Spiele im Mittelmeerraum gibt es viele, Handelsspiele auch. Obwohl beide Kriterien auf Oltre Mare zutreffen, ist es anders. Zunächst erschien es bei Mind the Move in einer sehr kleinen Schachtel. Nun hat Amigo eine Version in einer großen Schachtel erstellt und das Spiel mit großem Spielplan und dreidimensionalen Schiffen ausgestattet.
Motor des Spiels sind die Karten, wie die links abgebildete. Sie enthält zahlreiche Informationen:
Zu Beginn des Spiels wird für jeden Spieler eine Karte mit einem Städtenamen per Zufall bestimmt. Diese Karte bildet den Anfang des Frachtstapels. In der auf der Karte genannten Stadt startet das Schiff des Spielers. Sämtliche Städte, in denen kein Schiff startet, erhalten Plättchen mit Sonderfunktionen. Ansonsten beginnen die Spieler das Spiel mit vier Karten auf der Hand sowie 11 Ducati. Ducati ist die Währung bei Oltre Mare, wobei gleichzeitig jeder Ducati bei Spielende einen Siegpunkt wert ist.
Von nun an führen die Spieler im Uhrzeigersinn jeweils ihren Spielzug aus, der aus vier scheinbar einfachen Teilen besteht. Sie sind aber so ineinander verzahnt und haben sogar Auswirkungen auf die nächste Runde, dass jede Aktion gut überlegt sein will.
Im Spiel gibt es eine Zwischen- und eine Endwertung. Beiden gemein ist die Auswertung des Frachtstapels und der Prestigeplättchen. Beim Frachtstapel werden direkt aufeinander liegende gleiche Waren gewertet, so erbringt zum Beispiel ein Edelstein genau einen Ducati, ein zweiter erhöht dies auf fünf Ducati. Weitere Edelsteine bringen keinen höheren Ertrag. Es ist aber möglich, nach einer Unterbrechung durch andere Waren wieder erneut Edelsteine in seinem Frachtstapel zu lagern, wofür es wieder Ducati gibt. Die Prestigeplättchen werden nach Mehrheit bewertet. Wer am meisten besitzt, bekommt sechs Ducati, dann gibt es drei und zuletzt einen Ducati. Sowohl gewertete Waren als auch Prestigeplättchen werden nach der Zwischenwertung abgegeben.
Bei Spielende werden zusätzlich zu diesen beiden noch die Hafenplättchen und der Piratenstapel gewertet. Dabei ist die Wertung für die Hafenplättchen identisch mit der Wertung der Prestigeplättchen und beim Piratenstapel bedeutet jede Karte den Verlust eines Ducatis. Wer dann die meisten Ducati besitzt, ist Sieger.
Seit langem gab es kein Handelsspiel mehr, bei dem direkt miteinander gehandelt wurde und das dabei einfachen Regeln folgt. Diese Durststrecke ist nun mit Oltre Mare überwunden. Die Freude über ein gutes Handelsspiel ist nicht ungetrübt, denn Oltre Mare hat seine Tücken. Eine ungleiche Startposition kann manchem Spieler die so hilfreichen Hafenplättchen vorenthalten und wer nur Karten mit hohem Handkartenlimit und niedriger Anzahl auszuspielender Karten erhält, wird nur wenige Karten in seinen Frachtstapel bekommen. Dabei ist gerade das Element des Handelns sehr schön gelöst. Da auch Ducati gehandelt werden können, ist es einem Spieler prinzipiell immer möglich, einen Deal anzubieten. Die Rahmenbedingungen, hier zu allererst das Handkartenlimit, lassen die Wirklichkeit dann anders aussehen. Auch wird ein Spieler, der die richtigen Karten bereits erhandelt hat oder sie glücklich gekauft hat, kaum zu einem Handel bereit sein. Die Bonuswertung über die Prestigeplättchen fördert zwar den Handel, bietet aber nur selten einen Anreiz, in einen gleichwertigen oder gar negativen Deal einzuwilligen. So kommen während der rund anderthalb Stunden Spielzeit immer mal wieder langatmige Phasen für einen Spieler vor. Dies ist das Dilemma von Handelsspielen, denn wer nicht handeln will oder kann, ist am Spielgeschehen zeitweise nicht beteiligt. Es muss sich im Endergebnis nicht einmal niederschlagen; gerade Oltre Mare kann man auch mit wenig Handel erfolgreich bestreiten.
Was mich da schon mehr verwundert hat, sind die Erträge der Oliven. Während alle anderen Erträge schön systematisch von der Kartenanzahl abhängen, ist die Olive klar benachteiligt gegenüber dem Getreide. Es wirkt auf mich, als wären hier die beiden Ertragsleisten vertauscht. Eine solche Unwucht ist gerade in einem Handelsspiel ungünstig, weil es somit schlechtere Karten gibt und eben nicht nur die "falschen".
Alles in allem ist Oltre Mare ein Spiel, dass ich jederzeit bereit bin mitzuspielen. Ich selbst werde aber das Erscheinen auf dem Spieltisch nicht fördern. Das liegt auch an einem anderen Problem von Oltre Mare: Es ist zeitgleich mit Caylus erschienen, das bei ungefähr gleicher Spieldauer wesentlich mehr Beteiligung am Spielgeschehen bietet. (wd)
Steckbrief Oltre Mare |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Emanuele Ornella | Amigo | 2 - 5 Spieler | ab 12 Jahre | ca. 60 Minuten | Oliver Freudenreich, Michael Schacht |