Zu manchen Spielen habe ich persönlich sehr schnell einen Zugang. So ein Spiel ist Vineta. Es hat mich bereits auf der Spielwarenmesse fasziniert. Das liegt an einem einzigen Fakt: Bei Vineta geht eine Insel unter und nur eines von neun Teilen übersteht das Spiel. Es ist damit ein Spiel, bei dem von vornherein klar ist, dass sich die Möglichkeiten immer weiter verdichten, bis schließlich das spielentscheidende Teil bestimmt ist. Genau einen solchen Ansatz habe ich als Spieleautor auch lange Zeit verfolgt, jedoch ohne Erfolg. Hier also war nun "mein Spiel", die Grundidee, die bei einem Konstrukten zu keinem vernünftigen Spielspaß führten. Da Vineta dazu optisch schön anzusehen ist, ging ich freudestrahlend an meine erste Partie.
Vineta ist eine sagenhafte Stadt in der Ostsee, in der sehr viele reiche Kaufleute wohnten. Diese Stadt war sehr lasterhaft und so beschlossen die nordischen Götter, sie untergehen zu lassen. Sie riefen riesige Flutwellen, denen die Stadt nicht widerstehen konnte. An dieser Stelle beginnt das Spiel, denn die Spieler schlüpfen in die Rolle der Götter, die Vineta versenken wollen. Bevor wir Vineta versenken, müssen wir die Stadt er st einmal aufbauen. Sie besteht aus neun Stadtteilen. Drei Teile bilden den Kern, die Innenstadt. Drei weitere Teile bilden die Oberstadt, von der jedes Teil an genau zwei Teile der Innenstadt grenzt. Nach demselben Schema grenzen die Teile der Vorstadt an die Oberstadt. Vineta besteht also aus drei Ringen, die auch farblich gekennzeichnet sind. Die Götter erhalten dann ihren Kartensatz, bestehend aus 30 Karten, von dem sie sieben Karten auf die Hand nehmen. Außerdem bekommt jeder Gott einen Stadtteil zugelost, den er vor dem Untergang beschützen soll. Ebenso bekommt er geheim eine Häuserfarbe zugeteilt, womit auch ein paar Bewohner bestimmt sind, die er beschützen soll.
Das Spiel erstreckt sich über acht Durchgänge. Am Ende jeder dieser Durchgänge versinkt ein Stadtteil Vinetas im Meer. Damit dies geschieht werden in drei Runden Karten gespielt. Zunächst wählt jeder Spieler seine Karte und legt sie verdeckt vor sich ab. Danach führen die Spieler ihren Spielzug aus, indem sie ihre Karte aufdecken und entsprechend der gewählten Karte handeln.
Ein Großteil der Karten zeigt Flutwellen in der Stärke von 1 bis 4. Damit kann der Gott nun entweder einen Stadtteil am Meer angreifen oder aber verstärkt die Flutwelle, die ein Mitspieler bereits begonnen hat. Der andere Teil der Karten zeigt Aktionen. Sie erlauben es, Häuser oder Karten umzugruppieren oder einen Durchgang zu verkürzen oder zu verlängern.
Am Ende des Durchgangs versinkt der Stadtteil, der von der stärksten Flutwelle getroffen wird. Nun gibt es für alle Götter Belohungen in Form versenkter Häuser. Das richtet sich danach, wer zu der vernichtenden Flutwelle beigetragen hat und wann er es tat - je früher, desto größer die Chance auf eines der Häuser in diesem Stadtteil Wenn dann alle Häuser des Stadtteils verteilt sind, wird der Stadtteil selbst entfernt und der nächste Durchgang beginnt.
Nach acht Durchgängen endet das Spiel. Ein Spieler, der den letzten Stadtteil beschützen sollte, erhält dafür nun je nach Lage zwei bis sieben Siegpunkte. Jedes Haus der Farbe, die man beschützen sollte, bringt weitere drei Punkte. Als letztes bringt jedes Haus, das ich während der acht Durchgänge für meine Flutwellen erhalten habe, noch einen Punkt. Wer in Summe die meisten Punkte erzielte, ist der Gewinner.
War mein erster Eindruck, dass man bei Vineta auf einen einzigen Höhepunkt hinspielt, so muss ich ihn nach etlichen Partien deutlich revidieren. Der Höhepunkt ist nur bedingt vorhanden, weil auf dem Weg dorthin das meiste bereits buchstäblich ins Wasser gefallen ist. Am Höhepunkt beteiligen sich maximal zwei Spieler bezüglich der verbliebenen Stadtteile. Je nach Spielerzahl bedeutet dies, dass bis zu vier Spieler nur daran gelegen ist, den anderen Spielern Punkte wegzunehmen. Auch kommt hier eine fatale Wirkung der Stadtteilwertung zum Tragen: Da die Vorstadt deutlich mehr Punkte bringt als die Ober- oder gar die Innenstadt werden diese Stadtteile spätestens im Mittelspiel gnadenlos versenkt. Das Risiko, dass ein Gott solch einen Stadtteil beschützen möchte, kann und möchte kaum ein Spieler eingehen.
Daran ändern auch die Häuser nichts. Zwar gibt es sie zu Beginn reichlich, doch ebenso schnell werden sie versenkt. Schließlich sind sie Siegpunkte wert. So kommt es kaum einmal dazu, dass ein Gott mehr als ein Haus seiner Farbe retten kann. Bei einer solchen Konstellation fallen die Punkte der versunkenen Häuser stark ins Gewicht. Damit schließt sich der Kreis, denn das führt wiederum dazu, wertvolle Stadtteile und viele Häuser zu versenken.
So laufen eine Partien bei Vineta recht ähnlich ab. Dazu trägt auch der fast gleiche Rundenablauf bei. Zuerst kommen Flutwellen; dann kommen die Aktionen, um eigene Häuser zu retten oder andere Häuser in die bedrohten Gebiete zu versetzen. Dabei hängt das Spielgefühl stark davon ab, wie lange mein Stadtteil und meine Häuser auf dem Plan verbleiben. Habe ich alles verloren, geht es für mich nur noch darum, auch alle anderen Häuser den Fluten zu übergeben. Und da es anderen Spielern auch so ergeht, hat ein neutraler Stadtteil ohne Häuser die besten Überlebenschancen.
Vineta ist ein sehr schön ausgestattetes, dessen Mechanismen fein ineinander greifen. Doch den Höhepunkt am Ende erreicht nicht jeder. Da auch der Einfluss begrenzt ist, wurde Vineta in vielen Spielrunden als durchschnittlich eingestuft. Dabei fiel auf, dass das erste Spiel weitaus mehr Freude und Spannung brachte als die weiteren; der Wiederspielreiz also eher gering war. Das trifft auch für mich zu, denn Vineta konnte die Erwartungen, die ich an das Spiel hatte, leider nicht erfüllen. (wd)
Steckbrief Vineta |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Fabiano Onça, Mauricio Gibrin, Mauricio Miyaji | Winning Moves | 2 - 6 Spieler | ab 10 Jahre | ca. 45 Minuten | Claus Stephan, Martin Hoffmann |