Der Unterschied ist einfach herrlich. Ich sitze hier bei gut 25 Grad Celsius im Sommer, genieße dabei den Sommertag und kühle mich gedanklich ab. Das geht ganz einfach, denn ich begebe mich spielerisch nach Alaska und werde dort an einem Schlittenrennen teilnehmen, zuerst einmal eines für Anfänger.
Mein Gespann und die meiner Konkurrenten sind gespannt und technisch in Schuss. Das bedeutet, vorne sind zwei Huskies eingespannt und hinten betätige ich eine Bremse, die aktuell mittelstark angezogne ist. Alle anderen Schlitten sind ebenso ausgestattet und wir verteilen unsere Startpositionen. Vor uns liegt ein Kurs mit einer Beschleunigungsstrecke, einer Kurve nach Links, einer Haarnadelkurve, wieder eine Kurve nach links und eine Abschlussstrecke zum Sprinten.
Im Gegensatz zu einem echten Rennen fahren wir rundenweise und nacheinander. Wer vorne liegt fährt zuerst, bei Gleichstand der, der sich an der Innenseite der Kurve befindet. Um meine Fahrtrichtung und -geschwindigkeit zu verändern, kann ich die Hunde anfeuern oder verlangsamen und die Bremse betätigen. Im Spiel wird die über Karten gesteuert, von denen ich fünf auf der Hand habe. Eine Karte muss ich spielen, mehrere darf ich, wenn sie den gleichen Wert zeigen. So eine Karte zeigt Hunde mit Werten von 1 bis 5. Möchte ich die Laufgeschwindigkeit eines Hundes verändern, lege ich die Karte an seine Position. Ich nutze die Karten aber auch für die Bremse, wo ich dann den Chip, der die Bremse darstellt, austausche.
Der Weg durch den Schnee ist durch Felder dargestellt, deren Form meist recht- oder zumindest viereckig ist. Auf jeden Fall sind die Felder so angeordnet, dass sich Spuren ergeben und die Nachbarn eines Feldes klar sind.. Meine Geschwindigkeit besteht nun aus der Summe der beiden Geschwindigkeiten beider Huskies abzüglich der Bremse. Ein kurzes Beispiel: Der links Huskie zieht mit 4 der rechte mit 3 und die Bremse steht auf 2, dann fahre ich mit 4 + 3 - 2 gleich 5 Felder weit.
Nun möchte ich aber auch Kurven fahren. Das ist ganz einfach: Der Schlitten macht ein Drift in Richtung des Hundes, der stärker zieht. Im Fall oben beträgt die Drift also eine Spur nach links. Aus der Geschwindigkeit und der Drift ergibt sich dann die Fahrt, hier 5 Felder nach vorne, wobei ich einmal die Spur nach links wechseln muss.
Nach meinem Zug fülle ich dann meine Kartenhand wieder auf fünf Karten auf.
Das ganze wäre recht trocken, gäbe es nicht Kurven, Streckenbegrenzung und die lieben Mitspieler mit ihren Schlitten Alles bietet die Möglichkeit eines Unfalls und damit der Beschädigung des Schlittens.
Die harmloseste Möglichkeit ist der Auffahrunfall auf einen anderen Schlitten. Sofort bleibe ich auf dem vorherigen Feld stehen und mein Zug endet sofort. Meine Kartenhand darf ich dann nicht auffüllen. Manchmal provoziert man sogar eine solche Karambolage, denn die nächsten Unfälle sind nicht so harmlos
Verlassen ich die Strecke, bleibt mein Schlitten ebenfalls auf dem letzten erreichten Feld stehen. Leider ist mein Schlitten etwas demoliert und ich bekomme eine Dellenkarte auf die Hand. Sie zählt unweigerlich zu den fünf Handkarten und blockiert somit einen Platz für andere Karten. Das ist ungünstig, denn Dellenkarten haben außer dieser Blockade keine Funktion im Spiel.
Beim Schlittenrennen wird eine Kurve langsam angefahren und beschleunigt wieder verlassen. Deshalb haben Kurven zu Beginn eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Für Geschwindigkeitsübertretungen gibt es hier die speziellen Strafzettel, die wir schon vom verlassen der Fahrbahn her kennen: Die Dellenkarten, und zwar gibt es pro Geschwindigkeit über der Grenze eine.
