Auf dem Schachtelrücken des vor mir liegenden Spiels steht in altbewährter alea-Tradition eine Zahl, in diesem Fall eine 1. Ganz profan deswegen, weil alea zwischen die große und kleine Reihe eine neue, mittelgroße eingeschoben hat. Aber durchaus auch symbolisch, weil die Eins die Schulnote ist, die ich, aber nicht nur ich, dem Spiel geben würde und weil ich Louis XIV bei der Wahl zum Deutschen Spielpreis ganz vorne sehe. Als Indiz dafür mag auch gelten, dass das Spiel beim alljährlichen Spieletreff in Oberhof mit weitem Abstand auf den ersten Platz gewählt wurde. Schauen wir uns diese Perle, Autor ist übrigens Rüdiger Dorn, also mal etwas näher an.
Als Günstling des Sonnenkönigs, so wurde Ludwig XIV genannt, gilt es, sich bei den Ränkespielen am Hofe am besten aus der Affäre zu ziehen. Dazu beeinflusst man die nächsten Angehörigen, verführt seine Mätressen, besticht Minister, kauft Generäle, mit dem Ziel, am Ende die meisten Siegpunkte zu haben. Zwölf Karten mit Porträts von Personen aus dem näheren Umfeld des Sonnenkönigs werden in einer spiralförmigen, Schachbrett artigen Form ausgelegt. Neben dem Porträt ist auch noch abgebildet, welche Vergünstigung diese Person gewährt und wie (darauf gehe ich später ein). Vergünstigungen können sein: Gegenstände, Geld, Wappen, Intrigenkarten, Einflusskarten und Einflusssteine. Damit habe ich schon fast alle Komponenten des Spielmaterials aufgezählt, fehlen nur noch die Figur des Königs selbst und die Nachschubkarten.
Gespielt wird über vier Runden mit jeweils vier Phasen.
In der ersten Phase, der Nachschubphase, gibt es entsprechend der obersten, aufgedeckten Nachschubkarte frisches Geld sowie fünf Einflusskarten und der König wird auf eine der Personenkarten 1-4 platziert. Vier Runden, vier Personenkarten, da weiß man ja was in der letzten Runde passiert. Ja, denkste, denn es gibt acht Nachschubkarten, jede Person also zweimal.
Mit den Einflusskarten übt man dann in der zweiten Phase Einfluss auf die Personen aus, der in der dritten Phase ausgewertet wird. Zum Verständnis ist es besser, beide Phasen zusammen zu beschreiben.
Zeigt eine Einflusskarte eine Person, darf man zunächst drei Einflusssteine auf diese Person setzen. Wenn man möchte, meistens will man, darf man zwei dieser Steine über eine der Ecken der Personenkarte zu einer benachbarten Person bewegen. Davon könnte noch eine ebenso weiterbewegt werden. Dieses Bewegen bedeutet also, dass man auch an Personen herankommt, für die man keine Einflusskarte besitzt. Bei einer Jokerkarte hat man den Vorteil der freien Personenwahl, aber den Nachteil nur zwei Steine platzieren zu dürfen. Einflusssteine nimmt man aus seinem eigenen Vorrat. Leider ist der irgendwann erschöpft, dann müssen die Einflusskarten dazu benutzt werden, Nachschub aus dem allgemeinen Vorrat herbeizuschaffen. (wieder drei/zwei Steine). Schade nur, dass dann keine platziert werden können. Man kann also seinen Einfluss konzentrieren oder auch streuen. Das hängt natürlich davon ab, welche Vergünstigung man bekommen will, aber auch, wie man sie bekommt. Einfach ist es, wenn man nur eine minimale Anzahl von Steinen gesetzt haben muss. Klar ist bei den anderen: Wer am meisten eingesetzt hat, bekommt die Vergünstigung umsonst. Gewährt die Person nur dem (eindeutig) ersten Platz etwas, war es das schon. Will sie aber Geld sehen, können alle, die mindestens einen Stein gesetzt haben, die Vergünstigung noch kaufen. Manchmal reicht also ein Stein und ein bisschen Geld für eine Vergünstigung. Teuer ja, aber die Steine kommen in den eigenen Vorrat zurück, die des Ersten aber gehen in den allgemeinen Vorrat. Der hat zwar jetzt die Vergünstigung umsonst bekommen, aber nächste Runde weniger Steine.
