Jedes Jahr ist für mich die Frage, was ich auf der Spiel am Donnerstag als erstes spielen möchte. Dieses Jahr fiel meine Wahl auf im Schatten der Burg, und ich habe es nicht bereut.
Ziel des Spieles ist es, eine Burg neu entstehen zu lassen. Der Burgplan existiert schon, die geplanten Bauten sind auf dem Spielplan schon eingezeichnet. Sie werden vor dem Spiel mit Bauwerksvorlagen abgedeckt, auf denen man die zukünftige Funktion (der großen Bauten) erkennen kann. Für das Erbauen der Burgteile erhält man Geld oder Siegpunkte. Die Funktionen der großen Gebäude bestehen darin, Plätze für Gehilfen der Spieler anzubieten. Das Einsetzen der Gehilfen kostet Geld, sie bringen dann am Ende des Spieles Punkte, die von bestimmten Bedingungen abhängig sind.
Doch jetzt erst mal zum Spielablauf.Das Spiel läuft über zwölf bei zwei und vier Spielern bzw. über fünfzehn Runden bei 3 Spielern. Auf einem Rundenzähler liegen auf einer Leiste entsprechend viele Einermünzen. Der jeweilige Startspieler kommt diese Münze zu Beginn der Runde. Zuerst spielt man eine seiner Personenkarten verdeckt aus. Dieser Mechanismus ist aus Verräter oder Ohne Furcht und Adel schon lange bekannt. Dann werden die Personenkarten aufgedeckt, und in einer fest vorgegebenen Reihenfolge abgearbeitet.
Die Funktionen der Gehilfenplätze sind vielfältig. Sie geben Siegpunkte für Geld/Rohstoffe am Ende des Spieles, für eingesetzte Gehilfen, oder auch freie Gehilfenplätze und vieles mehr.
Die Beschreibung zeigt schon, dass hier vieles eng verzahnt ist. Bei dem ersten Spiel sitzt man erst einmal vor einer großen Informationsflut. Welche der vielen Möglichkeiten soll man nutzen, was tut man erst später?
Auch die Wechselwirkungen der Karten müssen bedacht werden. Spiele ich einen Arbeiter, sollte möglichst kein Steinmetzt eingesetzt werden. Spiele ich einen Baumeister, hoffe ich auf den Bau von vielen Gebäuden, spiele ich einen Maurer, habe ich oft die Rohstoffe am Wehrturm vor Augen, die ich mit einsetzen will. Da kann es zu bösen Überraschungen kommen, wenn vor mir auch jemand den Maurer spielt, und der viele Sand schon weg ist, wenn ich an der Reihe bin. Da ist genaues Timing angesagt.
Man bemüht sich oft, die Gehilfenplätze eines Gebäudes direkt nach dem Bau zu belegen. Da muss man dann genau rechnen, wie man die Rohstoffe kombiniert, um ggf. genug Geld für den Gehilfeneinsatz zu erhalten.
In diesem Spiel werden viele altbekannte Mechanismen zu einem neuen fein verzahnten Gebilde verknüpft. Leider ist durch diese feine Verzahnung das Spiel nicht einfach intuitiv zu spielen. Man muss viele Wechselwirkungen berücksichtigen, was eine recht hohe Einstiegshürde erzeugt.
Ich war erstaunt, wie unterschiedlich sich das Spiel zu zweit oder viert spielt. Einige Gesellenplätze werden viel wertvoller, andere wertloser. Es ist in allen Besetzungen anspruchsvoll, doch immer anders zu spielen. Immer muss man die Aktionen der Mitspieler beobachten, abschätzen was sie wohl spielen werden, oder schon gemacht haben. Ein Gehilfe, der für gebaute Türme Punkte einbringt, hält oft die anderen vom Bau weiterer Türme ab. Genauso habe ich oft genug erlebt, dass ein Maurer die Rohstoffe nahm, aber aufs Bauen verzichtete, weil gleichzeitig ein Baumeister gespielt wurde.
Eine Besonderheit hat "Im Schutze der Burg"; es kommt mit zwei Spielplänen: einer Sommer- und einer Winterseite. Optisch sind beide sehr ähnlich, nur ist die Sommerseite in sonnengelb gehalten, während die verschneite Winterseite einen Blaugraustich hat.
Die Regeln, Gebäude und Funktionen bleiben gleich, nur sind an sechs Feldern des Rundenzählers Markierungen für Winterkarten angebracht. Zu Beginn der entsprechenden Runde wird die oberste Karte aufgedeckt und die Anweisung ausgeführt. Da kann sein, dass jeder Spieler eine Personenkarte aus dem Spiel nehmen muss. Von dieser Abgabe kann man sich freikaufen. Oder es werden Karten mit positiven Eigenschaften ausgelegt, wie zum Beispiel der Kornspeicher, der drei Gehilfenplätze zeigt. Diese Gehilfen werden wertloser, je mehr Plätze besetzt sind. Die Winterkarten bringen mehr Unabwägbarkeit ins Spiel. Nur zu dritt werden alle sechs ausgeführt im Spiel zu zweit oder viert kommen nur vier davon ins Spiel. Diese Erweiterung ist nice to have, aber kein Muss.
Das Spiel hat nicht viele neue Mechanismen. Rollenwahl, Rohstoffbeschaffung, Bauen aus Rohstoffen, alles kennt man schon aus vielen erfolgreichen Spielen. Doch die neue Mischung bringt auch ein ganz neues Spielgefühl. Die verschiedenen Möglichkeiten auszuloten und die Interaktion durch die Gehilfen zu beobachten macht "Im Schutze der Burg" für mich sehr reizvoll. (bd)
Steckbrief Im Schutze der Burg |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Inka Brand, Markus Brand | eggertspiele | 2 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | 45 - 60 Minuten | Michael Menzel |