In der IT-Abteilung meiner Firma, in der auch ich arbeite, heißt es manchmal scherzhaft, dass ohne die eine oder andere Tasse Kaffee wohl wenig zusammen gehen würde. Und tatsächlich, ohne Kaffee wäre in der Arbeitswelt, nicht nur bei uns Einiges anders. Sei es, dass abhanden gekommene Lebensgeister geweckt werden müssen, sei es dass durch einen kleinen Plausch in der Kaffeeküche ein anstehendes Problem zumindest ansatzweise diskutiert und vielleicht gelöst wird.
Kaffee kommt traditionell aus Mittelamerika, wenn auch heute 'exotische' Länder wie Vietnam und Indonesien einen großen Teil des Weltmarkts für sich reklamieren. Der größte Produzent und Exporteur dort ist immer noch Guatemala. Da ist es nicht verwunderlich, ein Spiel, das sich um das Thema Kaffeeanbau rankt, Guatemala Café zu nennen. Autoren sind Markus und Inka Brand, die bisher meist bei Kosmos, zuletzt mit Der goldene Kompass in Erscheinung getreten sind und Sohn bzw. Schwiegertochter unser Handballbundestrainer sind.
Fünf verschiedene Kaffeesorten können in dem dreigeteilten Anbaugebiet geerntet werden. In der Region direkt an der Küste in der Nähe der Häfen ist der Bau einer Plantagenhütte für eine bestimmte Sorte an vorgegebenen Plätzen und das Einsetzen einer zugehörigen Arbeiterin (nur diese Bezeichnung wird in der Regel verwendet) mit Kosten von 6 bzw. 3 Geld dreimal so teuer wie in der rückwärtigen Gebirgsregion (2/1), bei gleicher Qualität der Kaffeebohnen. Kann eine Plantage über die bereits vorgegebenen, aber noch zu bauenden Straßen mit dem Hafen verbunden werden, und liegt dort auch noch ein Schiff der gleichen Farbe zum Abtransport vor Anker, wird für den Kaffee ein doppelter, bei mehr Schiffen sogar ein drei- oder vierfacher Preis, sprich Siegpunkte erzielt. Und eine Straßenverbindung ist aus der Küstenregion natürlich weitaus kürzer.
Wie kommen aber nun die Plantagen, Arbeiterinnen und Schiffe in das Anbaugebiet. Dazu gibt es einen zweiten, identisch großen Spielplan, auf dem in einem 9x9-Raster alle verfügbaren Utensilien gezielt (Vorderseite) oder zufällig (Rückseite), sowie sechs Kaffeesäcke verteilt werden. Pro Kaffeesorte sind drei Hütten, drei Schiffe und neun Arbeiterinnen vorhanden. Außen herum verläuft ein Weg, auf dem sich der so genannte Einkäufer bewegt. Wer an der Reihe ist, kann diesen Einkäufer ein bis drei Schritte weit bewegen (für zwei Geld sogar einen vierten) und dann aus der Reihe oder Spalte, vor der er steht, bis zu drei Utensilien entnehmen oder, wenn vorhanden, den Kaffeesack werten.
Die Utensilien müssen sofort auf den Gebietsplan eingesetzt werden. Und hier ist eine Entscheidung gefragt. Eine Hütte mit zwei Arbeiterinnen an der Küste kosten wie gesagt zwölf Geld, fast schon alles der 15 Geld, die man zu Beginn bekommt. Im Hinterland würden nur Kosten von vier anfallen und es wäre noch genügend Geld für weitere Aktionen zur Verfügung. Die Entscheidung ist also eigentlich keine, zumal unsicher ist, ob jemals ein richtiges Schiff im Hafen liegen und die Straße komplettiert wird. Die frei werdenden Plätze auf dem Einkaufstableau werden mit Straßen aufgefüllt, die im weiteren Verlauf ebenfalls genommen und kostenlos verbaut werden können.
Es ist klar, dass das Geld schnell zu Neige geht, also muss frisches her. Dies geschieht, wenn statt einzukaufen der Kaffeesack gewählt, also eine Kaffeesorte gewertet wird. Dann gibt es auf jeden Fall acht Geld für den die Wertung Auslösenden und die Kaffeesorte bringt Siegpunkte für alle Mitspieler, die eine Hütte in der entsprechenden Farbe besitzen, je einen für jede mit der Hütte verbundene Arbeiterin. Anschließend muss der Auslösende einen seiner Kaffeesäcke auf das freigewordene Feld legen (s.u.). Am Anfang gibt es natürlich nur kleine Sprünge, später, wenn die Plantagen gewachsen sind und vielleicht schon Wege und Schiffe vorhanden sind, werden sie größer. Aber es muss gar nicht zur Wertung kommen, denn alle Mitspieler werden reihum gefragt, ob sie einen Kaffeesack der gleichen Farbe hergeben, um damit die Wertung zu blockieren. Warum sollte ich einem Gegner zehn Siegpunkte zugestehen, wenn ich selbst nicht oder nur gering profitiere?
So schön sich diese Regelpassage auch anhört, aber hier liegt die große Crux bei Guatemala Café. Sieben Kaffeesäcke pro Sorte gibt es, fünf der 35 werden zu Beginn zufällig aussortiert, sechs weitere auf dem Einkaufsplan verteilt, bekommt also noch jeder sechs in einer Viererpartie auf die Hand. Wenn man dabei in einer Sorte etwas stärker vertreten ist und es darin gelingen konnte, eine größere Plantage anzulegen, so haben die anderen immer noch etliche Säcke um Wertungen zu verhindern. Und investiert man in eine Kaffeesorte, die man selbst nicht so oft hat (bei sechs Säcken kein Wunder) lassen einen die anderen verhungern, denn warum sollten sie eine Wertung zulassen, wenn sie überhaupt die Kaffeesäcke auf den Plan bringen?
Beim Einkaufen der Utensilien und deren Platzierung kann man einige taktische Überlegungen anstellen. Insbesondere mit der Wahl der Hüttenbaustelle und der Positionierung der Arbeiterinnen können Konkurrenten ganz schön geärgert werden. Aber die Überlegungen sind Makulatur, wenn es zu Wertungen kommt. Gerade in einer Viererpartie bin ich nie das Gefühl losgeworden gespielt zu werden, einem Zustand, dem ich nun so gar nichts abgewinnen kann. Man hat halt kaum Einfluss darauf, welche Wertungen verhindert werden (können) und welche neuen Kaffeesäcke erscheinen. Aber nicht nur ich habe das so gesehen, Mitspieler waren nur schwer bis gar nicht zu einer weiteren Partie zu bewegen.
Mit Guatemala Café bin ich nie so richtig warm geworden, vielleicht auch deshalb, weil mir die Produktionen des norddeutschen (Klein)Verlags eggertspiele bisher immer ganz gut gefallen haben. Aber es kann wohl nicht immer eitel Sonnenschein herrschen. Bleibt nur zu hoffen, dass auf das Wellental in Essen wieder ein Wellenberg folgt. (mw)
Steckbrief Guatemala Café |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Inka Brand, Markus Brand | eggertspiele | 2 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | 60 - 90 Minuten | Matthias Catrein |