Wir kennen sie, diese Fahrradkurier, die sich zwischen Autos und engen Gassen hindurch schlängeln, damit sie ihre Lieferung schneller als jedes Auto an ihren Bestimmungsort bringen. Diese Kuriere sind der Hintergrund für ein Radrennen.
Die Kuriere treten in Teams aus drei oder vier Fahrern an. Sie treffen sich auf einem Parkplatz. Dichtgedrängt stehen sie dort und warten auf den Start eines einmaligen Rennens. Und dieser Start geht einfach vor sich: Einmal Würfeln, Fahrer setzen, Feld auswerten. So beginnt es, so geht es weiter. Doch etwas mehr steckt dahinter.
Bevor wir uns das Würfeln näher ansehen, schauen wir auf die Straßenbeläge. Auf vielen Feldern befindet sich nichts und genau das passiert hier dann. Auf anderen Feldern ist eine Dose abgebildet. Sie enthält einen Vitamindrink und der Fahrer, der auf dem Feld landet, bekommt sie. Außerdem gibt es Gullideckel. Die sind unangenehm, kosten sie entweder einen Vitamindrink oder schicken einen Fahrer ein Stück weit zurück. Mehr als diese drei Feldertypen gibt es im Rennen nicht, von den Zielfeldern, auf die ich später komme, einmal abgesehen.
Und wie fahren meine Fahrer? Indem ich würfel. Dabei gibt es zwei Wege:
Der erste beschreibt die Alleinfahrt: Ich würfel mit meinem Teamwürfel - jedes Team hat einen - und wähle den Fahrer, der die gewürfelte Anzahl von Feldern vorwärts zieht. Für einen Vitamindrink bekomme ich noch einen neutralen Würfel. Dann kann ich zwischen den Ergebnisse beider Würfel wählen. Wenn ich dann so fahre, können alle Fahrer, die auf dem gleichen Feld standen, im Windschatten mitfahren, und die Kosten? Ein Vitamindrink. Will ich das vermeiden oder besonders schnell fahren, nehme ich zwei Vitamindrinks. Dann darf ich die Augen der beiden Würfel, des neutralen und meines Teamwürfels, auch addieren und keiner darf mitfahren.
Ich kann aber auch in einem Pulk fahren. Dazu bestimme ich ein Feld, auf dem mein Fahrer mit Kollegen aus anderen Teams zusammen steht. Dann würfel ich mit den Teamwürfeln aller beteiligten Fahrer und wähle einen aus. Ist es mein eigener, wirkt es wie eine Alleinfahrt. Ist es der Würfel eines anderen Teams muss der Fahrer des Teams mit mir Fahren. Da macht er Strecke im fremden Zug, aber Vitamindrinks bekommen immer nur die Fahrer des Spielers der am Zug ist. Gullideckel wirken hingegen immer. Auf beim Pulk kann ich einen neutralen Würfel für einen Vitamindrink bekommen und ebenso können weitere Fahrer im Windschatten folgen.
Bis hier hin ist Velo City ein taktisches Würfelspiel. Es weist Licht und Schatten auf: Licht, weil es ein lockeres Würfelspiel ist, bei dem man dem Würfelglück nur begrenzt ausgeliefert ist. Schatten, weil die ewige Abfrage nach Windschattenfahren das Spiel in die Länge zieht und leicht dazu führt, dass man den Überblick verliert, wer nun wann am Zug ist. Dazu kommt eine große Bandbreite in der Spielerzahl. In der Mitte fährt es sich wie geschmiert, doch bei zu wenigen Teams kommt es mangels fehlender größerer Pulks selten zu Teamfahrten und bei zu großer Spielerzahl zieht sich das Rennen.
Irgendwann kommt das Ziel näher. Einfahren ist einfach: Ein Fahrer muss nur die Ziellinie überschreiten und gelangt sofort auf das vordersten Zielfeld. Bei der Einfahrt kann man keinen Würfel fremder Teams nutzen und diese dürfen im Gegenzug nicht im Windschatten fahren. Gewonnen hat, wer zuerst drei Fahrer im Ziel hat. Gelingt das keinem Team, wird das Siegerteam aus denen bestimmt, die zwei Fahrer im Ziel haben. Es gewinnt von denen das Team, dessen Fahrer als letzter über die Ziellinie fuhr.
Natürlich muss man bei drei Spielern drei Fahrer ins Ziel bringen und auch bei vier Spielern mag es gelingen. Spätestens ab fünf Teams wird das schwerer und bei sechs oder sieben kommt es so gut wie nie vor. Dann wird der erste Fahrer ins Ziel gebracht und die zweiten Fahrer eines jeden Teams warten direkt vor der Ziellinie. Da stehen die Kuriere dann, winken ihren Kunden mit der Ware, weil offensichtlich keine Express-Lieferung bezahlt wurde. Da stehen sie dann für Runden, spielen ein Spiel im Spiel, das wir als Beamtenmikado kennen. Das geht so lange, bis ein Spieler die Nerven verliert und ins Ziel fährt. Die folgenden Spieler fahren dann ebenfalls ein und wer an der richtigen Position sitzt, gewinnt.
Leidet das Spiel bei kleiner Spielerzahl an geringer Action, so leidet es ab fünf Spielern unter der Gewinnregel. Keiner meiner Mitspieler, der einmal das Beamtenmikado mitgemacht hatte, war zu einer weiteren Wettfahrt bereit. Ich kann das sehr gut verstehen. Die Spielmechanik macht das Spiel nicht nur langatmig, sie passt auch nicht zum Thema. Dabei wäre es so einfach gewesen, das Wettrennen als Wettrennen enden zu lassen: Wer alle außer einem Fahrer im Ziel hat, ist Sieger. Doch so ist es nun mal nicht, stattdessen wurde die Chance auf ein gutes taktisches Würfelspiel vertan. (wd)
Steckbrief Velo City |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Kevin G. Nunn | Abacusspiele | 3 - 7 Spieler | ab 8 Jahre | ca. 45 Minuten | Harald Lieske |