TrajanTrajan

Die ganze Welt liegt dem antiken Rom zu Füßen. Hier ist der Nabel der Welt, von hier aus erreicht die staatliche Macht auch den entlegensten Bereich der römischen Provinzen im Nordwesten Europas. So jedenfalls suggeriert es die perspektivische Landkarte auf dem Spielplan von Trajan, dem neuen Spiel von Stefan Feld, das im neu gegründeten "Ammonit"-Verlag erschienen ist. Tatsächlich hat das römische Weltreich unter Kaiser Trajan (53-117 n. Chr.) seine größte Ausdehnung erreicht. Eine passende thematische Einkleidung für ein Spiel, in dem die Mitspieler um Macht und Einfluss in Form von Siegpunkten streiten.

Der Spielplan und ein Spielertableau mit Kalaha-MechnismusTrajan geht über vier Quartale, die wiederum in vier unterschiedlich lange Runden zerfallen. Während eines Quartals wird dreimal jeweils ein Bedarfsplättchen aufgedeckt, das anzeigt, welche Bedürfnisse das Volk hat (Brot, Spiele oder Religion). Diese müssen die Spieler am Quartalsende befriedigen, wollen sie nicht Maluspunkte einfahren. In der Zwischenzeit stehen ihnen in ihren Zügen sechs Aktionen zur Auswahl, mit deren Hilfe sie die notwendigen Vorbereitungen treffen, vor allem aber ihr Siegpunktkonto aufbessern können. Die vielfältigen Details können in dieser Rezension nur angedeutet werden: Die Spieler haben z. B. die Möglichkeit, auf dem Forum einzukaufen, den Kaiser militärisch zu unterstützen, im Senat um Stimmen für die kommende Konsulswahl zu werben, sich an lukrativen Bauprojekten in Rom zu beteiligen, im Hafen Handel zu treiben oder sich in Form von Trajanplättchen zukünftige Vorteile zu sichern.
Herzstück der Spielmechanik ist der sog. Aktionskreis, dessen sechs grafisch angedeutete Mulden zwölf Aktionssteine in sechs Farben aufnehmen. Zunächst stehen je zwei in beliebiger Verteilung auf den Mulden. Wer am Zug ist, muss sich in Anlehnung an die Regeln des Kalaha-Spiels (einem Mitglied der weit verzweigten "Mancala"-Familie mit Wurzeln in Nordafrika) für eine Ausgangsmulde entscheiden, die Steine aufnehmen und dann im Uhrzeigersinn je einen Stein pro Feld absetzen. Das letzte erreichte Feld ist die Zielmulde, deren Aktion man nun ausführen darf. Liegt an dieser Mulde ein Trajanplättchen mit Farben, die sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Feld befinden, führt man an erster Stelle jedoch die Trajanaktion aus, die z. B. das zusätzliche Einsetzen von Legionären oder Bauarbeitern ermöglicht und immer mit dem Zugewinn von Siegpunkten verbunden ist. Wichtig ist auch die Anzahl der verwendeten Aktionssteine: pro Stein wandert nämlich der Zeitmarker der Runde ein Feld weiter, d. h., dass die Rundenlänge von der Anzahl der jeweils bewegten Steine (das können schon einmal bis zu neun sein) beeinflusst wird. Mannigfaltig sind die Wege zur Macht in Rom: Siegpunkte erhält man z. B. durch den Einsatz von Soldaten, das Verschiffen von Waren für Bauwerke oder für Fortschritte im Senat. Am Spielende kann es dann noch Boni z. B. für spezielle gesammelte Warenkarten oder Bedarfsplättchen geben.

AktionsplättchenUm die Siegpunkte möglichst effektiv zu sammeln, bieten sich auf dem Forum Zusatzaktionsplättchen an. Im besten Fall erlauben diese dem Spieler zusammen mit den Vorteilen der Trajanplättchen, komplexe Ziele in nur einem Zug zu verwirklichen. Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass man die Verteilung der Steine auf die Mulden vorausschauend plant. Dabei sorgt das ständige Dilemma von tatsächlicher Zugmöglichkeit und gewünschter Aktion für Spannung. Hin und wieder kann es auch vorkommen, dass man zunächst weniger lukrative Züge machen muss, um in einer der Folgerunden in Schlagweite zu sein.

SpielmaterialTrajan ist ein typisches Stefan-Feld-Spiel, das von einem runden Mechanismus und einer Breite an Möglichkeiten, Siegpunkte zu generieren, geprägt ist. Parallelen zu "Die Burgen von Burgund", dem letzten Erfolgsspiel des Autors, drängen sich auf: Hier wie dort wird Varianz großgeschrieben. Aus meiner Sicht ist jedoch Trajan noch besser als sein durchaus geschätzter Vorgänger. Das liegt nicht nur an der stattlichen und über jeden Zweifel erhabenen Ausstattung des "Ammonit"-Spiels, das auch über eine klar strukturierte Regel verfügt. Viel mehr noch sorgen der Aktionskreis mit seiner stets kniffligen und spannenden Optimierungsaufgabe sowie die damit verbundene Möglichkeit, die Runden zu Ungunsten der Mitspieler frühzeitig zu schließen, für Pepp. Die Konkurrenz um lukrative Bauplätze oder Provinzen kann die Anpassung der eigenen Siegpunktstrategie notwendig machen und zu gezielten Gegenaktionen herausfordern.

SchiffTrajan besitzt gewiss eine Einstiegshürde, die mit der Vielzahl der Aktionen und der Wege, Siegpunkte zu erzeugen, zusammenhängt. Daher empfehle ich, die umfangreichen Möglichkeiten des Spiels zunächst in einer Zweierpartie kennenzulernen. In dieser Besetzung macht Trajan schon viel Spaß, aber so richtig spannend sind dann die Partien zu dritt oder viert. Die Zusammenhänge werden spätestens beim zweiten Mal voll verstanden und stellen somit kein Problem dar. Und bei erfahrenen Spielern wird eine Partie zu viert kaum länger als eineinhalb Stunden dauern. Es zeugt von dem Erfindungsgeist des Autors, dass er das klassische Prinzip wie das Einsetzen von Steinen nach den Regeln des "Kalaha" auf pfiffige Weise in das Spieldesign eingebunden hat. Dass Trajan aus diesem Grund andauernd seinen Reiz behält, macht es in diesem Herbst zu einem absoluten Top-Vertreter in der großen "germanischen Provinz" der sog. Vielspieler-Spiele. (thb)

Steckbrief
Trajan
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Stefan Feld Ammonit 2 - 4 Spieler ab 12 Jahre 60 - 120 Minuten Jo Hartwig