Bei manchen Spielen klingen die Regeln ganz einfach und gleichzeitig erwarte ich eine größere Spieltiefe. Ein solches Spiel war Portobello Market, als es mir auf der Spielwarenmesse erklärt wurde.
Der Spielplan zeigt dann auch dieses Londoner Viertel. Es besteht aus 11 Plätzen, die über 22 Straßen miteinander verbunden sind. Dadurch entstehen 12 Distrikte, die jeweils von drei Straßen eingegrenzt werden. Jeder Spieler erhält zwischen 16 und 30 Marktstände in Abhängigkeit von der Spielerzahl. Drei kleine Marker, die die möglichen Aktionen anzeigen - zu Beginn sind das zwei, drei und vier - runden die Spielerausstattung ab.
Der Spielplan ist zu Beginn fast leer, denn die Kunden befinden sich noch in Warteposition, genauer gesagt ist das ein Stoffbeutel. Lediglich der Bobby kommt vor dem ersten Spielzug auf das Feld. Der linke Nachbar des Startspielers setzt ihn in einen beliebigen Distrikt.
Kommt ein Spieler an die Reihe, entscheidet er sich zunächst dafür, wie viele Aktionen er ausführen möchte. Jeder Anzahl in seiner Anzeige muss einmal verwendet werden, bevor sie ihm alle wieder zur Auswahl stehen. Anschließend führt er die Aktionen aus, wobei es zwei Arten gibt: Kunde auf den Markt schicken oder Marktstand bauen. Um einen Kunden auf den Markt zu schicken, holt man einen Kunden aus dem Beutel. Dort gibt es fünf Gehilfen und fünf Bürger. Die gezogene Figur wird dann auf einen beliebigen freien Platz gestellt. Ein Platz wird nicht durch Gehilfen und Bürger belegt. Dieser letzte Platz ist dem Lord vorbehalten, der besonders gut zahlt.
Möchte man einen Marktstand bauen, so braucht man dazu den Bobby im Distrikt. Dann kann man in den angrenzenden Straßen einen Marktstand stellen, wobei jedes Aufstellen eine Aktion ist. Gibt es in einer Straße noch keinen Marktstand, so baut man ihn am Ende der Straße, direkt neben einen der beiden Plätze auf. Gibt es bereits einen Marktstand in einer Straße, stellt man seinen daneben.
Damit nun in unterschiedlichen Distrikten Marktstände aufgebaut werden können, muss sich der Bobby bewegen. Er zieht dann von seinem aktuellen Distrikt über eine Straße in den neuen Distrikt. Ein Spieler kann den Bobby jederzeit in seinem Zug bewegen. Dies kostet keine Aktion, aber durchaus Siegpunkte. Dies hängt davon ab, wie die Situation der Marktstände auf der Straße, die der Bobby überquert, ist: Hat der Spieler, der den Bobby bewegt, dort die alleinige Mehrheit, kostet es keine Siegpunkte. Ist er an der Mehrheit beteiligt, so kostet es einen Siegpunkt (eine leere Straße fällt auch hierunter, denn der Spieler hat ja gemeinsam mit allen anderen Spielern die Mehrheit an der noch unbebauten Straße). Haben andere Spieler die Mehrheit, so wird an jeden dieser Spieler ein Siegpunkt gezahlt.
Zwei Mal im Spiel kann ein Spieler eine Sonderwertung für sich durchführen. Dazu legt er seinen Aktionschip mit zwei bzw. vier Aktionen in einen noch nicht gewerteten Distrikt. Er erhält dann pro eigenen Marktstand in dem Distrikt zwei bzw. vier Punkte. Damit bin ich auch schon bei Wertungen. Eine Straße wird immer dann gewertet, wenn sie mit Marktständen voll gestellt wurde und an beiden angrenzenden Plätzen ein Kunde steht. Die Marktstände haben einen Basiswert von 1 bis 3, die Kunden bestimmen einen Multiplikator von 1 (zwei Gehilfen) bis 4 (Bürger und Lord). Das Spiel endet, wenn ein Spieler seine Marktstände verbaut hat und die Runde zu Ende gespielt wurde. Wenn von dem Platz, auf dem der Lord steht, noch unvollständig bebaute Straßen abgehen, werden diese noch gewertet. Alle Marktstände in anderen unvollständigen Straßen bleiben ohne Wertung. Natürlich gewinnt, wer die meisten Punkte erzielen konnte.
Portobello Market hat für taktisches Spiel eine angenehm kurze Spieldauer. Die Auswahl an Aktionen ist begrenzt. Die Umsetzung hingegen bietet viel Freiraum, auch wenn es oft so scheint, als wären die besten Züge vorherbestimmt. Das Dilemma beginnt oft bei den Kunden: Ziehe ich sie aus dem Beutel, baue ich keine Marktstände und die Mitspieler nutzen die Situation, die ich aufbaue. Ziehe ich hingegen nicht die Kunden, werden mir die Gehilfen an die Straßen mit meinen Marktständen gestellt. Dagegen hilft dann oft das gemeinsame Bebauen von Straßen, nur versucht dabei jeder, die wertvollsten Marktständen zu bauen und die wertlosen Plätze den anderen Spielern zu überlassen. Wer in billigen Straßen gebaut hat, kann oft durch die Distriktwertung viele Punkte machen, denn in den preiswerteren Gegenden ist es leichter, massiv in einem Distrikt zu bauen.
Mit diesen taktischen Möglichkeiten ergibt sich ein Spiel, das seine Daseinsberechtigung aus der zeitlichen Kürze zieht. Es gibt nicht viele Spiele, die bei einer Spieldauer von rund einer halben Stunde so viele kleine Entscheidungen abverlangen. Es ist ein Spiel, dessen Spieltiefe ausreicht, um es zwischendurch zu spielen; es ist jedoch kein Spiel, bei dem ich mich tagelang auf eine Partie freue. (wd)
Steckbrief Portobello Market |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Thomas Odenhoven | Schmidt | 2 - 4 Spieler | ab 8 Jahre | ca. 35 Minuten | Michael Menzel |