Ich liebe es, Hintergründe zu den Spielen in Erfahrung zu bringen und so googelte ich nach Eschnapur. Ich stellte mir darunter immer einen Ort in Indien vor, doch es gibt Eschnapur so nicht. Stattdessen verweist Eschnapur auf Fritz Lang Verfilmung "Der Tiger von Eschnapur" und seinen Vorgänger. Dies bestätigt die indische Herkunft, aber nicht die Realität eines Ortes.
Nun, wir wollen ja auch einen Palast dort errichten und für ein Spiel brauchen wir keinen realen Ort. Wir werden deshalb auch nicht mit einer Karte konfrontiert, sondern mit den Bauskizzen des Palastes, der aus acht Teilen besteht. Jetzt fehlen nur noch die Steine, um aus den Skizzen fertige Palastteile zu errichten. Damit das nun aber nicht so einfach ist, starten wir nur mit Geld, jedoch ohne einen einzigen Stein.
Wir kämpfen auch nicht mit Tigern oder unliebsamen Ereignissen während des Baus, sondern mit der indische Bürokratie und deren Korruption. So muss jeder Spieler nicht nur festlegen, an welchen beiden Gebäudeteile er bauen möchte, sondern muss zusätzlich auch fünf indische Beamte bestechen, indem er jedem eine Geldkarte zuordnet.
Nun wird bei den Beamten geschaut, wer ihn am besten bestochen hat. Vier der fünf Beamten werden nur für einen Spieler tätig, wenn überhaupt - das Gerücht der faulen Beamten wird also auch hier unterstützt. Dazu hängt es nicht allein von der Geldsumme ab, sondern auch von der Einmaligkeit. Der Beamte wird nämlich für den Spieler tätig, der den höchsten Geldbetrag bietet, den kein andere geboten hat. Übrigens, den Bluff mit einer Null erkennen die indischen Beamten auch und werden dann ebenfalls nicht tätig.
Was tut den nun so ein Beamter? Der erste ist selbst korrupt, unterbindet aber ein bisschen die weitere Korruption, indem er einen Geldbetrag eines beliebigen Spielers sperrt. Der gesperrte Betrag wird diese Runde einfach nicht aufgedeckt und somit auch nicht ausgewertet. Anscheinend hat der Beamte aber Angst vor der Rache des Spielers, denn er schenkt ihm zum Trost einen Stein. Der zweite Beamte sperrt einfach ein Gebäude für den Weiterbau.
Der dritte Beamte ist gierig und nimmt alle Bestechungsgelder an. Er gibt Steine für den gebotenen Betrag, halbiert diesen aber, wenn mehrere Spieler den gleichen Betrag geboten haben. Nachdem die Spieler jetzt Steine besitzen, könnte ja gebaut werden. Die Reihenfolge wird über den vierten Beamten geregelt. Der Spieler, der seine Gunst erworben hat, legt die Baureihenfolge fest.
Bauen ist ganz einfach. Wer an der Reihe ist, deckt die Karten auf, mit denen er zu Beginn der Runde festgelegt hat, an welchen Gebäudeteilen er bauen will. Auf diese beiden Teile verteilt er sämtliche seiner Steine. Erreicht er dabei ein vordefiniertes Geldfeld, bekommen alle Spieler, die bisher an dem Gebäudeteil gebaut habe, ein wenig Geld.
Haben alle Spieler gebaut, kommt noch der fünfte Beamte. Er erlaubt einem Spieler, den zuletzt gebauten Stein eines Gebäudeteils in einen anderen Gebäudeteil zu verschieben.
Nach jeder Runde kommt es zur Abrechnung fertiger Gebäudeteile. Zunächst gibt es Geld für alle am Bau des Gebäudeteils beteiligten Spieler. Dann gibt es Punkte, einmal für den am höchsten platzierten Stein den aufgedruckten Wert des Feldes und einmal einen Punkt pro eigenen Stein in dem Gebäudeteil.
Bleibt noch eine Kleinigkeit. Geld, das eingesetzt wurde, aber nicht zu einer erfolgreichen Bestechung eines Beamten führte, wird am Ende der Runde abgegeben. Dabei wird das Geld in Prestigepunkte umgerechnet. Für Prestigepunkte kann man sich während des Spiels Privilegien - es stehen 10 verschiedene zur Auswahl - kaufen oder am Ende des Spiels Siegpunkte kassieren.
Der Palast von Eschnapur ist ein taktisches Einschätzspiel. Dabei gilt es zunächst, viele kleine Entscheidungen zu treffen. Die wichtigsten sind dabei die Gebäudeteile und die Bestechungsgelder. Die Umsetzung der Beamtenfähigkeiten spielen ehr eine untergeordnete Rolle. Dies ändert sich im Laufe des Spiels, denn kurz vor der Fertigstellung der Gebäude werden die Fähigkeiten mächtiger.
Dies liegt daran, dass die Steine umso wertvoller sind, je später sie in einem Gebäude platziert werden. Deshalb ist es wichtig, spät zu bauen, doch damit steigt das Risiko, auf ein bereits voll errichtetes Gebäudeteil zu treffen. Wohl dem, der den Zuschlag des letzten Beamten erhält und noch einmal eingreifen kann.
Die einzelnen Elemente greifen fein ineinander, wirken aber sehr mechanisch und wenig themenbezogen. Die unterschiedliche Handhabung macht den Einstieg in dieses Spiel nicht gerade leicht. Die Krux aber bilden die Privilegien, die alle samt unterschiedlich sind und erklärt werden wollen. Die Handhabung im Spiel ist dann auch chaotisch, weil man jederzeit ein Privileg erwerben kann. Dem widerspricht die Regel, dass man es sofort nutzen kann. Wir haben daher den Kauf nur dann gestattet, wenn ein Privileg auch sofort nutzbar war.
Mit den Privilegien wird dem Einstieg in das Spiel eine hohe Hürde voran gestellt, die ohnehin schon durch die Beamten aufgestellt war. Für ein Familienspiel benötigt Eschnapur zu viele Regeln und befindet sich damit jenseits der eingängigen Spiele. Hier hätte eine Einsteigerregel ohne die Privilegien gute Dienste getan.
Was bleibt ist ein gut funktionierendes Spiel für Freude taktischer Einschätzspiele. Die Mechanismen sind teilweise neuartig und gut durchdacht. Trotzdem bezweifele ich, dass die Zielgruppe bei der Komplexität der Regeln groß genug ist und sage dem Spiel nur eine kurze Lebensdauer voraus. (wd)
Steckbrief Der Palast von Eschnapur |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Inka Brand, Markus Brand | Amigo | 2 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | ca. 60 Minuten | Dennis Lohausen |