Ein Versteigerungsspiel von Reiner Knizia, wer denkt da nicht sofort an Modern Art, ausgezeichnet mit dem Deutschen Spielepreis und auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Nimmt man den Verlag, alea, hinzu, so denkt man an Ra, das den zweiten Platz beim Deutschen Spielepreis belegte. Die Erwartungen waren also hochgesteckt, als ich von Palazzo erfuhr.
Bei Palazzo werden selbige errichtet. Die Höhe, das Baumaterial und die Fenster bestimmen den Wert eines Palazzos. Die Etagen der Palazzi sind vorgefertigt und zeigen eben diese Merkmale. Es gibt fünf Etagen, drei verschiedene Sorten Baumaterial und pro Etage ein bis drei Fenster. Es gibt jede Kombination, wobei es die dritten Etagen doppelt gibt. Wenn man eine Etage ersteigert oder gekauft hat - wie das geht, beschreibe ich später - baut man. Das ist ganz einfach, indem man eine höhere Etage auf eine niedrigere legt. Es dürfen sogar Etagen fehlen, d. h. ich kann Etage 4 auf Etage 2 bauen.
Was bei den Palazzi die Etagen sind beim Geld die Währungen. Es gibt drei Währungen und dort jeweils die Werte von 3 bis 7. Außerdem gibt es Joker, hier Certificati genannt, die den Wert 2 haben. Beim Kauf oder beim Bieten darf man immer nur eine Währung verwenden. Daher sind Joker sehr wertvoll. Hierfür gibt es dann auch noch eine eigene Konstruktion: Drei Karten mit gleichem Wert, aber mit unterschiedlichen Währungen sind ein Joker mit Wert 15, egal was auf den Karten aufgedruckt ist.
Zu Beginn erhält man vier Geldkarten. Um ein Lager liegen vier Steinbrüche: Bis auf einen Steinbruch, auf den der Baumeister steht, ist, alles zunächst leer. Die Etagen werden in drei Stapel sortiert. Je früher ein Stapel verwendet wird, je mehr untere Etagen enthält er. Kommt ein Spieler an die Reihe, muss er eine von drei Aktionen wählen:
Das Spiel endet, sobald die fünf Teile eines Reiterstandbildes aufgedeckt wurden. Sie befinden sich allesamt im dritten Stapel der Etagen. Damit sind wir bei der Wertung: Eine einzelne Etage bringt Minuspunkte (weswegen man durchaus Teile aus dem Spiel nimmt), ein Palast aus zwei Etagen zählt nichts. Ab drei Etagen zählt jedes Fenster einen Punkt. Dazu kommen drei bzw. sechs Punkte, wenn ein Palazzo aus vier oder fünf Etagen besteht und noch einmal drei bzw. sechs Punkte, wenn ein Palazzo nur aus einem Baumaterial gefertigt wurde. Natürlich gewinnt, wer die meisten Punkte hat.
Palazzo ist ein typischer Vertreter aktueller Spiele. Aus einem begrenzten Fundus an Aktionen muss eine gewählt und durchgeführt werden, wobei jede Aktion ihre Vorteile bietet. Die Versteigerung zieht ihren Reiz aus den verschiedenen Währungen, denn hier ist es nicht immer möglich, alles Geld auf der Hand zu bieten. Dabei kann man den Wert bestimmter Teile leicht erkennen, denn die gebauten Palazzi sind für alle Spieler sichtbar. Wird mehr als ein Teil versteigert, so ist immer die Frage, was ich mit den unliebsamen Etagen mache. Nehme ich sie aus dem Spiel, habe ich kein Risiko, aber auch keinen Nutzen; dies ist ärgerlich, weil man ja meist entsprechend mehr bei einer Versteigerung gezahlt hat. Legt man die Etagen einzeln aus, weil man sie später einbauen möchte, nimmt man damit eine Hypothek für die Zukunft aus, weil ich später für den Umbau auf andere Aktivitäten verzichten muss.
Der Kauf ist eine gute Alternative, weil hier die Etagen und der Preis fest abzuschätzen sind. In inflationären Runden, in denen jeder Spieler viel Geld hat, ist der Kauf dann deutlich preiswerter als der Gewinn einer Versteigerung. Wenn allerdings wenig Geld im Spiel ist, sollte man sich den Kauf gut überlegen.
Wie man an diesen Überlegungen erkennt, ist Palazzo ein Spiel, das trotz geringer Aktionsauswahl viele unterschiedliche Abläufe zulässt. Für ein Versteigerungsspiel hat es außerdem die angenehme Eigenschaft, dass auch Neulinge sofort den Wert der Etagen beurteilen können und somit auch Spielern, die das Spiel bereits kennen, Paroli bieten können. Im Spiel macht sich dies auch dadurch bemerkbar, dass der Sieger erst bei Spielende feststeht und nicht schon deutlich vorher.
Für Freunde von Versteigerungsspielen sei angemerkt, dass Palazzo nur bedingt wie ein Versteigerungsspiel wirkt. Daher wird dieser Gruppe Modern Art deutlich besser gefallen. Auch bietet es nicht die Vielseitigkeit eines Ra.
Ich würde es gerne als ein Spiel empfehlen können, das trotz eines Versteigerungsmechanismus einen leichten Einstieg ermöglicht Leider wirkt hier die zu präzise Beschreibung der Bauregeln abschreckend. So funktioniert der leichte Einstieg leider nur bei der Erklärung durch einen anderen Spieler, nicht aber über die Regel. Das ist schade. (wd)
Steckbrief Palazzo |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Reiner Knizia | alea | 2 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | 45 - 60 Minuten | Claus Stephan |