Revolutionszeiten sind unübersichtlich. Und ehe man es sich versieht, kommt man unter die Räder oder verliert den Kopf. Man denke nur an die Französische Revolution von 1789. Da ist es gut, im Hintergrund zu bleiben und wie seinerzeit Napoleon auf seine Stunde des Aufstiegs zu warten. Im neuen Spiel "Revolution!" geht es genau darum.
Die Spieler versuchen, durch Zwang, Erpressung und Bestechung ihre Machtposition für die Zeit nach einer Revolution zu stärken. In "Revolution!" üben sie über einen Bietmechanismus Einfluss aus und kämpfen um Mehrheiten von Gefolgsleuten in verschieden großen Bereichen des staatlichen Machtzentrums. Während der Spielrunden können sie Siegpunkte erhalten, am Ende gibt es noch einmal Punkte für die Mehrheiten: Je größer der Bereich ist, den man kontrolliert, desto mehr Vorteil kann man daraus ziehen.
Den Spielern stehen drei unterschiedliche Arten von Bietmarken zur Verfügung. Stärkstes Einflussmittel ist der Zwang, gefolgt von Erpressung und zuletzt Geld. Eine Runde beginnt mit der eingehenden Begutachtung des gegnerischen Potentials ("Spionieren"). Dann setzen alle ihre verfügbaren Bietmarker sie verdeckt und in beliebiger Auswahl auf höchstens sechs Personen, deren Unterstützung sie gewinnen möchten. Auf einer Biettafel gibt es davon zwölf verschiedene. Die meisten unter ihnen erlauben, einen Gefolgsmann in einen Bereich des Spielbretts zu stellen. Zusätzliche Boni sind Siegpunkte und - besonders wichtig - neue Bietmarker für die Folgerunde. Während vor allem die Militärs nicht gezwungen werden können, sind andere nicht erpressbar. "Gauner" (gibt zwei Erpressungsmarker) und "Söldner" (gibt einen Zwangmarker und drei Siegpunkte) sind die einzigen, die nur mit Geld gefügig gemacht werden können. Die besondere Aufmerksamkeit geborener Intriganten verdienen zwei Personen: Der "Spion" erlaubt dem Spieler, der das Höchstgebot abgibt, den Gefolgsmann eines Gegners gegen einen eigenen aus dem Vorrat auszutauschen. Mithilfe der "Apothekerin" darf man zwei beliebige Gefolgsleute miteinander austauschen.
In der Auswertungsphase werden die Biettafeln offengelegt und die Gebote miteinander verglichen. Dabei gibt es eine einfache Regel: Zwang schlägt immer Erpressung, Zwang und/oder Erpressung immer Geld. In den einzelnen Kategorien entscheidet darüber hinaus die Anzahl der einzelnen Bietmarken (also schlagen z. B. zwei Zwangmarker einen Zwangmarker). Bei Gleichständen kann keiner der Kontrahenten die Person für sich nutzen. Alle Spieler verlieren darüber hinaus die eingesetzten Marker. Deshalb sollte man auch solche Leute beeinflussen, die neue Bietmarker bescheren. Wer nach der Auswertung allerdings weniger als fünf besitzt, erhält durch "Spenden" einen Ausgleich in Form von Gold, bis er insgesamt wieder fünf Marker hat.
Das Spielende ist erreicht, wenn alle Felder auf dem Spielbrett mit Gefolgsleuten besetzt sind. Jeder Spieler erhält nun die Unterstützungspunkte für die von ihm kontrollierten Bereiche. Auch hier gehen bei Gleichstand alle beteiligten Spieler leer aus. Die in der letzten Runde gewonnenen Bietmarken bringen weitere Siegpunkte.
Der Autor bietet drei optionale Regeln für "Revolution!" an, die eher als Varianten zu betrachten sind. Bei der Option "Gebotserstattung" muss nur der Höchstbietende seinen Einsatz in den Vorrat geben, die übrigen erhalten ihre Marker zurück. Die optionale Regel "Bereichsbonus" sieht vor, dass ein Bereich für einen Spieler sicher ist, wenn er alle Felder dieses Abschnitts mit seinen Gefolgsleuten besetzt hat. Drittens können sich die Spieler für die Variante "Abmachungen" entscheiden, bei denen Verhandlungen geführt werden können, deren Ergebnisse jedoch nicht bindend sind. Das Problem, dass solche Abmachungen geheim bleiben müssen, wenn nicht andere daraus Kapital schlagen sollen, wird jedoch nicht thematisiert.
"Revolution!" ist mit seinen eingängigen Regeln und der durchschnittlichen Spieltiefe eher leichte Kost auf dem aktuellen Spielemarkt, auch wenn das Design mit seinen Anklängen an die Illustrationen der Neuauflage von "Junta" in demselben Verlag anderes suggerieren mag. Vor allem in dem ersten Drittel erscheinen die Spielzüge zunächst noch recht beliebig, aber diese Unübersichtlichkeit ist ja für Revolutionen nicht untypisch. Im weiteren Fortgang wird es allerdings zunehmend wichtig, bestimmte Personen in den Dienst zu nehmen. Wird man mehrmals überboten und verliert dazu noch seinen Einsatz, kann sich ob dieser Unberechenbarkeiten Frust einstellen, zumal, wenn ein Konkurrent uneinholbar führt oder sich wiederholt die Unterstützung von "Spion" und "Apothekerin" sichern konnte.
Bei "Revolution!" ist Psychologie gefragt. Es gilt abzuschätzen, auf welche Bereiche die Mitspieler kalkulieren und wie man am besten dazwischenfunken kann. "Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst" (J. Werding) könnte daher als Motto über dem Spiel stehen. Interessanterweise fanden vor allem solche Spieler Gefallen an "Revolution!", die auch Schätzspiele mögen. Ausgemachte Strategen und Planungsfreaks dagegen konnten dem Spiel in seiner Basisversion kaum etwas abgewinnen. Vielspielern seien daher die beiden Varianten "Gebotserstattung" und "Bereichsbonus" ans Herz gelegt. Die erstere mindert Frustsituationen und hält das Rennen offen, während die letztere den Kampf um die Bereiche spannend macht und die interaktive Komponente stärkt. Die Spieldauer kann sich dadurch jedoch ein wenig ziehen.
Unter dem Strich ergibt sich, dass mit "Revolution!" ein passables Spiel vorliegt, das durchaus zu unterhalten weiß, wenn die Spielgruppe sich auf unplanbare Ereignisse einlassen kann. Dann löst es zwar immer noch keine Begeisterungsstürme aus, doch besteht kein Zweifel daran, dass die Mechanismen ohne Fehl und Tadel sind. Eine revolutionäre Spielidee darf man allerdings nicht erwarten. (thb)
Steckbrief Revolution |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Philip duBarry | Pegasus | 3 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | 45 - 60 Minuten | Hans Georg Schneider |