Wir befinden uns in einer Wüste. Hier soll einmal Gemüse angepflanzt werden. Doch bisher gibt es nur ödes Land. Nur? Nicht ganz eine kleine Quelle gibt es hier und aus ihr könnte man das Gebiet bewässern und damit fruchtbar machen.
So oder ähnlich könnte die Vorgeschichte zu Santiago lautet. Jeder Spieler verkörpert einen der Bauern, die hier durch Bewässerung und Bepflanzung Geld verdienen wollen. Das Startkapital beträgt 10 chilenische Peso. Außerdem wird irgendein Spieler zum Kanalaufseher ernannt. Die Wüste ist auf einem Spielplan abgebildet und umfasst 6 mal 8 Felder, die wiederum in Quadrate zu vier Feldern unterteilt sind. Zwischen diesen Quadraten werden die Kanäle verlaufen, doch zunächst wird nur der Startpunkt der Quelle festgelegt.
Nun werden, je nach Spielerzahl 4 oder 5 Plantagen aufgedeckt. Auf ihnen ist eine von fünf Sorten Gemüse abgebildet und davon wiederum eine oder zwei Pflanzen. Beginnend mit dem Spieler links vom Kanalaufseher geben die Spieler ein Gebot in Form von Geld ab. Geboten wird um das Recht, sich eine der Plantagen aussuchen zu dürfen. Dabei dürfen keine gleichen Gebote abgegeben werden, ausgenommen mehrere Spieler möchten passen. Anschließend wählen die Spieler ihre Plantage, legen sie auf den Spielplan und markieren jede Pflanze mit einem ihrer Marker. Spieler, die gepasst haben, dürfen eine Pflanze nicht markieren, wodurch auch Plättchen unmarkiert auf den Spielplan kommen können. Ansonsten wechselt dabei noch der Kanalaufseher zu dem Spieler mit dem geringsten Gebot oder zu dem Spieler der als erstes passte. Danach wird ein Bewässerungskanal gebaut. Jeder Spieler kann hierzu einen Vorschlag unterbreiten, wo er gebaut werden soll. Damit sein Vorschlag angenommen wird, legt er eine beliebige Menge Geld dazu. Spieler können sich auch zusammen tun, und so einen Vorschlag mit besonders viel Geld anbieten. Dann hat der Kanalaufseher die Wahl, welchen Kanal er bauen möchte. Er wählt dazu einen Vorschlag aus, nimmt das Geld, was dabei liegt und errichtet den Kanal. Gefällt ihm kein Vorschlag, so kann er einen Peso mehr zahlen als der teuerste Vorschlag wert war und den Kanal an beliebiger Stelle errichten. Damit man nun dem Kanalaufseher nicht total ausgeliefert ist, besitzt jeder Spieler einen Privatkanal, den er errichten kann. Diese Möglichkeit hat der Spieler aber nur einmal in Spiel. Anschließend vertrocknen nicht bewässerte Plantagen: Befindet sich noch mindestens ein Marker darauf, wird er entfernt. Leere Plantagen werden umgedreht und werden so wieder zu Wüste. In der letzten Runde ist dies noch härter: alle nicht bewässerten Plantange werden direkt zu Wüste. Nachdem alle Plantagen verbaut wurden endet das Spiel. Jeder Spieler erhält für jeden seiner Marker so viel Geld, wie das Anbaugebiet groß ist; hängen also vier Paprikaplantagen zusammen, ist jeder Marker dort vier Peso wert. Wer dann die meisten Peso besitzt, ist Sieger.
Santiago ist in seinem Kern ein Versteigerungsspiel. In der ersten Phase jeder Runde wird das Auswahlrecht versteigert, in der zweiten wird indirekt über den Kanalaufseher für den zu bauenden Kanal geboten. Der Mechanismus funktioniert tadellos: wer viel Geld bietet bekommt bessere Plättchen, wer wenig bietet wird Kanalaufseher und bekommt Geld. Wechselt der Kanalaufseher regelmäßig - und meistens tut er es - so befindet sich jeder Spieler mal auf vorteilige oder nachteilige Positionen in der Bietreihenfolge. Dazu kommen sowohl ein moderater Glückfaktor durch die Plantagen als auch ein moderater Ärgerfaktor über den Kanalbau. Trotz dieses tadellos funktionierenden Mechanismus aber leidet Santiago unter Abstraktheit und Nüchternheit. Einen großen Teil trägt die wenig berauschende Grafik dazu bei: Der Plan mit seinen Quadraten braun in braun, die Plättchen lieblos einfarbig mit einer Frucht führten aufgrund der im Spiel vorkommenden Frucht zum Spitznamen "Bananegrafik". Die Spielsteine sind angenehm aus Holz und bis auf die Unterscheidung von Weiß und Natur praktisch, können dabei jedoch keine Gegenakzente setzen. Dies alles gibt dem Spielmechanismus nicht die benötigte optische Unterstützung. Dem passt sich auch die Berechnung für die Auszahlung am Ende des Spiels an: mechanisch sehr gut ist es doch keine eingängige Auswertung.
Eine andere Sache ist das Thema: den Mechanismus, Wüsten zu bewässern und dort anzupflanzen, finden wir in Israel. Aber angesichts der politischen Situation mochte man das Spiel dort wohl nicht ansiedeln.
Was bleibt ist ein gut funktionierendes Spiel, welches man aber aufgrund der Grafik und der Abstraktheit des Mechanismusses nur Freunden von Versteigerungsspielen empfehlen kann. Andere Spieler waren gegenüber Santiago eher zurückhaltend. (wd)
Steckbrief Santiago |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Claudia Hely, Roman Pelek | Amigo | 3 - 5 Spieler | ab 10 Jahre | ca. 60 Minuten | Oliver Freudenreich |