Wenn man ein Spiel rezensiert, so endet eine solche Besprechung meistens mit einer Bewertung, einem Resümee oder einem Fazit. Bei Raja möchte ich genau dies vorwegnehmen: Es ist ein sehr gutes Strategiespiel, dass je nach Anzahl der Spieler ein bis zwei Stunden Spielspaß beschert.
Woher dieses Urteil kommt, werde ich während meiner Beschreibung des Spiels darlegen. Raja spielt in Indien. Dementsprechend zeigt der Spielplan sieben indische Städte sowie eine Vielzahl von Dörfern. Die geographische Lage wurde dabei dem Spielprinzip und der Übersichtlichkeit untergeordnet. Die Städte sind durch ein Wegenetz verbunden. Ein Weg führt von einer Stadt über meist zwei, seltener ein Dorf in die nächste Stadt. Auf diesen Wegen reisen die Architekten (Spielfiguren) der Spieler. Damit ein Architekt einen Weg nutzen kann, muss ein Dorf bebaut sein. Bei einem eigenen Haus kostet das Reisen nichts, bei fremden Häuser sind die Besitzer mit einem Wegezoll zu entlohnen.
Doch bevor es auf die Reise gehen kann, stellen wir die Ausgangssituation her: Die Wertungsleiste wird gefüllt und damit steht fest, welche Stadt in der ersten Runde gewertet wird. Jeder Spieler wählt einen Begleiter mit einer Sondereigenschaft, erhält 10 Häuser aus dem Vorrat und reihum setzen die Spieler vier Häuser in Dörfer, wobei ein Dorf mit maximal zwei Häusern bebaut werden darf. Dazu gibt es noch 15 Goldmünzen Startkapital.
Nun können die maximal 10 Spielrunden beginnen. Ziel ist es, möglichst viele Paläste zu bauen. Das Spiel endet vorzeitig, wenn es ein Spieler schafft, seinen siebten Palast zu errichten. Der Spielablauf unterteilt sich in vier einfache Schritte: Stadt für die Wertung bestimmen - Aktionen wählen - Aktionen ausführen - Wertung durchführen.
Die Stadt, in der eine Wertung stattfindet, bestimmt sich aus der Reihenfolge von Plättchen. Die Stadt, deren Begleiter am weitesten unten liegt, wird gewertet und der Begleiter wandert an das obere Ende der Leiste. Diese Wertungsleiste dient einerseits als Rundenzähler und ermöglicht andererseits ihre Manipulation. Die Spieler können eine Stadt "nach unten" ziehen, so dass sie früher gewertet wird als durch die aktuelle Reihenfolge. Hier schon weist Raja den ersten Pluspunkt auf, denn ich weiß genau, wo die nächste Wertung stattfindet, kann aber zukünftige Wertungen beeinflussen.
Bevor ich nun beschreibe, welche Aktionen man ausführen, erkläre ich die Wertung. Nachdem jeder Spieler seine zwei Aktionen ausgeführt hat, wird geschaut, wie der Spieler in der zu wertenden Stadt vertreten ist. Dabei zählen Paläste je nach Bauplatz und Begleiter ein bis drei Punkte, sowie jedes Haus und die Anwesenheit des Architekten je einen Punkt. Bei jeder Wertung gibt es Geld; der Betrag ist abhängig von der Spielerzahl. Dies ist die größte Einnahmequelle der Spieler. Die Wertungen sind in ihrer Relation perfekt aufeinander abgestimmt. Der zentrale Palast ist mit drei Punkten sehr wertvoll, muss aber rechtzeitig errichtet werden und Paläste sind teuer. Häuser sind preiswert und zahlreich. Da man mit ihnen für wenig Geld viele Wertungspunkte erhält, können darüber Spieler mit wenig Kapital Wertungen gewinnen. Teure Paläste hingegen bringen einem dem Spielziel näher, bringen aber bzgl. der Wertung mit Ausnahme des Zentralpalastes keinen Vorteil bei der Wertung.