Nun könnte man vermuten, dass das Einfluss nehmen über die Runden ziemlich vorbestimmt ist. Aber wieder falsch vermutet. Gab es nämlich einen eindeutig Ersten wird die Karte umgedreht. Und dann wandelt sich die Auswertungsart, vom nur ersten Platz auf Geld, oder von Geld auf minimale Anzahl Stein. Keine Runde gleicht der vorhergehenden, immer muss man sich auf neue Situationen einstellen. Und dann ist da noch der König. Wer bei der Person, wo sich der König aufhält, den größten Einfluss ausübt, bekommt nicht nur den Gegenstand, sondern gleich noch eine Krone mit dazu, die als Joker eingesetzt werden kann.
Damit sind wir auch schon nahtlos in Phase vier, der so genannten Missionsphase. Mit den erworbenen Gegenständen, und nur mit diesen, können Missionskarten, zwei hat man davon immer auf der Hand, mit zwei bestimmten Gegenständen bezahlt und dann abgelegt werden. Abgelegte Missionskarten bieten immer Vorteile wie zusätzliche Taler in der Nachschubphase, a priori Einfluss auf bestimmte Personen, das Recht Einflusskarten zu tauschen, ein Patt aufzuheben, mehr Missionskarten besitzen zu dürfen usw. usw. Zudem ist jede abgelegte Missionskarte fünf Siegpunkte wert, jeder Gegenstand also sozusagen 2,5 Punkte.
Alle anderen Vergünstigungen, Einflusskarten, Intrigenkarten werden am Ende, sofern sie nicht vorher eingesetzt wurden, in verdeckt gezogene Wappen umgetauscht, die nur einen Siegpunkt wert sind. Also sollte man hauptsächlich sein Auge auf die Gegenstände werfen, der Rest ist doch nur 'wertlos'. Wieder weit gefehlt. Eine zusätzliche Einflusskarte bedeutet z.B., dass man in der nächsten Runde noch einmal nach allen anderen dran kommt. Und da kann man dann ohne Gegenwehr Mehrheiten verändern und so doch noch gewaltigen Wert schöpfen. Ähnlich die Intrigenkarte, mit der man zum Zeitpunkt der Auswertung noch Steine platzieren darf. Und die Wappen sind auch nicht ohne. Die Mehrheit in einer der sechs Sorten bringt am Ende ein weiteres Wappen, damit einen weiteren Siegpunkt. Henri de Turenne, Person 10, bringt 'nur' zwei Wappen also zwei Siegpunkte. Aber wenn dadurch die Mehrheit in einer Sorte erzielt wird, sind es schon drei mehr als die 2,5 für einen Gegenstand. Oder Person 6, die erlaubt, einen zusätzlichen Stein aus dem allgemeinen Vorrat zu platzieren. Geschieht dies bei den Personen 7 bis 10, werden diese Runde eventuell noch Mehrheiten verändert.
Gerade diese Rechenbeispiele zeigen den Reiz bei Louis XIV. Es gibt keine eindeutige Gewinnstrategie. Zwar erscheinen die Gegenstände als erstes Ziel der Begierde, und Missionskarten sind ja auch hilfreich, aber um sie zu bekommen, muss manchmal viel investiert werden, da oft nur an den Einflussstärksten Spieler etwas gegeben wird oder es zu Setzduellen kommt. Und dann sind vielleicht die Steine erst mal im Orkus, dem allgemeinen Vorrat. Ich habe Spiele erlebt, bei denen drei mehr abgelegte Missionskarten nicht zum Sieg geführt haben. Zum Reiz des Spiels trägt auch die bis zum Schluss bestehende Spannung bei. Erst wenn die Wappen gezählt und die Bonuswappen verteilt sind, stehen die Siegpunkte fest. Und sehr oft geht es dann ganz, ganz eng zu.
Soll das Ausüben von Einfluss interessant sein, bedingt dies mindesten drei sich belauernde Mitspieler. Damit Louis XIV auch zu zweit gespielt werden kann, sieht die Regel einen imaginären dritten Spieler vor. Aber dieses Szenario kann ich gar nicht empfehlen. Ganz im Gegensatz zum Spiel zu dritt oder am besten zu viert, wo Louis XIV ein wirklich klasse Spiel ist. Den überragenden Gesamteindruck rundet auch die klar strukturierte, umfassende Regel ab, die zudem auch noch hisorischen Hintergrund zu dem einzelnen Persönlichkeiten liefert. Wie ich schon eingangs sagte, ist Rüdiger Dorn und vor allen alea mit Louis XIV ein großer Wurf gelungen. (mw)
Steckbrief Louis XIV |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Rüdiger Dorn | alea | 2 - 4 Spieler | ab 12 Jahre | 75 - 100 Minuten | Franz Vohwinkel |