Es gibt Spiele, bei denen fällt eine Rezension besonders schwer. So eine Rezension ist diese hier über Luna. Der Grund ist ganz einfach: Ich bin hier nicht neutral. Ich habe Luna bereits als Prototypen kennen gelernt und weit mehr als das, habe ich großen Einfluss auf den Titel des Spiels genommen. So entsteht eine ganz andere Bindung an ein Spiel, als wenn man ein Spiel zum ersten Mal als fertiges Produkt sieht und spielt.
Nun zum Spiel. Die Spieler übernehmen einen Orden, der der Mondpriesterin dient Ein Orden kann auf drei Wegen erfolgreich sein:
Um diese Ziele zu erreichen gibt es 14 (!) mögliche Aktionen, die der Spieler durchführen kann. Ich möchte sie hier nicht im Einzelnen vorstellen, sondern einen Überblick über den Spielaufbau- und ablauf geben.
Die Welt Lunas besteht aus einer großen Insel, auf der sich der Tempel befindet. In ihm hält sich von jedem Orden ein Novize auf, der damit beschäftigt, ein Buch zu lesen. Um diese Insel herum befinden sich sieben weitere Inseln, die jede eine andere Besonderheit aufweisen, nämlich die Gunst, die dort gewährt wird. Zunächst besitzt jeder Spieler auf einer Insel eine Kultstätte, auf vier Inseln je ein Novizenpärchen sowie die beiden Günste der letzten beiden Inseln.
Das Spiel geht über sechs Durchgänge. Die Spieler können sich zwischen den Inseln bewegen, Günste erwerben, Kultstätten bauen sowie geweiht werden und damit in den Tempel entsendet werden und vieles mehr. Bei den meisten Aktionen werden zwei Novizen benötigt um die Aktion durchzuführen, z. B. können zwei Novizen missionieren und so einen dritten Novizen anwerben. Nachdem die Novizen eine Aktion durchgeführt haben, sind sie erschöpft und werden inaktiv. Dies bedeutet, sie können in diesem Durchgang keine weitere Aktion mehr tätigen.
Schauen wir uns einmal an, wie ein Orden erfolgreich ist, d. h. wie er Siegpunkte, die hier Einfluss heißen, bekommen kann. Der einfachste Weg ist das Errichten von Kultstätten. Auf einer der Inseln befindet sich der Baumeister, der für jeden Durchgang die Insel wechselt. Wer Steine besitzt, die es auf einer Insel als Gunst gibt, kann hier mit zwei Novizen eine Kultstätte errichten. Sie bringt nicht nur Einfluss, sondern ersetzt in einigen Fällen auch den zweiten Novizen, der für viele Aktionen benötigt wird.
Der nächste Weg ist die Teilnahme an den Zeremonien der Mondpriesterin Luna. Die Priesterin wandert zwischen den Inseln wie der Baumeister. Wer am Ende jedes Durchgangs die meisten noch nicht erschöpften Novizen bei ihr hat, wobei eine Kultstätte zusätzliche Kraft gibt, erhält viel Einfluss. Wer immerhin noch an der Zeremonie teilnimmt, erhält meist noch etwas Einfluss.
Der dritte Weg in die Entsendung in den Tempel, die in zwei Schritten vollzogen wird. Je früher die Entsendung stattfindet, je mehr Einfluss erhält der Spieler. Dabei kann ein neuer Novize im Tempel andere verdrängen, sofern er mächtiger ist. Dafür gibt es dann noch einmal zusätzlichen Einfluss.
Ein Durchgang wird dadurch beendet, dass die Spieler die Zeit verrinnen lassen. Nach jedem Durchgang gibt es nicht nur den Einfluss für die Teilnahme an Zeremonien und für die Novizen im Tempel. Außerdem gibt es Abzüge wenn sich Novizen des eigenen Ordens mit dem Abtrünnigen eingelassen haben. Er ist eine weitere Figur, die sich über die Inseln bewegt.
Wenn dies alles recht wirr und komplex klingt, so gibt das sehr gut den Eindruck wieder, den ein Spieler erhält, wenn er das erste Mal mit Luna konfrontiert wird. Die hohe Anzahl der Aktionen erschreckt die meisten Spieler und auch mein erster Gedanke war. "Wie soll ich das alles behalten, gar verstehen und sogar sinnvoll anwenden?" Dies legt sich, sobald man den ersten Durchgang gespielt hat. Dies geschieht zunächst nicht sehr zielstrebig, sondern erfolgt aus dem Bauch heraus. Mit einen tieferen Verständnis der Aktionen lässt sich dann auch zielstrebig agieren und man setzt Prioritäten bezüglich der diversen Möglichkeiten um an Einfluss zu gelangen.
Luna ist ohne jeden Zweifel ein Spielerspiel, denn die Menge an Regeln und Möglichkeiten sind für den ungeübten Spieler weder schnell zu begreifen noch taktisch zu überschauen. Wer jedoch die Möglichkeiten einmal verinnerlicht hat, bekommt ein Spielerspiel, das Herkömmliches mit Ungewöhnlichem verbindet. Herkömmlich ist die Ermittlung des Siegers. Es gibt viele Möglichkeiten, Siegpunkte zu bekommen und sie entscheiden dann über den Sieg. Auch der bisher noch nicht erwähnte Priesterrat als Tie Breaker ist etwas, das wir bereits aus anderen Spielen, wie Stefan Felds Macao, kennen.
Ungewöhnlich hingegen sind vor allem der Zugmechanismus und das Ende eines jeden Durchgangs. Bei Luna müssen die Novizen ständig die Plätze wechseln, damit der Spieler erfolgreich sein kann. Dies erzwingt immer wieder Anpassungen an die Situation und erfordert im Rahmen der gewählten Strategie eine taktische Feinjustierung. Da die Möglichkeiten durch die Platzierung der eigenen Novizen begrenzt sind und die Ausführung einer einzelnen Aktion sehr schnell geht, erhält sich der Spielfluss, obwohl es sehr viele unterschiedliche Aktionsmöglichkeiten gibt.
Was aber gänzlich andere Überlegungen erfordert ist das Ende eines Durchgangs. Dazu müssen vier, im Spiel zu zweit drei Zeitmarken umgedreht werden. Dies geschieht mit einer Meditation genannten Aktion, zu der nicht einmal ein Novize benötigt wird. Durch sie kann ein Durchgang schnell beendet werden und ein Spieler, der noch viele Aktionen plante, wird an deren Durchführung gehindert.
Wer ein Spielerspiel sucht, das nicht mit im Mittelalter spielt, keine Rohstoffgewinnung enthält, bei dem fast keine Gebäude errichtet werden und das einmal eine ganz andere Thematik aufweist, findet in Luna eine Alternative. Zu Bedenken gibt es vor allem die sehr hohe Einstiegshürde, denn die Menge an möglichen Aktionen hat bisher noch jeden noch so eingefleischten Spieler erschlagen. Nur wer genügend Mitspieler hat, die bereit sind, diese Einstiegshürde zu überwinden, wird das Spiel genießen können. (wd)
Steckbrief Luna |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Stefan Feld | H@ll Games | 1 - 4 Spieler | ab 12 Jahre | 25 - 100 Minuten | Klemens Franz |