Damit nun Paläste und Häuser in den Städten gebaut werden können, darf jeder Spieler zwei Aktionen ausführen. Dafür stehen neun verschiedene zur Verfügung. Jeder Spieler stelle die beiden Aktionen - es darf auch die gleiche Aktion doppelt sein - verdeckt auf einer Drehscheibe ein. Vier der Aktionen widmen sich dem Bau: Palast mit und ohne Haus sowie ein oder zwei Häuser. Andere Aktionen erlauben das Versetzen von Häusern, bringen Häuser aus dem allgemeinen Vorrat zum Spieler oder geben zwei Goldmünzen. Die letzten beiden Aktionen erlauben zum einen die Veränderung der Wertungsleiste und zum anderen den Tausch des Begleiters. Nachdem jeder Spieler seine beiden Aktionen gewählt hat, beginnen die Spieler damit, ihre Aktionen auszuführen. Dies geht immer danach, wer den Begleiter mit der niedrigsten Nummer besitzt und noch nicht an der Reihe war. Hier nun offenbart Raja seine ganz große Stärke: Die Spieler planen ihre Spielzüge parallel. Damit gibt es keine langen Wartezeiten wie bei Spielen, bei denen die Spieler ihre Züge nacheinander ausführen. Die Reihenfolge hat ebensolche Stärken. Der erste Spieler kennt die genaue Situation. Er kann damit genau planen und die beiden Aktionen danach auswählen. Spätere Spieler müssen immer mehr einschätzen, wie die Situation sein wird. Dafür kennen sie schon die Aktionen von Mitspielern und somit auch die Wertungspunkte, die diese Spieler erreicht haben. Wer flexible Aktionen wählt, kann schnell reagieren: Statt viel Aufwand in die aktuelle Wertung zu stecken ist es oft günstiger, schon Vorbereitungen für die nächste Wertung zu treffen.
Ein kurzes Wort muss ich auch zu den Begleitern sagen. Sie bestimmen die Spielreihenfolge und sind bei gleicher Wertungspunktzahl der Tie-Breaker. Niedrige Nummern sind hier von Vorteil. Dem entgegen sind die Möglichkeiten, die die Begleiter den Spielern verschaffen. Je höher die Nummer, desto mächtiger die Eigenschaft.
Auch das Spielende ist pfiffig. Durch das Doppelkriterium - siebter Palast wird errichtet oder 10 Runden sind gespielt - werden die Spieler einerseits angehalten, immer wieder teure Paläste zu errichten, andererseits werden aber überlange Spiele vermieden. Bei unseren Spielern endete das Spiel meistens in Durchgang 8 oder 9.
Was ich hier beschrieben habe, ist das Grundspiel. Dieses bietet vielfältige Möglichkeiten, unterschiedliche Strategien und ausreichend Interaktion. Sind die Spieler erst einmal mit dem Spiel vertraut, können die Spieler weitere Regeln hinzunehmen. Dies sind ein neuer, sehr mächtiger Begleiter, natürlich mit einer sehr hohen Nummer (mein Urteil: sehr empfehlenswert) und Blockade von Palastbauplätze durch nicht im Spiel befindliche Farben (kann von Anfang an genutzt werden). Außerdem kann man die Begleiter zu Beginn zu versteigern (wurde bei uns nicht getan) sowie bei der Wertung einen Punkt für die Heimatstadt eines Begleiters geben (eröffnet neue taktische Möglichkeiten). Zuletzt gibt es Zusatzregeln, bei denen die Spieler mehrere Begleiter haben können (komplex mit noch mehr Möglichkeiten). All diese Ausbauregeln sind so gestaltet, dass sie beliebig kombinierbar sind. So kann jede Spielergruppe die Regeln nutzen, die sie für am besten hält. Andere Verlage hätten daraus schon einen Ergänzungsset erstellt.
Phalanx legt mit Raja ein sehr gutes Strategiespiel vor, dessen Komponenten hervorragend aufeinander abgestimmt sind. Dies gilt ganz besonders für die Begleiter mit ihren Zahlen und Sonderfunktionen. Die Zusatzregeln erweitern das Spiel für Kenner und das ohnehin interessante Spiel bekommt Facetten, die einen noch höhere Wiederspielreiz sicherstellen. Dabei sind die Regeln, vor allem die Regeln für die einzelnen Aktionen, recht einfach, lassen aber eine große Vielfalt an Möglichkeiten zu. Wer strategische Spiele liebt, wird mit Raja ca. anderthalb bis zwei Stunden sehr gut unterhalten. Es bleibt zu hoffen, dass genügend Spieler auf dieses Spiel von Phalanx aufmerksam werden. Der Vertrieb über Amigo ist sicher ein wichtiger Schritt dazu. (wd)
Inlett Einige Spieler kritisierten das Innenteil, das offensichtlich nicht für Raja entwickelt wurde. Es ist ein leichtes, dort alle Teile sicher unterzubringen. Das Bild rechts belegt es (unter den Drehscheiben sind die Häuser; die beiden Fächer unter der Kurzspielregel sind sogar noch leer). |
Steckbrief Raja |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Wolfgang Kramer, Michael Kiesling | Phalanx | 2 - 5 Spieler | ab 12 Jahre | ca. 90 Minuten | Franz Vohwinkel |