Bei Mallorca denken wir an Sonne und Meer, an Touristen, Ballermann, überfüllte Strände und reservierte Liegen. Bei Finca sind wir weit weg von diesem Urlaubsidyll, denn hier geht es um die Ernte von Südfrüchten und deren Lieferung quer über die ganze Insel.
Die Ernte läuft nun nicht auf irgendwelchen Plantagen ab, sondern auf einem Windrad. Dieses besteht aus zwölf Plättchen, die jeweils eine Frucht zeigen. Und weil es sechs verschiedene Früchte gibt, kommt jede Frucht doppelt vor.
Um an die Früchte zu gelangen, haben wir in Abhängigkeit von der Spielerzahl drei bis fünf Bauern, dargestellt durch einfache Spielfiguren in bis zu vier Farben. Durch Einsetzrunden gelangen sie auf das Windrad. Dabei stelle ich einen Bauern auf ein Feld des Windrades und nehme mir die Frucht, die auf dem Plättchen abgebildet ist.
Um später an weitere Früchte zu gelangen, bewege ich einen meiner Bauern. Ich schaue, wie viele Bauern - eigene und fremde - auf seinem Plättchen stehen. So viele Felder zieht der Bauer im Uhrzeigersinn auf dem Windrad weiter. Die Früchte, die ich bekomme, werden durch das Zielplättchen bestimmt; die Anzahl ergibt sich aus der dort befindlichen Zahl von Bauern. Immer wenn ich zusätzlich die horizontale Linie des Windrades überquere, bekomme ich noch einen Eselskarren. Zwei Mal im Spiel kann ich einen Ausnahmezug machen: Zum einen darf ich dann einen Doppelzug machen, zum anderen kann ein Bauer auf ein beliebiges Plättchen gestellt werden.
Nun haben wir Früchte, aber was machen wir damit? Mallorca ist in zehn Gemeinden unterteilt. Zu Beginn des Spiels wird in jede Gemeinde ein Stapel mit vier Früchteplättchen gestellt, von denen das oberste Plättchen aufgedeckt wird. Die Plättchen zeigen ein bis sechs Früchte. Außerdem erhält jede Gemeinde noch ein Fincaplättchen, das ein oder zwei Früchte zeigt.
Für die Lieferung interessieren uns die Früchteplättchen. Mit einem Eselskarren können wir bis zu sechs Früchte ausliefern. Wir geben unseren Eselskarren und die Früchte ab und erfüllen so die Nachfrage von einer oder mehreren Gemeinden. Als Entlohnung erhalten wir die Früchteplättchen, deren abgebildete Früchte wir geliefert haben. Auch hier gibt es zwei Sonderzüge: Zum einen habe ich einen großen Eselskarren, der bis zu zehn Früchte ausliefert und zum anderen darf ich einmal eine Frucht weniger ausliefern als nachgefragt wird.
Wird bei einer Lieferung der Früchteplättchenstapel einer Gemeinde aufgebraucht, wird das Fincaplättchen verteilt. Dies erhält der Spieler, der bisher die meisten der abgebildeten Früchte ausgeliefert hat. Man erkennt dies an den Früchteplättchen, die die Spieler besitzen. Anschließend wird die Gemeinde mit einer Finca markiert.
Sobald vier bis sechs Gemeinden mit Fincas markiert wurden, endet das Spiel. Die Spieler zählen ihre Siegpunkte, die es aus vier Quellen gibt. Die Früchteplättchen haben einen Wert gemäß der Anzahl der Früchte, die auf ihnen abgebildet sind und die Fincaplättchen haben einen festen Wert von Fünf. Nicht erwähnt hatte ich bisher, dass die Sonderzüge auch durch Plättchen festgehalten werden. Jedes nicht eingesetzte Plättchen ist hier zwei Punkte Wert. Zum Schluss gibt es noch Bonusplättchen: Ich erhalte es dafür, dass ich Früchteplättchen in den Werten von 1 bis 6 gesammelt habe. Der Wert richtet sich nach dem Zeitpunkt des Erhalts, beginnt mit 7 und endet mit 4. Natürlich gewinnt, wer die meisten Siegpunkt besitzt.
Bei Finca bin ich durch die ganze Gefühlswelt gegangen. Nach dem ersten Spiel fand ich Finca großartig. Ich mag den Mechanismus des Windrades: Ein Figur in Abhängigkeit anderer Figuren ziehen zu lassen, gibt es schon bei den Klassikern LOA (Line of Action) und FOA(Field of Action) und im modernen Gesellschaftsspiel in Emerald. Hier nun wird er weiterentwickelt, in dem auch die Belohnung diesen Mechanismus nutzt.
Dabei war die Lieferung ein gutes Gegenstück zum Windrad. Es enthält den für mich notwendigen Zufallsfaktor, damit das Spiel nicht statisch verläuft. Hinzu kommen die Fincaplättchen, die zusätzlichen taktische Möglichkeiten bieten.
In den nächsten Spielen kam die Ernüchterung. Man sammelt blind irgendwelche Früchte und versuchte sie günstig auszuliefern. Es gelang mir nicht, irgendwie Einfluss auf die Fincaplättchen auszuüben und so verblieb nur der Bonus als taktische Finesse. Dies war mir zu wenig für den Ablauf, die Dauer und das tolle Material, denn ich wollte nicht beliebig Früchte sammeln und wieder abgeben.
Vielleicht lag es an der noch zu schreibenden Rezension, dass ich Finca trotz der Enttäuschung weiter intensiv spielte. Zwar wurde mein Eindruck der Beliebigkeit durch manches Posting im Internet bestätigt, doch ich wollte mich damit nicht begnügen. Dieses Engagement verstärkte sich dann durch die Nominierung von Finca zum Spiel des Jahres. Also spielte ich es weiter und intensiver. Ich versuchte nun, gezielter auf die Früchteplättchen hinzuarbeiten, die mir zum Erhalt eines Fincaplättchens im Weg lagen. Ich akzeptierte dabei auch, mal weniger Früchte zu bekommen, wenn es denn dafür die richtige Frucht war. Auch überlegte ich mir den Einsatz der Sonderzüge sehr genau, denn sie stellen sowohl durch die Einmaligkeit als auch durch die Siegpunkte ein hohes Gut dar.
Was passierte, war erstaunlich: Meine Siegpunkte auf den Früchteplättchen wurden weniger, die Anzahl der Siege aber mehr. Die Planung hatte über die Raffgier nach vielen Früchten gesiegt.
So bleibt ein gemischtes Fazit. Die Ausstattung, vor allem die Holzfrüchte, ist hervorragend und bietet ein tolles haptisches Erlebnis. Dem gegenüber steht das aufgesetzte Thema, das zu keinem Zeitpunkt ein Insel-Feeling aufkommen lässt.
Vom Spielablauf her kann man es zunächst aus dem Bauch herausspielen. Bei mir stand dann die Phase der Beliebigkeit an. Für unsere schnelllebige Welt war sie zu lang und manch einer wird daher die taktischen Möglichkeiten nicht erkennen, weil er vorher das Spiel im Regal stehen lässt. Ich kann es daher genau dann empfehlen, wenn man sich mit einem Spiel gern intensiver auseinandersetzen möchte. (wd)
Steckbrief Finca |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Ralf zur Linde, Wolfgang Sentker | Hans im Glück | 2 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | ca. 45 Minuten | Franz Vohwinkel |