Ich darf mich kurz vorstellen, mein Name tut nichts zur Sache, denn ich bin Schmuggler. Was darf es sein? Uran, Elfenbein oder Waffen? Oder ganz ordinär Zigarren und Alkohol. Ich schmuggle Ihnen alles. Woher? Panama oder Hongkong oder New York? Das tut nichts zur Sache. Und dass unser Hauptquartier in Macao liegt, behalte ich auch besser für mich.
Ich habe, wie jeder andere Spieler, zunächst drei Frachtschiffe sowie sieben Münzen. In verschiedenen Orten wird Schmuggelware angeboten. Die Orte hängen von der Größe der Konkurrenz ab. Zunächst entsende ich die Schiffe. Die Schmuggelware wird pro Ort in Paketen angeboten. Entsende ich ein Schiff dorthin, muss ich mindestens ein Gebot von einer Münze abgeben. Damit erhebe ich einen Anspruch auf die Schmuggelware. Hat bereits ein Konkurrent ein Angebot abgegeben, so muss ich ihn überbieten; ansonsten darf ich die Stadt nicht anfahren. Anders sieht es in Macao aus: Hier befindet sich der Schwarzmarkt und das Casino. Hier gibt es keine Konkurrenz
Nachdem ich und meine Konkurrenten losgeschippert sind, agieren wir an den angelaufenen Orten. Schmuggelware erhalte ich, wenn ich nicht überboten worden bin. Die gebotenen Münzen sind weg; dafür kommt die Ware in mein auf sechs Waren begrenztes Lager. Für jedes Schiff am Casino von Macao erhalte ich zwei neue Münzen und auf dem Schwarzmarkt erhalte ich entweder eine zufällige Schmuggelware oder aber kann eine Schmuggelware aus meinem Lager gegen eine der acht Waren auf dem Schwarzmarkt tauschen.
Die Waren, die ich dann im Lager habe, kann ich für Unterstützung und für Prestigeobjekte eintauschen. Dabei muss ich Pakete aus gleichen Waren oder alles unterschiedlichen Waren schnüren. Gleiche Waren sind bei gleicher Anzahl mehr wert als unterschiedliche Waren, aber auch deutlich schwerer zu bekommen. Mit dem Wert kann ich weitere Frachtschiffe erwerben, mein Warenlager ausbauen, Unterstützung vom Syndikat erhalten oder einfach Prestigeobjekte erwerben. Alles, was mir einen Spielvorteil verschafft, kostet im Wert mehr als es Prestige bringt. Preiswerte Prestigeobjekte weisen Prestige in Höhe ihrer Kosten auf, während die exklusiven Objekte mehr Prestige bringen als sie an Wert kosten.
Nach dem Kauf lasse ich meine Schiffe wieder losfahren. Das geschieht wie zu Beginn. Noch ein Wort zum Überbieten: Kann oder will ich einen Konkurrenten nicht überbieten, ziehe ich mein Schiff samt den gebotenen Münzen aus dem Ort ab. Besitze ich ein Syndikat, erhalte ich dafür zwei Münzen. Allerdings darf ich den Ort in der laufenden Spielrunde nicht mehr anfahren.
Das Spiel endet nach 10 beziehungsweise 11 Runden. In der letzten Runde dürfen auch die Münzen zum Kauf von Prestigeobjekten genutzt werden. Wer dann in Summe das größte Prestige aufweist, ist Sieger. Bei Gleichstand entscheidet das wertvollste Prestigeobjekt.
Was ich hier beschrieben habe, klingt nach einem lockeren Bietspiel, zumindest war dies meine Erwartung. Da eine begrenzte Rundenanzahl gespielt wird, war mir von vornherein klar, dass ständiges Überbieten nur hinderlich sei und eine konstruktive Spielweise gefördert würde. Im Großen und Ganzen stimmt das auch so, aber der Funke zündete bei dem Spiel weder bei mir noch bei meinen Mitspielern.
Dafür gibt es viele Gründe: Es beginnt beim Thema, das viel Spannung verspricht. Obwohl es zeichnerisch hervorragen umgesetzt ist, kommt zu keinem Zeitpunkt ein Feeling dafür auf. Die Waren sind beliebig austauschbar und hätten statt Schmuggelware auch Früchte sein können. Die Orte werden nur über Namen identifiziert und niemals befinde ich mich wirklich an diesen exotischen Plätzen.
Das wäre noch verkraftbar, wäre der Ablauf spannend. Leider dauert es schon gefühlt lange bis man den ersten Kauf tätigen kann. Mit der ersten Unterstützung kann man zwar mehr agieren, dadurch dauern jedoch die einzelnen Spielzüge länger. Zwischen der sechsten bis achten Runde fängt das Spiel sich an zu ziehen, was sich bis zum Ende auch nicht mehr ändert. Dazu schürt das Spiel Neid: Habe ich kein Syndikat, kommen die anderen leichter an Münzen. Habe ich kein Warenlager, kann die Konkurrenz besser Schmuggelware sammeln und habe ich nur drei Frachtschiffe, haben die Mitspieler viel mehr Aktionen. Dieses Spiel fördert sehr stark den neidvollen Blick auf die Konkurrenz statt auf die eignen Vorteile. Entsprechend negativ ist das Spielgefühl, weil ich durchgängig das Gefühl habe, den anderen Spielern ginge es besser.
Dieses negative Spielgefühl wird dann durch die Schlussrunde verstärkt. Wer vorne in der Startreihenfolge sitzt, muss sich überlegen, ob er Münzen zum Kauf nutzt oder die Konkurrenz überbietet und damit Waren auf dem Spielplan belässt. Wer hinten sitzt, kann nichts mehr entscheiden und bekommt entweder die Waren oder aber seine Münzen zurück. Das ist unbefriedigend.
Zuletzt kommt noch hinzu, dass es bei aufmerksamen Mitspielern nicht möglich ist, große Mengen gleicher Waren anzuhäufen. Ist dies einmal erkannt, sammelt man bevorzugt verschiedenen Waren. Damit unterscheiden sich Waren nur noch in solche, die ich besitze und solche die ich nicht habe. Zu viele Waren haben dann für mich den gleichen Wert.
Trotz der massiven Kritik ist Cargo Noir kein schlechtes Spiel, sondern ein durchschnittliches. Die Spielmechanik funktioniert tadellos, die Vorteile der Unterstützungen sind ausgewogen und zumindest bei kleiner Besetzung ist die kuriose Schlussrunde nicht entscheidend. Allein ein positives Spielgefühl will sich nicht einstellen und das ist in einem sehr starken Jahrgang doch ein großes Handicap für ein Spiel. (wd)
Steckbrief Cargo Noir |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Serge Laget | Days of Wonder | 2 - 5 Spieler | ab 8 Jahre | 30 - 90 Minuten | Miguel Coimbra |