Im Hohen Mittelalter wetteifern führende Städte ("Kommunen") um die Vormachtstellung in Norditalien. Wegen der Bedrohung von außen sind sie jedoch auch auf die militärische Unterstützung ihrer Konkurrenten angewiesen. In "Comuni" führen die Spieler eine dieser Städte (Lucca, Firenze, Siena, Bologna oder Milano) an. Ihr Ziel ist es, den wirtschaftlichen, religiösen und kulturellen Aufschwung ihres Herrschaftsgebiets voranzutreiben und die militärische Macht auszubauen, um die Invasionen feindlicher Mächte (Venedig, Frankreich, Papst und Kaiser) abwehren zu können.
In ihrem Spielzug haben die Spieler die Aufgabe, Gesandte auf prestigeträchtige Bauprojekte bieten zu lassen sowie Gebäude in den Bereichen Wirtschaft, Militär, Kultur und Religion zu bauen bzw. auszubauen. Diese Gebäude bringen Siegpunkte und zahlen sich zudem in Erträgen aus. Wirtschaftsgebäude produzieren Gold, das zum Bieten genutzt werden oder jederzeit 2 zu 1 gegen Militäreinheiten getauscht werden kann. Militärgebäude versorgen die Armee mit Nachschub an Soldaten, die entweder für das Verteidigungsbündnis aller Kommunen oder für die persönliche Stadtverteidigung auf Stadtmauern verwendet werden können. Im ersten Fall kann der solidarische Einsatz für die Gemeinschaft mit sog. Heldenplättchen belohnt werden, wenn man die meisten oder zweitmeisten Militäreinheiten gestiftet hat. Kulturgebäude locken Handwerker in die Stadt, die den weiteren Ausbau der lukrativen Einrichtungen oder den Bau neuer Gebäude erleichtern. In der letzten Kategorie sorgen Kirchen und Kathedralen für die religiöse Anziehungskraft der Kommune: Die herbeiströmenden Pilger erhöhen die Flexibilität des Spielers beim Bieten oder Beheben von sog. Plünderungsschäden nach nicht so glimpflich verlaufenen Invasionen. Außerdem lassen sie sich jederzeit 2 zu 1 gegen jede beliebige andere "Ressource" eintauschen.
"Comuni" gliedert sich in vier Abschnitte, die von Kartenstapeln - Projektkarten der verschiedenen Gebäudekategorien und unterschiedlicher Ausbaustufe - repräsentiert werden. Ist ein Stapel aufgebraucht, tritt sofort eine Invasion ein, bei der sich die Spieler gemeinsam und/oder allein gegen den Feind zu verteidigen haben. In den Zeiten zwischen den Invasionen müssen sie jedoch - mit unterschiedlichen Startvoraussetzungen und Grundeinkommen versehen - dafür sorgen, dass sie ihre eigene Kommune politisch voranbringen. Reihum können sie dazu mit einem ihrer drei Gesandten eine Projektspalte mit unterschiedlich vielen Karten und ggf. Ressourceboni besetzen. Werden Sie anschließend nicht von Mitspielern überboten, können sie in einem ihrer folgenden Züge alle ihre Projekte einfordern und vielleicht gleich bauen. Die nun leeren Spalten werden mit neuen Karten aufgefüllt.
Interessant ist der Bietmechanismus: Sollte man überboten werden, darf man unter Einsatz eines Pilgers auf eine andere Spalte weiterziehen (dabei muss diese unbesetzt sein, oder ein Spieler mit geringerem Goldgebot befindet sich darauf). Auf diese Weise kommt es mitunter zu einem regelrechten Dominoeffekt, da die vertriebenen Gesandten wiederum andere Figuren überbieten können. Wer dann keinen Pilger mehr im Vorrat hat, muss die Segel streichen und seine Steine zurücknehmen.
Im Falle einer Invasion wird zunächst der Angriffswert ermittelt: Je mehr Siegpunkte man bereits hat, desto höher fällt dieser Wert aus. Nun müssen sich die Kommunen mit ihren Militäreinheiten gegen den Angreifer verteidigen. Die Spieler entscheiden im Geheimen, welche Einheiten sie jeweils für die gemeinsame oder für die private Verteidigung einsetzen wollen, und nehmen die entsprechenden Steine in die rechte bzw. linke Faust. Nacheinander werden nun Bündnisstärke (rechts) und persönliche Stadtverteidigung (links) ermittelt. Die erste Summe kommt allen Spielern zugute. Die für die eigene Abwehr eingesetzten Steine egalisieren entweder einen weiteren Angriffspunkt oder können auf die Mauern platziert werden, wo sie je nach Mauerabschnitt (je höher, umso besser) zusätzliche Verteidigungspunkte einbringen. Als Kommune hat man dann den Angriff der einfallenden Feinde abgeschmettert, wenn man den persönlichen Angriffswert auf Null reduzieren kann. Wenn nicht, erhält man für jeden nicht abgewehrten Angriffspunkt ein sog. Plünderungsplättchen, das am Ende des Spiels einen Malus einbringen kann.
