Bei manchen Spielen stellt sich schon kurz nach der Regelkenntnis die Frage, ob das Spiel überdurchschnittlich sein kann. So erging es mir mit Flandern 1302 aufgrund des Spielziels: In sechs Städten bauen die Spieler Stadtviertel, die dann gewertet werden. Das klang nicht gerade originell, gab es in den letzten Jahren viele Mehrheitenspiele bei denen der Sieger über Wertungspunkte bestimmt wurde. Doch schauen wir uns erst einmal das Spiel genauer an.
Auf dem Spielplan befinden sich die sechs Städte mit je 13 Vierteln. Zu Beginn legt jeder sein Stadtzentrum in eine der aufgedruckten Städte. Die beiden anderen Stadtzentren werden einmal von der Schwertmeistergilde und einmal von der Kirche belegt. Jeder Spieler erhält nun 15 Stadtviertel, je fünf in drei möglichen Formen, und einen Kartensatz. Dieser ist für alle Spieler gleich. Er enthält je einmal jede der sechs Städte, eine Baustelle, eine Kartenwiederaufnahme sowie drei Einflusskarten. Dazu gibt es noch die Goldkarten, welche dem Startspieler der Runde eine Sonderaktion verschaffen.
Das Grundprinzip ist sehr einfach: Der Startspieler nimmt sich eine Goldkarte, schaut sie sich an, aber führt die Aktion noch nicht durch. Danach wählen alle Spieler verdeckt eine ihrer Karten sowie, wenn gewünscht, zusätzliche Einflusskarten. Die gewählte Karte bestimmt, was der Spieler tun möchte. Beginnend beim Startspieler führen nun die Spieler ihre Aktionen aus, es sei denn, es wurden Einflusskarten gespielt. Je nach Anzahl der eingesetzten Einflusskarten kommt man früher an die Reihe. Wer also die meisten Einflusskarten gespielt hat, spielt zuerst; bei gleicher Anzahl beginnend vom Startspieler im Uhrzeigersinn. Einflusskarten verbrauchen sich aber direkt, so dass diese Möglichkeit nicht allzu oft gegeben ist. Was die Spieler tun können, bestimmt die gespielte Karte. Eine Stadtkarte erlaubt den Bau eines eigenen Stadtviertels in der gewählten Stadt oder aber auch ein Viertel der Kirche oder der Schwertmeistergilde. Mit einer Baustelle kann man überall bauen wie bei einer Stadtkarte, jedoch zählt der Bau zunächst nicht für die Abrechnung. Erst wenn später ein Spieler den Bau beendet - bei Kirche und Schwertmeistergilde darf das jeder Spieler - indem er die entsprechende Stadtkarte spielt, zählt das Stadtviertel. Egal wie und was gebaut wird, gelten ein paar simple Bauregeln, so dürfen nie Viertel mit dem gleichen Wappen (= Spieler, Kirche und Schwertmeistergilde) nebeneinander liegen. Außerdem muss an mindestens ein ausliegendes Teil angelegt werden. Die gespielten Karten verbleiben auf dem Spieltisch. Erst wenn man die Kartenwiederaufnahme spielt, bekommt man seine gespielten Karten wieder auf die Hand und kann sie erneut nutzen. Nachdem alle Spieler ihren Spielzug ausgeführt haben, wird noch die Startspieleraktion ausgeführt. Oft beinhaltet sie eine Stadt. Dann muss ein Viertel der Kirche oder der Schwertmeistergilde in die betreffende Stadt gelegt werden. Des Weiteren gibt es die Kartenwiederaufnahme als Startspieleraktion. Zusätzlich gibt es noch die Aktionen einen Dom oder einen Zunftmeister zu setzen, die Auswirkungen auf die Wertung haben.
Wird in einer Runde eine Stadt vollständig bebaut - einige Kirchenviertel ändern auch die Anzahl der Viertel in einer Stadt - wird sie gewertet. Dazu wird der Wert der Stadt bestimmt: Jedes Viertel zählt, falls es keine Baustelle ist, einen Punkt. Jede Kirche und jeder Dom erhöht den Wert um Eins. Wer nun die meisten Viertel in der Stadt gelegt hat, bekommt diese Punktzahl; der nächste die halbe Punktzahl. Danach gibt es fest vier, zwei und null Punkte. Bei der Wertung wird die Schwertmeistergilde eigenständig gewertet, nicht jedoch die Kirche. Bei Gleichstand zählen die Zunftmeister. Das Stadtzentrum hat zwei Zunftmeister, die großen Viertel daneben noch einen. Außerdem gibt es Zunftmeister als Startspieleraktion. Eine klare Rangfolge ist wichtig, denn bei Gleichstand gibt es für alle Beteiligten die niedrigere Punktzahl. Nach der sechsten Wertung gibt es noch zusätzliche Punkte für die Spieler, die die meisten Einflusskarten auf der Hand haben. Wer dann am meisten Punkte hat, ist Sieger.
Flandern 1302 ist ein Einschätz- und Mehrheitenspiel. Da die Spiele meist sehr knapp ausgehen, gilt es, mit möglichst wenig Aufwand Städte für sich zu entscheiden. Dazu muss man in einigen Städten stark vertreten sein. Da aber für das wiederholte Bauen in einer Stadt die Kartenwiederaufnahme gespielt werden muss, bedeutet dies auch ein zwischenzeitliches Aussetzen.
Vom Ablauf her spielt sich Flandern 1302 sehr zügig. Die einzelnen Züge sind schnell ausgeführt, die Überlegungen werden bei der Kartenwahl parallel ausgeführt. Durch die Startspieleraktionen ist das ganze Spiel aber nicht berechenbar und die Spieler werden durch Zufall in unterschiedliche, aber meist gleichwertige Spielpositionen gezwungen. Material und Aufmachung sind in der gewohnt guten Queen-Qualität, mit einer Ausnahme: Der Mittelbalken mit der Zählleiste und den Ablagefeldern wirkt extrem nüchtern, vor allem im Vergleich den schön illustrierten Stadtvierteln. Zuletzt ein Wort zur Spielerzahl. Das Spiel funktioniert am besten zu dritt und viert. Bei drei Spielern werden die eigenen Viertel teilweise sehr knapp, so dass man die Möglichkeiten von Kirche und Schwertmeistergilde frühzeitig erkennen und nutzen muss. Wenig überzeugen konnte uns hingegen die Zwei-Personen-Variante mit einer Haupt- und Nebenfarbe, weil es unhandlich war und die Nebenfarbe nur schwer beeinflussbar war.
Alles in allem ist Flandern 1302 ein flottes Mehrheitenspiel mit mittlerem strategischem Anspruch. Es kann nicht an Spiele wie El Grande oder San Marco heranreichen, sticht diese aber aus, wenn man kürzere Spiele bevorzugt. Im Sektor der Mehrheitenspiele ist Flandern 1302 kein "Muss", aber definitiv ein "Kann". (wd)
Steckbrief Flandern 1302 |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Wolfgang Panning | Queen Games | 2 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | ca. 60 Minuten | Hans-Jörg Brehm |