Meist beginne ich ein Spiel durch eine Messevorschau wahrzunehmen. So war es auch mit Gisborne und der Beschreibung konnte ich entnehmen, dass es sich um ein Lauf- und Sammelspiel handelte. Es war einfach gestrickt und klang interessant. Das löste bei mir Vorfreude aus, denn gerade in den Wintermonaten spiele ich vermehrt Strategiespielen, um mich dann wieder einfacherer Kost mit kürzerer Spieldauer zu widmen.
Da stand nun also die Schachtel von Gisborne und sogleich überredete ich meine Frau und meinen jüngsten, neunjährigen Sohn zu einer Partie. Jeder baute schnell seine Schatztruhe zusammen und stellt seine Figur auf den Landungssteg. Das ist der Start des Weges quer durch Neuseeland. Mit Hilfe von Karten, dazu gleich mehr, wandern die Figuren durch neun unbekannte Gelände. Am Ende wartet der Strand mit einer sehr wertvollen Karte auf die Spielfigur.
Unseren Weg beginnen wir mit einem Zelt und fünf Bewegungskarten. Solche Bewegungskarten haben ein Farbe (Gold, Silber oder Bronze) und einen Wert (1 und 2 bei Bronze, 2 und 3 bei Silber und 3 und 4 bei Gold). Zunächst spielen alle ihre Karten verdeckt aus. Dabei dürfen nur Karten einer Farbe gespielt werden und wenn man übernachten möchte, legt man noch das Zelt dazu.
Wir spielten unsere Karten und nahmen den ersten Kartenchip in Besitz. Dann gab es neue Bewegungskarten. Zum einen gibt es Karten, wenn ein Kartenchip genommen wird. Der erste bekommt drei, der zweite und dritte je zwei Karten. Alle außer dem letzten dürfen die Karten auch in die Schatztruhe legen, wo jede Karte einen Siegpunkt bringt. Zum anderen gibt es noch Karten für die gespielte Farbe: Wer Bronze spielt, bekommt derer zwei, für Silber gibt es eine, Gold gibt nichts.
Raphael behält seine drei Karten als Führender, wir andere machen es mit unsren Karten ebenso. Dennoch wird sein Vorsprung immer größer. Er lässt sogar einige Kartenchips liegen. Die holen wir und er lebt von den drei Karten, die er bekommt.
Er läuft den Weg in das Ungewisse. Immer, wenn der Weg nicht für die Bewegungsweite einer Spielfigur reicht, wird die nächste Landschaft aufgedeckt. Jede Landschaften hat dabei genau ein Feld für einen Kartenchip und ein paar Spezialfelder. Da führen Abkürzungen um die Kartenchips herum, der Sumpf reduziert das Tempo und bei den Wölfen verliert man einen Kartenchip. Alles egal, Raphael "brettert" durch Neuseeland, bekommt den letzten Kartenchip, noch einmal drei Karten und gewinnt knapp. Strategie festgelegt, konsequent durchgezogen, gewonnnen - clever gespielt!
Das nächste Spiel wurde zu fünft gespielt. Gleicher Ablauf, nur ein wenig veränderter Kartennachschub. Wird jetzt ein Kartenchip eingesammelt, gibt es für den dritten und vierten eine Karte, wahlweise auf die Hand oder in die Kiste. Der letzte bekommt immer noch zwei und die müssen auf die Hand. Raphael fährt die gleiche Strategie und damit einen sicheren Sieg ein. Erste Diskussionen kommen auf, ob Durchbrettern die einzig wahre Siegstrategie ist.
Weitere Spiele. Wieder zu dritt, denn ich werde schon zeigen, dass man aufholen kann. Ich bin letzter und habe Glück. Die beiden Spieler vor mir lassen drei Kartenchips liegen. Als letzter bekomme ich sie auch, wenn ich nur darüber ziehe, dann aber gibt es keine Karten für das Einsammeln. Das sollte den Führenden doch stoppen! Ich ziehe auch gut nach. Etliche Goldkarten bringen mich wieder an die beiden anderen heran. Am Schluss werde ich zweiter und kann durch die beiden letzten Karten nochmals zwei Punkte machen. Ein Spiel "von hinten heraus" kann nicht besser laufen. Ich zähle fröhlich meine Punkte: 15! Das ist ein gutes Ergebnis. Dann die Ernüchterung. Der Spieler, der den Strand erreichte, macht 22 Punkte, fast 50% mehr als ich.
Mein letztes Gisborne, das Abschlussspiel. Ich bekomme die Karten, um früh die Führung zu übernehmen. Derselbe Ablauf, dasselbe Ergebnis. Der Schnellste, dieses Mal ich, gewinnt haushoch.
Da bleibt nur ein Fazit. Das Spiel funktioniert nicht. Die Kartenbelohnung für den Führenden ist zu hoch. Dabei ist der Mechanismus schön zu spielen, wäre spannend - um Platz 2 stritten immer alle restlichen Spieler - wenn der Führende nicht wegliefe. Bei dieser Erkenntnis ist es nebensächlich, dass die Aufmachung schön und die thematische Einbettung angenehm ist. Das gilt umgekehrt auch für negative Aspekte wie der vergessene Sumpf auf der Übersichtkarte, die Unübersichtlichkeit der Lauftrecke und das stete Zusammen- und Auseinanderbauen der Schatztruhe. Einmal mehr reicht ein Wort als Zusammenfassung: Schade! (wd)
Steckbrief Gisborne - die ersten Kartographen |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Carlo A. Rossi | Clementoni | 2 - 5 Spieler | ab 8 Jahre | 30 - 40 Minuten | Michael Menzel |