbrett blinkten die einzelnen Schaltflächen, alles war Action , aber da der Sound nicht abstellbar war, fühlen sind reine Brettspieler hier nicht wohl, obwohl das Spiel selbst ein sehr gutes Brettspiel ist.

Lautstärke, Soundeffekte und Animationen lassen sich bei den meisten Spielen an oder ausschalten. Auch bieten die meisten Spiele 3-D-Ansichten auf denen man denen man den Spielplan drehen, zoomen oder auch verschieben kann. Das begeistert Graphik-Freunde, doch oft gehen dabei Spielinformationen verloren. Was nützen hübsche Häuser, wenn diese die dahinter liegenden Steine verdecken, wie bei Tikal oder Kardinal und König.
Ebenso bieten die meisten Spiel verschiedene Optiken.
Ein großes Problem bilden bei den meisten Computerspielen die Computergegner. Die Grafiken sind toll, Optik und Soundeffekte sind voll ausgearbeitet (Zielgruppe Computerspieler) aber die Künstliche Intelligenz (Zielgruppe Brettspieler) bleibt auf der Strecke. Oft sollten sich die Hersteller etwas mehr Zeit nehmen, das Releasedatum etwas nach hinten schieben, und dann ein sehr gutes Programm herausbringen. Leider nehmen sich nicht viele Firmen diese Zeit.

Also heißt es beim Kauf von Computergesellschaftsspielen: Aufgepasst!

Carcasonne

Meine Erfahrung mit Computerumsetzungen hat mir gezeigt, je mehr auf die Animationen, Graphik, Soundeffekt u. ä auf der Schachtel hingewiesen wird, desto mehr Wert wurde auch auf diese Aspekte bei der Programmierung gelegt. Selbst wenn es dann auch noch Gegner in verschiedenen Spielstärken gibt, bleibt der Spielspaß für gute Brettspieler meist auf der Strecke, da selbst die schwersten Gegner einem erfahrenen Brettspieler nichts entgegensetzen können. Hier wird der zahlenmäßig größten Gruppe der Computerspieler Rechnung getragen.

Das einzige Computerspiel, das mich in jeder Hinsicht bisher überzeugen konnte ist Carcassonne. Die Grafik ist zwar auch variabel einstellbar, aber sehr übersichtlich. Computergegner sind von leicht bis sehr schwer vorhanden, und wer mit den angebotenen 10 Schwierigkeitsstufen nicht zufrieden ist, kann sich noch weitere Gegner programmieren. So wie dieses Spiel wünsche ich mir alle Umsetzungen. (bd)