Das Cover stimmt die Spieler ein und obwohl das Land Asara fiktiv ist und seine Lage nicht beschrieben wird, denken viele Spieler beim Anblick an den Orient, an Sonne, Wärme und sogar an Urlaub. Doch dafür sind wir nicht in Asara, denn als Baumeister ist unsere Aufgabe das Errichten von Türmen.
In vier Jahren wird geschaut, wer der beste Baumeister ist. Alljährlich werden aber die bereits errichteten Türme bewertet, so dass es Zwischenstände gibt. Schauen wir uns ein Arbeitsjahr an.
Die Baumeister werden nicht selbst tätig, sondern geben Aufträge an ihre Einkäufer. Diese tragen Gewänder i n fünf verschiedenen Farben. Solche Einkäufer schickt der Baumeister zu den Märkten. Auf diesen Märkten herrscht eine Kleiderordnung: Der erste Einkäufer kann tragen, was er möchte. Jeder weitere Einkäufer muss das gleiche Gewand tragen, sonst darf er den Markt nicht allein betreten. Zwei Einkäufer mit falschem Gewand hingegen können sich versteckt halten und trotzdem einen Einkauf tätigen. Dieser geht ganz einfach von statten. Der Einkäufer wählt eines der Teile aus dem Angebot aus, bezahlt es und der Baumeister erhält es für den späteren Bau. Dabei scheuen die Baumeister ihre Konkurrenten und verstecken die noch nicht gebauten Teile.
Es gibt vier Märkte, auf den Turmteile angeboten werden, einen für Basen, einen für Spitzen, einen für Mittelteile und einen für Fenster, die auch gleichzeitig Mittelteile sind. Um Türme zu bauen beziehungsweise zu erhöhen muss der Baumeister einen Einkäufer auf den Baumarkt schicken, auf dem die strenge Kleiderordnung ebenfalls gilt. Pro Teil, das verarbeitet wird, zahlt der Baumeister eine Nutzungsgebühr für den Kran. Dann errichtet der Baumeister Türme, die einigen Bauvorschriften unterliegen: So muss jeder Turm genau eine Basis und eine Spitze aufweisen und einfarbig sein. Wie viele Turmteile hingegen verbaut werden und ob nur an einem oder gleichzeitig an mehreren Türmen gearbeitet wird, ist eine Entscheidung des Baumeisters. Übrigens gibt es für errichtete Turmteile sofort das begehrte Prestige.
Ein paar weitere Einrichtungen runden die Welt von Asara ab. Im Haus der Spione kann man für eine kleine "Spende" ein Turmteil bekommen, das noch nicht auf einem der Märkte feilgeboten wird. Und wer im nächsten Jahr früh arbeiten will, sichert sich dieses Privileg beim Kalifen. Zuletzt gibt es noch die Banken. Die eine - mit Gewänderzwang - bietet viel Geld und je früher der Einkäufer kommt, je mehr erhält er. Das andere ist eine 24/7-Bank: Immer offen, ohne Vorschriften, aber auch mit nur geringem Geldnachschub.
Sind alle Einkäufer ihrem Job nachgegangen, feiern wir Silvester. Es gibt Prestige für jeden Turm und für jedes Goldteil an einem Turm. Dieses befindet sich an einigen Turmteilen und wird ohne Aufschlag direkt bei Kauf mit erworben. Dann erhält der neue Startbaumeister noch sein Frühprestige und das nächste Jahr beginnt mit neuen Einkäufern und einer finanziellen Unterstützung seitens des Landes. Das zweite, dritte und vierte Jahr ähneln dem ersten, nur werden die Türme höher und mehr.
Mit Ende des vierten Jahres kommt es nicht nur zur Prestigevergabe an Silvester, sondern auch zur Schlusswertung. Nun werden die Höhen der Türme verglichen, pro Farbe und insgesamt. Türme aus teureren Teilen bringen dabei mehr Prestige als Türme aus preiswerten Teilen. Außerdem wird die Anzahl der Türme, die jeder Baumeister errichtet hat, verglichen und auch für Sparsamkeit gibt es ein bisschen Trostprestige. Der prestigeträchtigste Baumeister ist dann der Sieger.
