Gehen wir über 200 Millionen Jahre zurück in die Vergangenheit. Der Planet Erde kennt noch keine Menschen und natürlich noch keine Spiele. Dafür kennt er andere große Lebewesen, die auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung stehen, deren Existenz aber durch einen großen Kometen bedroht ist: die Dinosaurier.
Sie leben auf einer großen Landmasse, in der es vier verschiedene Landschaftsformen gibt. Die Wüste hat das wärmste Klima, gefolgt von Grasland und Hügelland. Am kältesten ist das Gebirge. Jeder Spieler startet mit einem Dino in einer Wüste. Zu Beginn des Spiels sind alle Dinos gleich entwickelt: ein Fell schützt gegen Kälte, ein Sonnenschirm gegen Wärme, ein (!) Bein erlaubt ein wenig Fortbewegung und ein Ei erlaubt ein wenig Fortpflanzung. Der Schwanz aller Dinorassen ist noch gleich lang und die gefürchteten Hörner gibt es noch gar nicht. Außerdem erhält jeder Spieler noch drei Karten mit Ereignissen. Diese darf er aber in den ersten beiden Spielrunden nicht benutzen, damit die Dinos sich erst einmal friedfertig und ohne große Überraschungen entwickeln können.
Dann kann es losgehen. Eine Runde besteht aus sechs Phasen, die nacheinander von allen gespielt werden. In der ersten Phase wird die Zugreihenfolge für den Rest der Spielrunde bestimmt. Wer einen längeren Schwanz hat, darf zuerst. Sind die Schwänze der Dinorassen gleich lang, so sind die Dinos erst dran, die auf dem Spielplan stärker vertreten sind. Gibt es dann immer noch keine Entscheidung, so wird gewürfelt.
Danach wird das Wetter bestimmt. Die Temperatur ist entscheidend für das Überleben der Dinos. Es gibt vier Klimazonen. Zu Beginn herrscht Wüstenklima. Das Klima ist zyklisch und führt von der Wüste über Grasland, Hügelland zum Gebirge und anschließend wieder zurück. Das neue Klima wird ausgewürfelt: bei einer "1" verändert es sich antizyklisch, bei einer "2" gar nicht und sonst zyklisch. Danach weiß jeder Spieler, wo die Dinos am besten überleben, nämlich in der Region mit dem aktuellen Wetter, dem milden Klima, aber auch mit ein bisschen Abweichung können die Dinos noch fertig werden, aber das Überleben wird erst später geprüft.
Als drittes kommt die Bewegung und gegebenenfalls auch Kämpfe. Für jedes Bein - in der Regel heißen sie Pfote, aber das sagt kaum einer - darf sich ein Dino um ein Feld bewegen. Nun kann aber auf einem Feld nur ein Dino stehen. Zieht ein Dino in ein besetztes Feld, so kommt es zum Kampf. Der Angreifer, das ist der Dino der bewegt wurde muss würfeln. Und dabei geben Hörner einen Vorteil. Es wird geschaut, wie viele Hörner angreifende und verteidigenden Dinorasse haben und demnach benötigt der Angreifer exakt eine "1" oder kann mit "1" bis "5" gewinnen. Der verlustreiche Dino kommt zurück zum Vorrat, der andere Dino verweilt auf dem eroberten Feld.
Anschließend kommt es zur Vermehrung. Pro Ei darf ein neuer Dino auf den Spielplan gesetzt werden. Das Feld muss sich in der Nachbarschaft eines Dinos der eigenen Rasse befinden, der als Muttertier fungiert.
Schließlich wird das Überleben überprüft. In der Region mit mildem Klima überleben alle Dinos. Ist es etwas wärmer, benötigt man pro Dino einen Sonnenschutz und pro Dino ist kühlen Regionen ein Fell. Alle überzähligen Dinos und Dinos in heißen oder kalten Regionen sterben und werden zum Vorrat zurückgenommen. Noch kurz zu warm und kühl. Dies ist durch den Wetterzyklus vorgegeben und bezieht sich auf die jeweilige Nachbarlandschaft. Herrscht also Graslandklima, so ist Wüste warm, Hügelland kühl und Gebirge ist kalt. Heiße Regionen gibt es nicht. Für jeden überlebenden Dino gibt es dann einen Siegpunkt.
Zum Schluss einer Runde entwickeln sich die Dinos weiter. Dafür wird pro Spieler ein Gen gezogen und offen auf eine Biettafel gelegt. Die auf den Genen befindlichen Fell, Sonnenschutz, Ei, Horn, Schwanz und Bein kennen wir schon. Außerdem gibt es Gene, die einem Spieler eine weitere Karte geben oder die den Preis bei zukünftigen Versteigerungen um 1 senken. Es wird mit Siegpunkten geboten. Der erste Spieler bietet für ein Gen mit einem beliebigen Preis. Die nachfolgenden Spieler folgen. Solange die Spieler auf verschiedene Gene bieten, passiert nichts weiter, wird aber ein Spieler überboten, muss er sofort ein anderes Gebot abgeben. Dabei kann er entweder seinen Preis erhöhen, um sein Wunschgen zu bekommen oder er wechselt das Gen und steigt dort mit einem neuen Gebot ein. Dabei kann es zu Kettenreaktionen kommen, die erst dann beendet ist, wenn alle Spieler wieder auf verschiedene Gene gesetzt haben. Schließlich bezahlen alle Spieler ihr Gen und entwickeln damit ihre Dinorasse weiter.