Ist der vierte Kartenstapel aufgebraucht, ist noch einmal jeder Spieler am Zug (inklusive desjenigen, der das Spielende eingeläutet hat), bis die kaiserliche Invasion eintritt und ein letztes Mal zu den Waffen gerufen wird. Bei der Schlusswertung erhält man u. a. für Mehrheiten bei den einzelnen Ressourcen sowie für die gesammelten Heldenplättchen weitere Siegpunkte. Plünderungsschäden, die nicht vor der letzten Spielrunde mithilfe von Pilgern behoben werden konnte, werden dahingegen vom Punktekonto abgezogen. Bei Gleichstand gewinnt der Startspieler.
Bei "Comuni" gilt es, behutsam zwischen Entwicklung der eigenen Kommune und militärischem Rüsten abzuwägen. Der Invasionsmarker auf dem Spielbrett markiert die Anzahl der verbliebenen Karten auf dem Stapel: Je weniger dort noch vorhanden sind, desto höher ist die Gefahr, dass die kriegerische Auseinandersetzung bald eintritt. Wer möchte, kann mit dem Einfordern von Projekten den militärischen Angriff forcieren und unbesonnene Mitspieler auf diese Weise regelrecht in Panik versetzen. Andererseits sind vor allem in der ersten Hälfte des Spiels Plünderungsschäden durchaus zu verschmerzen, da sie noch nicht so massiv sind und mithilfe von Pilgern abgebaut werden können. Um diese und andere Ressourcen zu erhalten, sollte man sich gerade vor drohenden Invasionen nicht scheuen, auch mal geringe Erträge einzunehmen. Es ist ratsam, möglichst in jedem Zug seine Bauoption wahrzunehmen, da der Ertrag von zuvor gebauten bzw. ausgebauten Gebäuden abhängig ist. Für den Bau selbst empfiehlt es sich, möglichst in zwei der vier Kategorien recht zügig auszubauen und weniger lukrative Projektkarten für den Mauerbau zu reservieren. Es sind viele Entscheidungen zu fällen, die Anforderungen von Timing und Übersicht machen daher den wesentlichen Reiz des Spielmechanismus aus.
Weniger reizvoll, zum Teil ärgerlich, sind jedoch die Produktionsmängel des Spiels in der Erstauflage. Über den Fehler, dass die Invasionsleiste auf dem Spielplan anstelle der "11" eine "15" hat, mag man noch freundlich hinwegsehen. Erträglich ist es auch, dass die Kommune Bologna mit gelben statt orangefarbenen Gesandten ausgestattet ist. Für den historisch weniger Interessierten mag es ebenfalls noch hingehen, dass auf dem Spielbrett im Unterschied zur Regel die Invasionsfelder von Papst und Frankreich vertauscht sind. Zumindest in geografischer Hinsicht macht das Sinn. Wirkliches Ärgernis ist aber die Regel selbst. Angesichts ihrer Unübersichtlichkeit wäre eine Spielhilfe auf der Innenseite der Sichtschirme willkommen gewesen. An nicht wenigen Stellen ist die Anleitung zudem interpretationsbedürftig, sogar Widersprüche und fragwürdige Vorgaben lassen sich finden. Ein Beispiel: Die von den Autoren empfohlene und nur (!) in den beiliegenden englischen und französischen Regelheften explizit enthaltene Vorschrift, dass Kommunen, die bei einer Invasion einen Plünderungsschaden erleiden, keine Heldenplättchen für ihren Einsatz bei der gemeinsamen Verteidigung erhalten können, ist nicht bis ins Letzte durchdacht, von der thematischen Unlogik ganz zu schweigen. Vor allem bei voller Besetzung führt dies nämlich zu einem erheblichen Ungleichgewicht zwischen Bündnis- und Stadtverteidigung. Es kam mitunter vor, dass alle für eine Invasion vorgesehenen Bonusmarker ungenutzt in die Schachtel wanderten; vielen erscheint daher eine Investition in die gemeinsame Verteidigung als wenig lukrativ, sodass hier die Spielidee unterlaufen wird. Auch sonst ist der Mechanismus nicht ganz so poliert, wie man es erwarten sollte. Das betrifft unter anderem die Balance zwischen den einzelnen "Ressourcen", da die Pilger mit ihren vielfältigen Funktionen einem Spieler mehr nützen als zum Beispiel Gold oder Handwerker.
So bleibt der schale Beigeschmack, eine nicht ganz ausgereifte Beta-Version eines potentiell sehr guten Strategiespiels rezensieren zu müssen. Vielleicht hat man in der Autoren-"Kommune" von Acchitoccha nicht den rechten Ausgleich zwischen den konkurrierenden Vorstellungen herstellen können. Als Ganzes wirkt "Comuni" im Spielablauf nämlich unnötig überladen, Straffungen sind daher wünschenswert. Denn dann es wäre nicht bloß ein gutes Spiel unter vielen anderen. Angesichts seiner gleichermaßen vorhandenen Vorzüge und Nachteile war das Echo in den Spielrunden entsprechend zweigeteilt. Vor allem wer auf schnell und widerspruchsfrei erklärte Spiele Wert legt, kann hier nicht recht glücklich werden. Unverdrossene Vielspieler kann dies sicherlich nicht schrecken. Ich persönlich spiele "Comuni" gerne mit, wenn es von einer Runde gewünscht wird. Ich habe allerdings meine Zweifel, dass dies in Zukunft noch häufig geschehen wird. (thb)
Steckbrief Comuni |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Acchittocca | Tenki Games | 2 - 5 Spieler | ab 12 Jahre | ca. 90 Minuten | Giuseppe Rava, Giorgio Albetini |