Der Turmbau in Asara gestaltet sich regeltechnisch einfach und spielerisch schwer: während die Regeln schnell klar und sehr eingängig sind, ist dies bei der Spielweise nicht so. Fast jedes Mal, wenn ich als Baumeister einen oder zwei meiner Einkäufer losschicke, möchte ich mehr tun als ich kann. "Gehe ich dorthin, wo schon Einkäufer sind, damit ich dort noch etwas erhalte? Oder gehe ich auf einen noch nicht besuchten Markt um die Gewänderfarbe zu bestimmen? Brauche ist nicht erst mal Geld oder besteche ich lieber, um mein Traumteil zu kaufen?" sind Fragen, die ich mir als Baumeister stelle. Egal, was ich tue, ich muss immer davon ausgehen, dass die anderen Möglichkeiten, bis ich wieder an der Reihe bin, erschöpft sind. Der hieraus resultierende Zwang erzeugt Spannung, die jedoch nicht stressig, sondern unterhaltsam ist. Dies liegt daran, dass auch dann, wenn die gewünschte Aktion nicht mehr möglich ist, sinnvolle Handlungsalternativen zur Verfügung stehen. Hier spiegelt sich klar der Anspruch ein Familienspiel zu sein wieder, weil man die Mitspieler zwar ärgern kann, jedoch die Spieler keine Rückschläge erleiden.
Dieser positiv-konstruktive Ansatz spiegelt sich in anderen kleinen Details wieder. So gibt es in den Zwischenwertungen Prestige für alle und in der Schlusswertung wird Prestige nach oben gerundet, wenn es denn geteilt werden muss. Gleichwohl sind die Wertungen so gestaltet, dass die Jahreswertungen Gewicht haben, die Spannung aber erhalten bleibt, weil bei der Schlusswertung wesentlich mehr Punkte vergeben werden. Bei alle dem scheint es zunächst so, als wäre der Turmbau beliebig, denn es gibt immer Prestige. Doch der Schein trügt. Mit ein paar Spielen erkennt man den Wert von Goldteilen und die Bedeutung von hohen oder vielen Türmen und kann gezielt auf den Prestigeerhalt spielen.
Asara bietet jedoch noch mehr. Wer möchte kann mit zwei zusätzlichen Märkten spielen, natürlich mit Gewänderzwang . Auf dem einen erhalte ich gegen Geld zwei zufällige Einkäufer. Auf dem anderen gibt es golden erleuchtete Fenster. Diese werden auf die Fensterteile gebaut und bringen bei jeder Jahreswertung Prestige. Außerdem sind die erleuchteten Fenster bei der Schlusswertung von Wert: Von zwei gleichhohen Türmen gilt der Turm als höher, der mehr erleuchtete Fenster aufweist.
Mit diesen Zusätzen gibt es mehr Möglichkeiten bei geringem Regelaufwand. Die neuen Einkäufer scheinen vor falscher Gewänderfarbe zu schützen, da sie nun "eingetauscht" werden können. In dieser Zeit jedoch reduzieren sich die Möglichkeiten auf den anderen Märkten weiter. Die erleuchteten Fenster bringen ein weiteres Konkurrenzkriterium, das dazu auch noch Prestige verspricht Jedoch dauert der Bau länger und der Wert ist oft ungewiss. Da die Auswahl bei Erwerb dazu begrenzt und zufällig ist, sind diese Fenster zwiespältig, dadurch aber wiederum auch spannend.
Die beiden zusätzlichen Märkte erhöhen die Komplexität des Spiels ohne die Spieler zu überfordern. Sie bieten Abwechslung, ermöglichen neue Taktiken und verlängern die Spieldauer. Als Option begrüße ich sie sehr, weil sie ein sehr gutes Familienspiel im Anspruch und in der Vielseitigkeit erhöhen. Wer ein gradliniges, kürzeres Spiel bevorzugt, kann diese Option weglassen, ohne dass ein Gefühl entsteht, hier fehle etwas.
Mit Asara legt Ravensburger ein Spiel im Sektor des anspruchsvollen Familienspiel vor, dass durch ganz viele Pluspunkte besticht: Positives Spielgefühl, eingängige Regeln, große Spieltiefe, angemessene Spieldauer und dies alles unterstützt von einer Top-Grafik. Solche Spiele mag ich gern rezensieren. Nur im Reisebüro schauten sie komisch, als ich eine Turmbesichtigungfahrt nach Asara buchen wollte. (wd)
Steckbrief Asara |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Wolfgang Kramer, Michael Kiesling | Ravensburger | 2 - 4 Spieler | ab 9 Jahre | 45 - 60 Minuten | Franz Vohwinkel |