Zwei Themen sind bei Spielen immer wieder beliebt: Mittelalter und Orient. Nun serviert uns der französische Verlag Ystari mit einem Spiel beides. Das Spiel ist in der persischen Stadt Isfahan lokalisiert und zwar im Jahre1598. Während die Jahreszahl im Spielverlauf in den Hintergrund tritt, kommt das orientalische Szenario optisch stark zur Geltung: Wir sind Händler und stellen Waren in diversen Basaren von Isfahan aus. Diese Waren werden entweder direkt verkauft oder aber über eine Karawane gehandelt. Gleichzeitig können wir mit dem verdienten Gold sowie Kamelen - diese waren im Orient von hohem Wert - spezielle Gebäude errichten, die uns das Handeln erleichtern.
Wer aufgrund des Themas nun ein Handelsspiel erwartet hat, liegt falsch. Vielmehr liegt hier ein schnelles Aufbau- und Bauspiel vor, das eine große Besonderheit aufweist: 12 Würfel sind der Motor des Spiels.
Der Ablauf des Spiels ist denkbar einfach. Es werden drei Wochen gespielt. In diesen 21 Runden führt jeder Spieler einen Spielzug aus und am Ende jeder Woche gibt es eine Wertung der Karawane und der Basare. Dabei gibt es Siegpunkt, die man auch durch Gebäude erhält. Wer am Ende davon am meisten hat, ist Sieger.
Schauen wir uns nun den Start und dann den Ablauf einer Runde an: der Start ist ärmlich, gerade mal zwei Gold besitzt jeder Spieler. Kamele, Gebäude oder gar Siegpunkte sind Fehlanzeige. Weil die Startausstattung so spartanisch ist, schauen wir uns lieber gleich den Rundenablauf an. Ein Spieler ist Startspieler. Dieser wandert jede Runde einen Spieler weiter im Uhrzeigersinn. Dieser Spieler übt eine Sonderfunktion aus: Er würfelt. Das klingt banal, ist aber wichtig, weil damit Einfluss verbunden ist. Der Startspieler bekommt immer die neun weißen Würfel. Die fehlenden drei sind gelb und zwar deshalb, weil man sie mit Gold erkaufen kann - je Würfel ein Goldstück. Dann würfelt der Startspieler die 9 bis 12 Würfel und legt sie auf den Aktionsplan. Das Wie ist fest vorgegeben. Zunächst kommen alle Würfel mit der kleinsten Augenzahl auf das unterste Feld, alle mit der höchsten auf das oberste. Danach werden die vier freien Felder in der Mitte von unten aufgefüllt und zwar immer mit der niedrigsten Zahl, die noch verfügbar ist. Falls bestimmte Augenzahlen fehlen, bleiben Felder frei, beginnend mit dem zweitobersten und dann nach unten. Anschließend führt jeder Spieler seinen Spielzug aus, der aus zwei Teilen besteht. Zunächst muss er eine Aktion vom Aktionsplan ausführen, dann darf er ein Gebäude bauen. Für die Aktion wählt er eine Würfelgruppe - das sind alle Würfel, die die gleiche Zahl zeigen. Er kann er nun eine der folgenden Aktionen ausführen:
Hat er die Aktion ausgeführt, kann er ein Gebäude bauen. Ein Gebäude wird mit Kamelen und Goldstücken bezahlt. Ab dem dritten Gebäude gibt es Siegpunkte. Jedes Gebäude bringt dem Spieler einen Vorteil: So bekommt man z. B. ein Kamel mehr, wenn man die entsprechende Aktion wählt oder man bekommt für seine Basare mehr Siegpunkte.
