Sylla, der Namensgeber dieses Spiels, war ein römischer Diktator. Im Deutschen wird sein Name, der mit Grausamkeit und Terror verbunden ist, oft Sulla geschrieben. Wir begeben uns zurück in die Zeit seiner Herrschaft, in der Sklaverei betrieben wurde und ganz langsam das Christentum entstand.
In Sylla geht es um Macht und die gewinnbringende Nutzung dieser Macht. Sie wird auf zwei Arten repräsentiert: Zum einen kontrollieren die Spieler Charaktere und nutzen ihre Fähigkeiten, zum anderen gibt es die Denare - das Geld im alten Rom. Die Spieler starten mit einer entsprechenden Grundausstattung von vier Charakteren und drei Denaren. Die Charaktere kann sich jeder Spieler aus einem Satz von 10 Charakteren aussuchen und so einen Teil seiner Strategie festlegen.
Sylla ist kein einfaches Spiel. Die einzelnen Mechanismen greifen fein ineinander und sind verzahnt, wobei jeder Mechanismus einfach ist. Die Gesamtheit ergibt hingegen ein komplexes Spiel. Deswegen gebe ich erst einmal einen groben Überblick über die Charaktere und ihre Verwendung. Es gibt fünf verschiedene Berufe:
Unter den Senatoren, Händler und Sklaven befinden sich einige Personen, die sich zum christlichen Glauben bekennen.
Jede der fünf Runden beginnt mit der Wahl des Konsuls. Um dieses Amt zu erlangen, bekommt jeder Spieler die Stimmen seiner Senatoren. Zusätzlich kann er mit seinen Denaren weitere Stimmen kaufen. Die Vergabe des Konsul-Amtes findet in einer einfachen Versteigerung statt. Der alte Konsul macht ein Gebot bestehend aus Senatorenstimmen und Denaren. Ein nachfolgender Spieler muss passen oder erhöhen. Nach einer Runde wird der Spieler mit dem höchsten Gebot Konsul und muss sein Bestechungsgeld abgeben.
Der Konsul trifft in der laufenden Runde immer die Entscheidung, wenn es gilt, Gleichstände aufzulösen. Direkt aber nach seiner Ernennung hat er zwei Pflichten: Zum einen engagiert er sich für das Bürgerwohl. Er entscheidet sich eine von drei möglichen Ausprägungen - Muße, Gesundheit und Bürgersinn - und nimmt sich einen entsprechenden Marker. Solche Marker sind am Ende des Spiels Siegpunkte wert. Zu anderen ermittelt er den Hungerwert, was nur ein Verwaltungsakt ohne jeden Vorteil ist.
Nun beginnt der Nachschub, der in drei Stufen kommt. Zunächst erhält jeder Spieler einen neuen Charakter, von denen sechs offen ausliegen. Beginnend mit dem Konsul nimmt sich jeder Spieler einen davon.
Danach wird gebaut. Sechs Gebäude stehen zur Wahl, von denen bis zu fünf gebaut werden. Zunächst der Konsul, später der, der gerade ein Gebäude errichtet hat, wählen ein Gebäude aus. Dies muss mit gelber, roter oder anthraziter Kraft errichtet werden. Jedem Charakter sind ein bis drei dieser Kräfte zugeordnet. Wie beim Konsul werden nun Gebote abgegeben, dieses Mal in Form von Kräften. Der Sieger legt entsprechend viele Personen zur Seite und nimmt sich das Gebäude.
Zuletzt kommt Geld als Nachschub. Das Grundeinkommen beträgt drei Denare, errichtete Markstände geben zwei weitere. Jeder Händler, der nicht bauen musste, gibt noch einen weiteren. Damit kommen wir zu einem andere Mechanismus: Jeder Charakter, der baut, kann nicht mehr seine Spezialfähigkeit nutzen.
Jetzt kommen die Ereignisse, die allesamt negativ sind. Vier von ihnen drohen, zwei können wir abwehren. Manche Ereignisse, wie Aufstände können nur von Leionär abgewendet werden, manche nur durch Vestalinnen wie die Seuche. Reihum nehmen die Spieler einen dieser Charaktere und ordnen sie dem Ereignis zu, das abgewehrt werden soll. An Ende geht das Ereignis mit der größten Abwehr aus dem Spiel und das mit der zweitgrößten tritt nicht ein. Die beiden anderen Ereignisse finden statt, so zum Beispiel Aufstände, Seuchen oder Vulkanausbrüche statt.
