Städtebau ist in vielen Spielen das Grundthema und in diesem Jahr ist es besonders stark vertreten. Ginkgopolis bekam meine Aufmerksamkeit daher nicht durch das Thema, sondern durch den Autor: Xavier Georges, der sich mit Palais Royal und Troyes einem Namen als Autor für ungewöhnliche Spiele mit neuen Mechanismen gemacht hat.
Vor uns liegt eine Kleinstadt aus neuen Gebäuden, die zu einem kleinen Quadrat angeordnet sind. Diese Kleinstadt möchte wachsen und hat daher an allen Seiten Bauvorhaben ausgeschrieben, mit denen das umliegende Land urbanisiert werden soll.
Bevor wir damit beginnen, stellen wir drei Bauleiter ein. Diese unterstützen, indem sie uns einerseits mit Ausgangsmaterialien versorgen und andererseits, indem sie uns bei einer von drei möglichen Bauaktivitäten unterstützen. Sind die Spieler unerfahren, nehmen sie jeder einen vorgefertigten Satz von drei Bauleitern. Später können die Bauleiter dann angestellt werden: Aus vier Bauleitern wählt der Spieler einen aus und gibt die andern an den linken Nachbarn weiter. Dies wiederholt sich noch zwei Mal, so dann stehen die drei Bauleiter eines jeden Spielers fest.
Ein einzelner Spielzug besteht aus dem parallelen Wählen der Aktion und der sequentiellen Ausführung des Spielzugs. Die Wahl der Aktion erfolgt durch das verdeckte Spielen einer Karte, eventuell zusammen mit einem Gebäudeplättchen. Die restlichen Karten werden für den nächsten Spielzug an den linken Spieler übergeben, der sie um eine Karte vom Vorrat auffüllt.
Es gibt drei mögliche Aktionen: Planen, Urbanisieren oder Überbauen. Bei der Planung liegt der Spieler eine Karte ohne Plättchen. Dafür erhält er entweder Rohstoffe, Gebäudeplättchen oder Siegpunkte, die ich unter dem Begriff Material zusammenfasse. Rohstoffe werden für die Errichtung eigener Gebäude benötigt. Sie dienen dabei auch zur Kennzeichnung des Besitzes. Gebäudeplättchen zeigen, wie der Name sagt, ein Gebäude und genau dieses kann der Spieler damit errichten. Siegpunkt sind letzten Endes das Maß alle Dinge und entscheiden über den Spielsieg.
Zurück zu den Aktionen. Mit der Urbanisierung errichtet der Spieler ein Gebäude auf noch freiem Land. Jedes Gebäude benötigt so viele Rohstoffe, wie es hoch ist. Weil es sich hier um ein neues Gebäude handelt, braucht es einen Rohstoff zur Errichtung. Dafür bekommt man Materialien, je nachdem wie die Nachbarschaft des Gebäudes aussieht. Gehen wir wieder einen kurzen Moment weg von den Aktionen und wenden uns den Bauleitern zu. Sie unterstützen jeweils eine der drei Aktionen, indem sie bei deren Wahl ein zusätzliches Material geben.
Die dritte Aktion ist das Überbauen. Hierdurch wird in die Höhe gebaut. Der Spieler, dessen Gebäude überbau wird, erhält seine Rohstoffe zurück. Dafür bekommt er pro Rohstoff zusätzlich einen Siegpunkt, außer man hat sich selbst überbaut. Danach wechselt das Gebäude den Besitzer, der allerdings in bestimmten Fällen zusätzliche Abgaben leisten muss: Ändert er den Typ des Gebäudes kostet das einen Rohstoff, sinkt der Wert, muss die Differenz in Siegpunkten bezahlt werden. Als Belohnung für das Überbauen gibt es keine Materialien, sondern stattdessen die Karte des Gebäudes. Sie wirkt entweder wie ein Bauleiter und bringt weiteres Material, oder sie bringt bei Spielende zusätzliche Siegpunkte.
Das Spielende wird in zwei Stufen eingeleitet. Wenn zum ersten Mal die Gebäudeplättchen alle vergeben sind, darf jeder Spieler beliebig viele in den Vorrat legen und erhält für jedes Plättchen einen Siegpunkt. Mit den retournierten Plättchen wird dann weitergespielt bis sie erneut vergeben sind. Ein alternatives Ende gibt es, wenn ein Spieler sämtliche Rohstoffe verbaut hat.
Nun werden die Stadtviertel gewertet. Ein Viertel besteht aus mehreren, aneinandergrenzenden Gebäuden desselben Typs. Wer dort die meisten Rohstoffe besitzt, bekommt für jeden Rohstoff in dem Viertel einen Siegpunkt. Der Zweitplatzierte erhält immerhin noch einen Siegpunkt für jeden eigenen Rohstoff.
Das Grundprinzip von Ginkgopolis ist einfach gestrickt: Drei Materialien erlauben drei Aktionen, wobei Rohstoffe und Gebäude Mittel sind um an viele Siegpunkte zu gelangen. Doch was so einfach geschrieben ist, ist in seiner Wirkung schwer zu durchschauen: Wann ist es sinnvoll zu planen? Wo sollte ich überbauen? Oder ist urbanisieren ein guter Weg? Weil die Karten ständig wandern, lassen sie keine langfristige Planung zu. Dies übernehmen die Bauleiter und die überbauten Gebäude, denn hierüber wird die Wertigkeit der Aktionen für jeden Spieler individuell gesetzt. Danach sind taktische Raffinesse gefragt, um aus den gegebenen Karten das Beste herauszuholen, wobei es immer zu bedenken gilt, dass meine Karten im nächsten Spielzug von meinem Mitspieler verwendet werden können.
Im ersten Spiel standen ich und auch viele andere Spieler dem Spielablauf verwirrt gegenüber. Zwar war der Ablauf klar, nicht jedoch die Konsequenzen des Handelns. Dies stellt sich ein wenig im Laufe des Spiels ein. Das erste Spiel, das ich durchgängig planvoll gespielt habe, war mein viertes. Der ungewöhnliche Mechanismus, das hervorragende Material sowie die leider viel zu wenig beachtete Optik haben mich immer wieder zu diesem Spiel getrieben, eine Tatsache, die ich auch bei anderen Spielern feststellen konnte.
Ginkgopolis ist nicht mit einer Partie beherrschbar, sondern offenbart seine Möglichkeiten erst nach und nach. Es ist deshalb allen Spielern zu empfehlen, die ein Spiel und seine Möglichkeiten gern nach und nach entdecken. Für diese Spieler hält Ginkgopolis genügend Stoff bereit um schließlich in einem guten, sehr originellen Spiel mit einfachen Regen zu enden. Da es aber ein für den Autor typisches Spiel ist, wird es sich selbst dann dagegen wehren, vom Spieler beherrscht zu werden. (wd)
Steckbrief Ginkgopolis |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Xavier Georges | Pearl Games | 1 - 5 Spieler | ab 10 Jahre | ca. 45 Minuten | Gael Lunnurien |