Bald haben wir den kürzesten Tag im Jahr1. Das Wetter ist ungemütlich und die Temperaturen niedrig. Wer träumt zu dieser Zeit nicht von einem Urlaub - vielleicht in der Karibik oder in Ägypten oder auf den Malediven? Da werden die Kataloge gewälzt und die Ressorts begutachtet, nach Unterkunft und Animation, nach Attraktionen und Lage. Genau hierhin begeben wir uns für Sun, Sea & Sand mit einem leichten Unterschied zu den Katalogen: Wir sind auf der anderen Seite des Tourismus: Wir stellen die Betten und Attraktionen bereit.
Der Anfang ist dabei gar nicht so leicht, denn wir sind Besitzer eines kleinen Gebiets geworden. Es hat ein wenig Grün, eine immerhin schon fertig gepflasterte Terrasse, einen schönen weißen Strand sowie einen Zugang zum klaren, blauen Meer. Um jedoch Touristen anzulocken, fehlen sowohl die Unterkünfte als auch die Attraktionen, von Kleinigkeiten wie Hinweisschildern und Shuttle-Diensten wollen wir hier erst gar nicht sprechen.
Doch zum Glück besitzen wir etwas Geld und hilfreiche Familienmitglieder. Diese werden uns helfen, aus unserem unbebauten Land das schönste Urlaubsparadies der Welt - na ja vielleicht auch nur unserer Spielrunde - zu erschaffen. Drei Mitglieder stehen mit Axt und Säge bereit, zwei weitere werden nächste Woche eintreffen. Das bringt mich zum Thema Zeit. Wie die Ferienzeit so ist, dauert sie nicht lange, in unserem Fall acht Wochen. Diese Zeit muss nun genutzt werden, um das Ressort auszubauen. Zeitgleich müssen aber schon Touristen, angelockt werden, denn nur diese bringen das Geld, das für den weiteren Ausbau benötigt wird.
Beobachten wir einmal das Treiben in einem Ressort. Zu Beginn der Woche werden die Aufgaben an die Familienmitglieder verteilt. Wer das Ressort verschönert, benötigt dazu Zeit und Geld:
Um Touristen anzulocken, ist ein Shuttle-Service vom Landesteg hilfreich. Ein Familienmitglied kann bis zu vier Touristen einsammeln und ins Ressort bringen -vorausgesetzt, es gibt eine frei e Unterkunft. Um auch zukünftig eine gute Auslastung zu gewährleisten, können auch Reservierungen vorgenommen werden. Leider funktioniert das Buchungssystem nicht und ein Familienmitglied muss bis zur Ankunft im Hafen verweilen.
Mit Fortschreiten der Woche kommen Rucksacktouristen. Sie wandern umher und entscheiden sich eventuell für eine der Unterkünfte. Sie werden vor allem durch Schilder auf ein Ressort aufmerksam. Am Ende der Woche gibt es dann Bares: Jeder Tourist bezahlt seine Unterkunft und wer in der Bar verweilt, muss auch die dortige Rechnung begleichen - Vollpension ja, aber kein "All Inclusive". Dann ist Abreisetag. Jeder Tourist hat eine Vorliebe: Manche bevorzugen das Wasser, andere liegen lieber am Strand und wieder andere schätzen die einheimische Gastronomie. Touristen, für die es keine Attraktionen gemäß ihrer Vorliebe gibt, reisen ab. Die anderen bleiben bei der nächsten Attraktion hängen und buchen so eine Verlängerungswoche.
Nach acht Wochen ist die Ferienzeit vorüber. Die letzten Gäste genießen das Ambiente und wir schreiten zur Schlussabrechnung. Dabei ist Geld unwichtig, denn wir schauen in die Zukunft und das beste Ressort gewinnt. Entscheidend hierbei sind vor allem die Attraktionen, aber auch die am Ende der Ferien anwesenden Touristen und ein wenig tragen die Hinweisschilder zum Erfolg bei. Zuletzt, und das nicht ganz unerheblich, wird belohnt, wer naturbelassene Landschaft gut in sein Ressort integriert hat.
Wir haben es hier mit einem sehr thematischen Spiel zu tun. Wer jemals in einem dieser Urlaubsressorts war, kann sich die einzelnen Aktivitäten sehr gut vorstellen. Dabei verzeiht man leicht die Kompromisse, die das Spiel zugunsten der Mechanik und entgegen der Realität machen muss. So sind zum Beispiel sämtliche Bauten mit Beginn der Arbeit bereits nutzbar.
Durch das Thema und dessen Umsetzung ist es leicht, sich die möglichen Aktionen der Familienmitglieder zu merken und durchzuführen. Sie muten zunächst schwierig an, sind doch mit Zeit und Geld zwei Ressourcen zu beachten. Dabei wird im Spiel auf die Dauer, die eine Aktion benötigt, wenig geachtet. Das Geld spielt hier die Hauptrolle, weil es fast nie für alle Wünsche und Ideen zur Gestaltung des Ressorts ausreicht. So wird die scheinbare Komplexität auf eine reale reduziert.
Das Spiel ändert sich sehr deutlich bei unterschiedlicher Spielerzahl. Dies liegt an den zur Verfügung stehenden Attraktionen und ankommenden Touristen. Bei den Attraktionen gibt es immer eine weniger als Spieler teilnehmen. So steht eine Attraktion bei fünf Spielern für 80 % der Spieler bereit, bei zwei Spielern gerade mal für die Hälfte, also 50%. Bei den Touristen gibt es pro Spieler zwei Bootsplätze, an denen sich null bis vier Touristen befinden können.
In einer großen Runde entsteht der Wettbewerb über das Timing, wann jeweils die Touristen vom Boot abgeholt werden und über die Preissteigerungen bei den Attraktionen. Beides sichert ausreichend Interaktion. Diese ist im Wesentlichen konstruktiv, weil in großer Runde der eigne Fortschritt wichtiger ist als die Behinderung einzelner Mitspieler.
Sinkt die Mitspielerzahl auf zwei, ändert sich die Mentalität des Spiels total. Nun wird die Behinderung des Mitspielers zum sofortigen eigenen Vorteil. Da es jede Attraktion nur einmal gibt, ist das Bauen einer Attraktion, die dem Mitspieler besonders hilft, ein beliebtes Mittel. Ähnlich lässt sich auch mit den Touristen verfahren. Das Spiel wird destruktiver und härter. Außerdem gibt es weniger Optionen bei jeder Entscheidung, weil nach kurzer Zeit die preiswerten Attraktionen ausverkauft sind.
Das Spiel zu zweit liegt mir nicht, einmal wegen der Aggressivität, aber auch wegen der geringeren Entscheidungsmöglichkeiten. Hingegen kann ich das Spiel wärmstens für vier und fünf Spieler empfehlen. Man benötigt pro Spieler ungefähr eine Viertelstunde und es ist mir die gute Stunde wert. Auch stellt das Spiel, das ohne jeden Zufallsfaktor auskommt, immer wieder eine neu Herausforderung, weil jedes Mal andere Boote und damit andere Touristen anreisen. (wd)
1 Die Rezension wurde am 18.12.2010 veröffentlicht.
Steckbrief Sun, Sea & Sand |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Corné van Moorsel | Cwali | 2 - 5 Spieler | ab 10 Jahre | ca. 60 Minuten | Christof Tisch |