Jetzt kommt noch das Bauvorhaben. Entweder baut ein Spieler für sich oder er kann gemeinsam mit den anderen an einem großen Bauvorhaben teilhaben. Hier gibt es Siegpunkte für große Beteiligungen, die Geld und Senatoren erfordern. Die Errichtung eines Gebäudes kann auch die Wertigkeit eines Bürgermarkers verändern, so steigt zum Beispiel bei einer Therme die Gesundheit.
Zuletzt werden noch Hunger und politische Missverhältnisse ausgewertet, was im Allgemeinen Siegpunkte kostet.
Nach fünf Runden endet das Spiel mit dem Bau der Kirche. Nicht aufständische Christen und Sklaven bringen nun Punkte, genauso wie die Bürgermarker. Wer dann die meisten Siegpunkte hat, ist Sieger.
Dies ist nur ein kurzer Abriss des Ablaufs von Sylla. Durch die verschiedenen Gebäude und Ereignisse gibt es eine große Vielfalt, die viele Strategien erlaubt. Damit bin ich schon mitten in der Bewertung.
Sylla ist ohne Zweifel ein vielschichtiges Strategie- und Taktikspiel. Über Charaktere und Bauten lege ich eine Strategie fest, die ich immer wieder erweitern oder abwandeln kann. Die aktuelle Situation erfordert dann die Taktik, um die richtigen neuen Gebäude zu errichten oder das unliebsamste Ereignis abzuwehren.
Bei Sylla geht es nicht um den großen Kampf und noch viel weniger darum, den Aufbau des Mitspielers zu zerstören. Die Interaktion ist hier durch die vielen Vergaben - mal ersteigern, mal einfach nehmen, mal gemeinsam bieten - gegeben. Dies ermöglicht ausreichend Einfluss auf die Mitspieler ohne dass man sie nachhaltig schädigen kann. Die negativen Aspekte kommen durch das Spielsystem in Form der Ereignisse. Dies genügt auch, denn die Drohung wirkt zeitweise beklemmend. Groß ist die Erleichterung, wenn die Ereignisse ohne großen Schaden zu hinterlassen, vorüber ziehen.
Weil jede Ausstattung nützlich ist und jedes Ereignis schädlich, geht es um die Feinabstimmung. Im Groben gibt es keine Fehler: Jeder Charakter ist nützlich, jedes Gebäude ist gut. Doch habe ich den richtigen Charakter zur rechten Zeit verfügbar oder war das Gebäude nicht doch zu teuer? Habe ich die Mitspieler richtig eingeschätzt und beim Bauvorhaben mein Geld gut angelegt? Es geht oft um Relationen; es geht darum aus den Besitztümern mehr herauszuholen als der Mitspieler, weniger Schaden beim Ereignis zu bekommen, abzuschätzen, ob mein Geld besser für Konsulstimmen oder für Bauvorhaben eingesetzt wird.
Dabei ergeben sich indirekt Bündnisse: Wer Sklaven besitzt, möchte den Sklavenaufstand beenden und wer keine Felder angelegt hat, bekämpft den Hunger als Ereignis. Die Interessen sind mal gemeinsam, mal gegeneinander, doch nur in den Versteigerungen führen sie zu einer direkten Konfrontation.
Damit ist Sylla anders als viele Strategiespiele. Feinabstimmung und wohlgemeinte Dosierungen bei der Geldausgabe und Personenverwendung statt Kämpfe und Schlachten. Es liegt in einem anderen Spektrum der Strategiespiele, eines das selten adressiert wird. Weil man immer am Geschehen beteiligt ist, vergeht dabei die Zeit wie im Fluge, was dann die hohe Qualität des Spiels zeigt, zumindest für die, die sich Strategiespiele in dieser Ausrichtung wünschten: Fein, ruhig und ohne direkte Kämpfe. Es ist, bildlich gesprochen, mehr für die feinen Hände eines Goldschmieds denn für die kräftigen Hände eines Waffenschmieds. (wd)
Steckbrief Sylla |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Dominique Ehrhard | Ystari | 3 - 4 Spieler | ab 12 Jahre | 60 - 90 Minuten | Arnaud Demaegd |