Nach jeder Woche gibt es eine Wertung. Basare bestehen aus einem bis sechs Gebäuden. Ein Basar bringt dann Punkte, wenn sich in jedem Gebäude eine Ware befindet. Der Wert des Basars hängt davon ab, wie groß die Gruppe von Gebäude ist und in welchem Viertel sie sich befindet. Nach der Wertung werden die Waren aus sämtliche Gebäuden entfernt. Bei der Karawane ist die Wertung ein wenig anders. Schon für das Verladen der Ware kann es Punkte geben. Bei der wöchentlichen Wertung bestimmt die zuletzt gelegte Ware eines jeden Mitspielers einen Multiplikator, der auf jede Ware dieses Spielers angewendet wird. Im Gegensatz zu den Basaren verbleiben die Waren bei der Karawane. Erst wenn alle Kamele beladen sind, werden die Waren entfernt, wozu vorab aber eine zusätzliche Wertung der Karawane stattfindet.
Yspahan - der Regeln sind zunächst viele; so manche Ausnahme fehlt oben. So erfordert es ein wenig Vorbereitung und Regellesen bis zum Beginn des ersten Spiels. Die Mühe lohnt sich, denn danach gibt es ein flottes, spaßiges und unterhaltsames Spiel. Die Würze des Spiels sind zweifelsohne die Würfel, deren Gruppen unberechenbar Kamele bringen oder vorenthalten, die ganze Stadtviertel verwaist erscheinen lassen und die fast immer eine gute Möglichkeit für jeden Spieler bieten. Wer in der Spielreihenfolge vorne sitzt, hat leichter Zugriff auf große Würfelgruppen und kommt auch leichter an Kamele und Gold. Wer hinten sitzt, muss nehmen, was übrig bleibt. Das sind in jedem Fall die Karten. Obwohl sie nur einmal eingesetzt werden können, sind sie sehr mächtig.
So findet jeder seinen Weg in das Spiel. Fast immer sind Gebäude zu errichten, doch welches sollte zuerst gebaut werden? Auch sind Waren in den Basaren unerlässlich, doch wann ist es lukrativ, die Aktion darauf zu verwenden? Karten sind immer eine gute Alternative, doch welche Karte kommt und kann ich sie gebrauchen? Hier ist die Flexibilität der Spieler gefragt, denn wer mit seinen Karten etwas anzufangen weiß, kommt schneller voran. Bleibt noch die Karawane. Sie wird von Neulingen oft ignoriert, mögen sie doch nicht ihre eigenen Waren aus dem Basar in die Karawane geben. So mancher versucht sogar, den Aufseher für destruktive Spielzüge zu nutzen. Nur selten gelingt dies, weil die Vorteile überwiegen, wenn Waren vom Basar auf ein Kamel geladen werden. Damit sind wir bei einem wichtigen Punkt des Spiels: Es ist konstruktiv, bietet aber die Möglichkeit, andere Spieler schon mal zu ärgern, z. B. indem ich eine große Würfelgruppe entferne, nur um eine Karte zu nehmen.
Mit dem schnellen Spielzügen, der Konstruktivität, dem bisschen Ärgern und dem Zufall der Würfel liegt hier ein Spiel vor, das sowohl Vielspieler als auch Familien anspricht. Das Spiel können Kinder ab acht Jahre - wie es auf der Schachtel angegeben ist - trotz der zahlreichen Regeln spielen. Sogar von den meisten Strategiespielern wird Yspahan akzeptiert, weil dem Zufall der Würfel und auch der Karten genügend Freiraum für eigene Entscheidungen gegenüber steht.
Spiele, die einen so großen Kreis von Spielern ansprechen, sind selten. Ystari ist nicht nur dies gelungen, sondern dies auch noch mit einem Spiel, das als Motor viele Würfel benutzt. Zum vierten Mal veröffentlicht Ystari nun ein sehr originelles Spiel - dieses Mal auch für jüngere Spieler. So kann ich Yspahan ohne jede Einschränkung empfehlen und bin schon jetzt auf das nächste Spiel dieses kleine französischen Verlags gespannt (wd).
Steckbrief Yspahan |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Sébastien Pauchon | Ystari | 3 - 4 Spieler | ab 8 Jahre | 45 - 60 Minuten | Arnaud Demaegd |