Bei fünf Handkarten ist leicht einsichtig, dass der Schlitten mit fünf Dellenkarten zerstört ist. Wer mit so einem Schlitten das Ziel erreicht, wird gewertet, ansonsten ist er ausgeschieden.
Fehlt noch die eine Regel, mit der man gut aufholen kann. Wer seinen Schlitten ausgewogen fährt, d. h. beide Hunde ziehen gleichstark, darf einen Bonus in Höhe seiner Position im Rennen fahren. Da werden aus ganz langsamen Huskies mit einmal schnelle Schneewindhunde...
Sobald Schlitten im Ziel sind, gibt es Sieger. Aus Fairnessgründen wird aber eine Runde immer erst zu Ende gespielt, bevor die im Ziel befindlichen Schlitten gewertet werden. Von den Schlitten im Ziel ist der besser, der weiter eingefahren ist; im Zweifelsfall der, der sich auf der Innenseite befindet. Sobald alle Spieler im Ziel oder ausgeschieden sind, endet das Spiel und die Reihenfolge der Plätze steht fest.
Bevor ist auf die Qualität von Snow Tails zu sprechen komme, gehe ich ein wenig zurück in die Spiele-Historie. Der mir bekannteste, älteste Vertreter diese Genres ist Racetrack, mir geläufig unter Rallye, einem Spiel, dass auf Karopapier gespielt wird. Artverwandt sind auch das Kinderspiel Monza und das Spiel des Jahres Mississippi, wenn gleich hier deutliche Abweichungen in der Zugbestimmung vorliegen.
Die Grundidee in allen ist ein Wettrennen. Durch einen Mechanismus, hier bei Snow Tails der Schlitten, werden die Zugweite und die Richtung festgelegt. Sie ist nicht beliebig änderbar und vor allem sind enge Wendemanöver nicht möglich. In solchen Spielen wäre der Elchtest wahrlich nicht zu bestehen.
Snow Tails setzt das Thema sehr stimmungsvoll. Die Trägheit der Schlitten wird vereinfacht und zugleich realistisch simuliert und ist damit sehr passend für den Mechanismus. Lediglich die Verwendung von Huskie-Karten als Bremswerte mutet seltsam an.
Das Rennen selbst lebt von einfachen Regeln, die in einem humorvollen Stil geschrieben sind. Die Ermittlung der Geschwindigkeit und des Drifts ist einfach, deren Umsetzung auf dem Spielplan auch. Doch so leicht dies fällt, so schwer fällt es vielen Spielern ein Gefühl dafür zu bekommen, wie man den Schlitten gut gleiten lässt. Dies ging sogar so weit, dass es eine Spielerin gab, die sich die Hilfe der Mitspieler wünschte, damit ihr Schlitten zumindest noch ins Ziel kam.
Genau dies stellt sich für mich und das Spiel auch als der größte Kritikpunkt dar. Einige Spieler bekommen schnell ein Händchen für ihre Hunde und Herrchen oder Frauchen fahren durch Kurven und an Tannen vorbei, rasend schnell dem Ziel entgegen. Andere hingegen dümpeln hilflos auf der Schneespur dahin, fast hilflos schleichend, möge die nächste Kurve sich doch bitte gerade biegen.
Erst wenn sich eine Gruppe gleichwertiger erfahrener Spieler gefunden hat, kann es richtig losgehen: Es gibt viele Streckenteile wie Schlucht, Schneewehe und sogar eine zweite Haarnadelkurve, die Hindernisse darstellen und so für mehr Spannung sorgen. Allein die besten Fahrer werden hier gut vorankommen. Hasardeure werden das Ziel ebenso wenig erreichen wie Neulinge und wer so langsam fährt, dass er zwischendurch noch ein paar Schneebälle werfen könnte, wird das Ziel zu spät erreichen. Gefragt sind die mutigen Abenteurer, die mal eine Delle in ihrem Schlitten akzeptieren, um eine Kurve optimal zu fahren. Das ist wie in der Realität, in der Schlittenrennen noch immer den Hauch von Abenteuer versprühen. (wd)
Steckbrief Snow Tails |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Fraser Lamont, Gordon Lamont | Asmodee | 2 - 5 Spieler | ab 10 Jahre | ca. 45 Minuten | Bertrand Benoit, Stéphane Gantiez |