Old Town

Wer kennt sie nicht, die Goldgräberstädte in denen so mancher Western und so manches Spiel stattgefunden hat? Nun, Old Town war eine dieser Städte. Das Gold lockte Abenteurer und Banditen an, gottesfürchtige Menschen ebenso wie Familien, deren Kinder einfach in Ruhe zur Schule gehen wollten. Doch die guten alten Goldgräberzeiten sind längst vorbei. Es gibt kein Gold mehr und ohne Gold keine Abenteurer und keine Arbeit. So haben die Bewohner Old Town längst verlassen. Es ist nun eine Geisterstadt.
Das einzige, was wir über Old Town wissen, sind die Straßen mit ihren Namen und die Lage der Gebäude. Doch wo wohnte der Doc, der Richter, der Sheriff und wo hielt die Postkutsche? Niemand weiß es. Doch es ist unsere Aufgabe, dies zu recherchieren und je mehr wir zur Rekonstruktion von Old Town beitragen, desto mehr Punkte bekommen wir.

Der Spielplan zeigt eine Karte von Old. Er zeigt die Straßenzüge, die Bahnlinie, den Friedhof und die 16 Plätze, an denen früher einmal Gebäude gestanden haben. Für diese 16 Plätze gibt es 18 Gebäude, die typisch für die Westernzeit waren, sowie zu jedem Gebäude fünf Marken, mit denen potentielle Standorte markiert werden. Die Informationen über Old Town befinden sich befinden sich auf Karten, von denen es drei Typen gibt.

  • Richter Die einfachste Kartenart gibt für ein Gebäude vier Standorte an. Von diesen Karten erhält jeder Spieler zu Beginn des Spiels 2 Karten, ein Beispiel ist die rechts gezeigte Karte für den Richter.
  • die zweite Art, von der die Spieler ebenfalls zu Beginn zwei Karten besitzen, stellt zwei Gebäude in Beziehung zu einander. Dabei ist ein Gebäude fest vorgegeben, während das andere einfach nur "mein Gebäude" heißt. Jeder Spieler besitzt während des Spiels fast immer zwei Gebäude, gegen Ende des Spiels manchmal nur eines. Den Begriff "mein Gebäude" ersetzt er beim Ausspielen der Karten durch eines seiner Gebäude. Besitzt ein Spieler z. B. das Casino und den Saloon und die Karte besagt "Der Sheriff wohnte direkt neben meinem Gebäude", so besagt dies jetzt, dass der Sheriff, nach Wahl des Spielers, entweder neben dem Casino oder dem Saloon wohnte.
  • die dritte Art bezieht sich wieder auf mein Gebäude und gibt meist acht Plätze für ein Gebäude vor, z. B. "mein Gebäude lag am östlichen oder westlichen Stadtrand". Diese Karten ziehen die Spieler im Laufe der Zeit nach.

Kommt ein Spieler an die Reihe, spielt er meistens eine Karte und führt die Anweisung aus. Platziert er dabei ein neues Gebäude, darf es maximal vier Plätze geben, an denen es sich befunden haben kann. Diese werden markiert. Dabei bleiben Marken übrig, die jeweils einen Siegpunkt wert sind. Es ist aber auch möglich, durch Karten bereits auf dem Spielplan liegende Marken zu entfernen. Auch hier gibt es für jede entfernte Marke einen Punkt. Liegt von einem Gebäude nur noch eine Marke auf dem Spielplan, so wird das Gebäude dort platziert. Dies bringt dem Besitzer, vorausgesetzt es gibt einen solchen, drei Punkte und er darf sich vor seinem Zug ein neues Gebäude nehmen. Manchmal besitzt man Karten, die entweder immer wahr sind (also keine neuen Informationen bringen) oder aber immer falsch sind (also Fehlinformationen sind). Besitzt man zwei solcher Karten, kann man sie ablegen und dafür eine beliebige Marke entfernen. Wann immer sich etwas auf dem Spielplan verändert, kann es Kettenreaktionen geben. Eine entfernte Marke mag dazu führen, dass ein Gebäude platziert wird. Dieses kann weitere Marken verdrängen und so wieder zu neuen Gebäudeplatzierungen führen. Solche Kettenreaktionen können sehr viele Punkte bringen (unser Rekord liegt derzeit bei 21).
Als letzte Möglichkeit kann der Spieler statt eine Karte zu spielen oder abzulegen auch einfach eine Informationskarte nachziehen. Da man immer am Ende seines Spielzugs eine neue Karte erhält, kann man über diesen Weg seine Kartenhand vergrößern. Das Spiel besitzt noch ein paar einfache Regeln für Spezialsituation, die absichern, dass Old Town immer rekonstruiert werden kann. Das Spiel endet, sobald sich 16 Gebäude auf dem Spielplan befinden. Wer dann am meisten Punkte hat, ist Sieger.

Spielplan Old Town ist ein ungewöhnliches Spiel. Obwohl die Zielsetzung die Rekonstruktion der Stadt ist, ist es kein Deduktionsspiel. Vielmehr geht es darum, seine Karten punkteträchtig einzusetzen. Bei wenigen Spielern lassen sich Kombinationen gut vorbereiten, bei voller Besetzung versucht man, aus der aktuellen Situation das Beste zu machen. Die Punktevergabe ist gut gestaltet, weil am Ende wesentlich mehr Punkte gibt. Dies liegt daran, dass dann etliche Felder des Spielplans bereits mit Gebäuden gefüllt sind. Durch gute Kartenkombinationen lassen sich aber auch früh schon viele Punkte erzielen. Dann ist es schwer, den Rückstand aufzuholen. Dem Spiel selbst tut dies aber keinen Abbruch, weil die Überlegungen und die Deduktionsarbeit im Vordergrund stehen und der Sieg dahinter zurückfällt. Old Town wurde vom Autor selbst verlegt. Die Aufmachung ist schlicht, das Material ist praktisch. Die braune Kartonage, früher bei selbst verlegten Spielen üblich, wirkt hier nicht einfach, sondern stilvoll. Zu kritisieren ist die Regel, die den Einstieg nicht gerade einfach macht. So befindet sich die Aussage, dass ein platziertes Gebäude seinem Besitzer drei Punkte bringt nur im Beispiel. Der Zugang zu dem Spiel wird so leider erschwert. Die Art des Denkens, die bei Old Town benötigt wird, ist von den Logical Rätseln bekannt ("der Mann mit dem Ferrari parkt vor dem Haus mit den weißen Fenstern"). Wer solche Rätsel mag, wird große Freude an Old Town haben, dem sogar acht solcher Solitäraufgaben beiliegen. Andere Spieler sollten sich zumindest in der Denkweise der Logik auskennen, um den Einstieg zu meistern. Wer sich mit der Logik schwer tut, wird sich auch mit Old Town schwer tun. So gibt es hier ein Spiel, das bei den logisch denkenden Spielern sehr gut ankommt und dass man für diese Zielgruppe wärmstens empfehlen kann. (wd)

Premio Archimede
Old Town belegte 2002 beim premio Archimede, einem italienischen Spielewettbewerb, den zweiten Platz.
Steckbrief
Old Town
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Stephan Riedel Clicker 1 - 4 Spieler ab 10 Jahre keine Angabe Stephan Riedel