Manchmal ist man knapp davor, ein Spiel zu übersehen. Mir wäre es fast so mit Raubritter gegangen auf der Spiel' 05 so ergangen, weil Queen Games dort mit Timbuktu und Aqua Romana zwei Spiele vorgestellt hat, die von Schachtelformat deutlich größer waren. Raubritter hingegen setzt die im Frühjahr mit fünf Spielen begonnene Reihe in der kleinen Schachtel fort und wie schon sämtliche anderen Spiele sind auch die Raubritter zu zweit spielbar; ein dritter und vierter Spieler können ebenfalls an dem Vergnügen teilhaben.
Die Ausstattung ist ebenso einfach wie zweckmäßig und schön. Jeder Spieler bekommt zu Beginn 30 Holzchips seiner Farbe, die seine 30 Raubritter darstellen. Außerdem erhält er 24 Plättchen. 20 Plättchen werden in vier kleine Haufen vorsortiert. Sie werden dann zu einem Turm aufgebaut, was dazu führt, dass die Plättchen begrenzt zufällig verteilt sind. Von den restlichen vier Plättchen nimmt der Spieler die Burg und ein beliebiges Plättchen auf die Hand, die anderen beiden werden für die Startauslage genutzt.
Was ist die Burg? Nun, jedes Plättchen zeigt eine Landschaft, die bebaut sein kann. Es gibt Ebene, Wald, Gebirge und See. Gebirge und See sind nie bebaut, während sich in den Ebenen und Wäldern Burgen, Dörfer und Städte befinden. Ebenen müssen aber nicht bebaut sein.
Reihum vergrößern die Spieler die Landschaft, denn in jedem Zug muss er ein Plättchen auslegen. Sofern dies Plättchen keine Burg zeigt, nimmt er direkt ein neues Plättchen von seinem Turm auf die Hand. Der Spieler darf dann noch zwei weitere Male ein Plättchen legen (und seine Hand auffüllen), doch im Gegensatz zum ersten Plättchen ist dies freiwillig.
Kommen wir zurück zur Burg. Mit ihr bringen wir unsere Ritter ins Spiel. Sobald eine Burg gelegt wird, ist das Plättchen legen kurzzeitig unterbrochen. Nun darf der Spieler, der die Burg gelegt hat, diese mit bis zu fünf Rittern bestücken. Anschließend fallen diese Ritter über Dörfer, Städte und auch andere Burgen her. Dazu ziehen sie in gerader Linie aus der Burg aus, wobei sie jedoch Wachen zurücklassen. Auf einer Ebene muss mindestens eine Wache zurück bleiben, im Wald zwei und im Gebirge drei. Ein See ist nicht passierbar, weil ein Ritter in seiner Rüstung dafür zu schwer ist. In einer Landschaft, in der ein Ritter stehen bleibt, ist die Bebauung - also Burg, Dorf oder Stadt - eingenommen. Gehörte die Bebauung einem anderen Spieler, so hat er sie nun verloren. Da eine Landschaft aber nicht mehr als vier Ritter aufnehmen kann oder die Wege von den nächsten Auslageplätzen einer Burg zu weit sind, findet schließlich jedes Plättchen seinen Besitzer. Auch lässt sich nicht beliebig anlegen, weil die Landschaft je nach Spielerzahl in der Größe begrenzt ist. Die vorgegebene Größe ist von der Spielerzahl abhängig. Erreicht die Breite oder die Höhe der Landschaft diese Größe, darf diese Dimension nun nicht mehr vergrößert werden.
Das Spiel endet, wenn sämtliche Spieler ihre Plättchen gelegt haben. Da die Anzahl der gelegten Plättchen pro Zug unterschiedlich ist, beenden die Spieler das Spiel für sich auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Danach werden die Punkte gezählt. Eine Burg bringt einen Punkt, ein Dort zwei und eine Stadt drei; die Punkte zählen immer für den Spieler, der das Plättchen als letztes mit einem Ritter eingenommen hat. Wer die meisten Punkte hat, ist Sieger. Bei Gleichstand gewinnt der Spieler, der weniger Ritter eingesetzt hat.
Ich spiele diese Raubritter sehr gern. Das ist etwas überraschend, weil ich im Allgemeinen Spiele, bei denen man anderen etwas wegnimmt, nicht so sehr mag. Hier nun ist Aggressivität Teil des Grundkonzepts, doch es ist liebevoll böse, wenn man anderen seine Ritter schickt. Umgekehrt empfindet man das natürlich nicht so, hat aber genügend Gelegenheit, sich für Übernahmen zu rächen. Dabei helfen die acht Burgen. Mit ihnen könnte man 40 Ritter auf den Spielplan schicken, doch es gibt nur 30. Hier nun ist die erste taktische Komponente des Spiels: Ich muss meine Burgen gezielt unterbesetzen, damit ich am Ende nicht Burgen ohne Ritter spielen muss. Bin ich dabei zu sparsam, habe ich am Ende Ritter ohne Burgen, was ebenso wenig effektiv ist. Damit nun nicht einfach "alles von jedem" erobert werden kann, gibt es die Gebirge und Seen, mit denen man eigene Bestände schützen oder zumindest teuer in der Eroberung machen kann. Es gilt, die Auslage und ihre Grenzen zu nutzen, auch mal Verzicht auf eine Eroberung zu üben und vor allem zur rechten Zeit einen Punkteköder auszulegen. Mit nur zwei Plättchen in der Hand, bietet das Spiel viele Entscheidungsmöglichkeiten und damit viel Einfluss. Weil dazu noch jeder Spieler die gleichen Plättchen besitzt - nur kommen sie leicht unterschiedlich in der Reihenfolge - ist das Spiel einerseits gerecht und enthält andererseits den nötigen Zufall, um Eintönigkeit und eingeschliffene Strategien zu vermeiden. Mit der wachsenden Auslage entsteht ein schönes Gebilde. Dazu trägt vor allem die Grafik bei; mit den schlichten Landschaften und den mittelalterlichen Darstellungen der Gebäude vereinigen sich Ästhetik und Spielbarkeit. Die Chips wirken in der Schachtel und auf dem Spieltisch abstrakt, doch gliedern sie sich mit ihren klaren Farbe und der runden Form in das Bild ein ohne es zu zerstören; im Gegenteil: Sie helfen den Spielern, die Übersicht während des Spiels zu behalten. Ich bin froh, dass ich die Raubritter nicht wegen der geringen Größe der Schachtel übersehen habe. Hier gibt es ein Kleinod mit dem man sich gut 45 Minuten unterhält und das bei jeder Spielerzahl gleich viel Spielspaß bietet. Schade, dass Queen Games und die Brettspielwelt getrennte Wege gehen. Es wäre auch dort sicher ein willkommenes Spiel. (wd)
Regelkorrektur In der Regel befindet sich leider ein Druckfehler: Das Spielfeld bei drei Spielern hat eine Größe von 9 mal 9 Feldern und nicht wie angegeben von 8 mal 8. |
Steckbrief Raubritter |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Rüdiger Dorn | Queen Games | 2 - 4 Spieler | ab 8 Jahre | 30 - 45 Minuten | Michael Menzel |