Direkt vor der Versteigerung wird ein Komet auf einer Laufleiste weitergeschoben. Gegen Ende der Leiste sind dort Würfel abgebildet, die der Bestimmung des Spielendes dienen. Ein Spieler würfelt und wenn das Ergebnis auf der Leiste abgebildet ist, endet das Spiel sofort. So kann ein Spiel mit fünf Spieler zwischen 8 und 11 Runden dauern, denn auf dem letzten Feld schlägt der Komet unwiderruflich und ohne Würfelglück ein. Sieger ist dann der Spieler, der die meisten Siegpunkte hat.
Grundlage von Evo ist die Entwicklung der Dinorassen. Aus einer gleichen Startvorgabe kann jeder Spieler die Entwicklung nach seiner Vorlieben, seinen Taktiken oder nach der aktuellen Spielsituation ausbauen. Hier knüpft Evo an Spiele wie Civilization und Ursuppe an. Zu diesen beiden Spielen besteht nicht nur in der kürzeren Spieldauer ein großer Unterschied, sondern auch in der Vergabe und den Nutzen der Gene. Zunächst sind hier potenziell alle Gene verfügbar und für die Spieler erhältlich, das Glück entscheidet schließlich darüber, was wirklich verfügbar ist. Auch kann jeder Spieler jedes Gen ersteigern; es ist "lediglich" eine Frage des Preises. Bezahlt wird mit Siegpunkten und so bedeutet ein teures Gen einen Rückstand im Spiel. Die Gene sind am Ende des Spiels wertlos, müssen sich somit ausschließlich über die Funktion amortisieren. Mit dem pfiffigen Bietmechanismen wird dies hervorragend unterstützt: wer teuren Genen aus dem Weg geht, also den Kompromiss herbeiführt, erhält sein Gen kostenlos, während andere Spieler bedeutende Mengen von Siegpunkten verlieren. Dies alles ist vor allem gegen Ende des Spiels zu berücksichtigen, wenn der Komet dazu führen kann, dass ein teures Gen vielleicht nur ein einziges Mal zum Einsatz kommt.
Damit sind wir beim Glücksfaktor. Er tritt an vier Stellen auf: bei der Reihenfolge der Spieler in jeder Runde, beim Wetter, beim Kometen und durch die Karten. Bis auf die Karten können all diese Glücksmomente gut abgeschätzt werden. Die Karten sind individuelle Möglichkeiten, die man im Spiel richtig einsetzen muss und die einen Unsicherheitsfaktor ins Spiel bringen. Er ist angenehm, weil er die Hoffnung hinten liegender Spieler erhält und führende zittern lässt.
Angenehm ist weiterhin das Spiel in Phasen. Die Züge der einzelnen Spieler dauern nicht sehr lange und man ist so fast durchgängig am Spielen. Auch beeinflusst jede Entscheidung der anderen Spieler den eigenen Zug, so dass man ganz interessiert die Aktionen der Mitspieler verfolgt. So ist das Spiel sehr kurzweilig und während man bei Spielende glaubt, es sei erst eine Stunde vergangen, sind es meistens anderthalb bis zwei; das untrügliche Zeichen für ein unterhaltsames und fesselndes Spiel.
Zwei Kleinigkeiten müssen leider negativ angemerkt werden. Für die Siegpunkte gibt es eine Zählleiste mit äußerst kleinen Feldern, aber sehr hohen Markierungssteinen. Das ist nicht nur unpraktisch, sondern führt auch leicht zu unabsichtlichen Verschiebungen. Außerdem ist bei einigen Karten ein Moment für das Ausspiel angegeben, der sinnlos ist. So sind die Karten "Neopren", "zusätzlicher Sonnenschutz" und "Nichts anbrennen lassen" nicht am Ende, sondern am Anfang von Phase 5 zu spielen. Beide Negativpunkte sind aber leicht zu beheben und man darf sich von ihnen nicht abschrecken lassen, denn sonst entgeht einem ein sehr gutes Evolutionsspiel.
Die Dinos sind lange ausgestorben, und sie sind mal "in" und mal "out". Auf dem Spielplan leben sie weiter und mit diesem Spiel sind sie absolut "in". Wer es nicht glaubt, bekommt es mit zwei Hörnern zu tun ... (wd)
Steckbrief Evo |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Philippe Keyaerts | Eurogames | 3 - 5 Spieler | ab 12 Jahre | 60 - 120 Minuten | Cyril Saint Blancat, Guillaume Rohmer |