Kennen Sie Tungdil Goldhand? Nein? Dann werde ich Ihnen etwas über Tungdil verraten. Er ist ein Zwerg, hat also nur eine Größe von 1,20m und ist entgegen vieler seiner Artgenossen nicht starrsinnig. Dafür lebt er unter Menschen und hat noch nie eine Zwergenfrau gesehen. Halt, jetzt erzähle ich ja den Anfang vom Roman "Die Zwerge". Der wurde von Markus Heitz geschrieben und bildet die Grundlage für das Spiel. Und über das möchte ich hier schreiben.
In dem Spiel treffen wir zunächst fünf unserer Helden aus dem Roman wieder. Wer den Roman kennt, weiß sofort um die Qualitäten des jeweiligen Charakters. Andere Spiele machen sich einfach mit der Sonderfertigkeit und den Werten auf der Charakterkarte der gewählten Rolle vertraut, als da sind Kampf, Handwerk und Laufen.
Damit können wir ins Abenteuer ziehen. Dabei gibt es grob drei Stränge zu beachten. Der Hauptstrang bringt uns dem Sieg näher. Zunächst sind hier einfache Aufgaben zu erfüllen. Die Anzahl bestimmt den Schwierigkeitsgrad des Spiels. Haben unsere Zwerge diese Abenteuer erfüllt, geht es daran die Feuerklinge zu schmieden. Wie im Roman müssen sich dazu Zwerge in den gefährlichen Bereich im Norden begeben und ihr handwerkliches Geschick unter Beweis stellen. Zum Abschluss gibt es die alles entscheidende Aufgabe. Diese wird in Abhängigkeit von der Situation auf dem Spielbrett gestellt und ist somit immer eine Herausforderung. Wird sie gemeistert, haben die Spieler das Spiel gewonnen.
Der zweite Strang beinhaltet Aufgaben und Bedrohungen. In den meisten Fällen sind hier Reisen zu unternehmen, Proben zu bestehen oder Kämpfe siegreich zu absolvieren. Werden Aufgaben erfüllt, gibt es eine Belohnung. Das kann ein Gegenstand sein oder ein Schwächung der Gegner. Die Bedrohungen hingegen lauern erst nur und verleiten die Spieler dazu, Zeit zu vergeuden. Jedes Mal, wenn eine Aufgabe aus dem Hauptstrange erfüllt wird, tritt die bösartige Wirkung der Bedrohungen ein. Anschließend werden die aktuellen Aufgaben abgelegt. Schließlich werden neue Aufgaben und Bedrohungen, die sich in einem gemeinsamen Kartenstapel befinden, ausgelegt.
Der dritte Strang ist die Zeit. Unseren Zwergen steht nur eine bestimmte Anzahl von Zeit zur Verfügung, um die Aufgaben zu meistern. Ist sie abgelaufen, ist das Spiel sofort verloren.
Damit komme ich kurz zum Spielablauf. Reihum führen die Spieler ihre Züge aus. Als erstes agiert die Gegenseite. Dies geschieht auf drei Arten: Es werden neue Bedrohungen in den Kartenstapel gemischt, so dass die Wahrscheinlichkeit für schlechte Karten erhöht wird, oder im Rat wird der Verräter Bislipur aktiv, dazu später mehr, oder es kommen neue Kreaturen des Bösen auf den Spielplan.
Nun können die Spieler agieren und zwei Aktionen ausführen: Für alle Aktionen werden Würfel geworfen; die Anzahl hängt von der Fähigkeit des Zwergs ab. Beim Laufen bestimmt der höchste Würfel, wie weit ein Zwerg ziehen kann. Im Roman gibt es ein Tunnelsystem, das den Zwergen hilft, schneller voranzukommen. Dies gibt es hier auch, und es ist von Vorteil böse Kreaturen von hier fernzuhalten. Kämpfe sind ebenso einfach: Jede 4 besiegt einen Ork, jede 5 einen Ork oder einen Troll und jede 6 einen Alb, Troll oder Ork. Als weiteres gibt es Proben, die vor allem bei Aufgaben gefordert werden. Hier ist ein gewisser Schwellenwert zu erreichen. Ausrüstungen ermöglichen es den Zwergen bei allen Aktionen, mehr Würfel zu benutzen beziehungsweise Würfelwürfe zu modifizieren oder zu ersetzen.
Die letzte mögliche Aktion betrifft den Rat. Auf der Anzeige wird festgehalten, wie wohlgesonnen er unseren Zwergen ist; der Gegenspieler Bislipur versucht dabei, den Rat auf seine Seite zu ziehen. Wir können mit einer guten Handwerksprobe, die stellvertretend für die eine Botschaft steht, den Rat auf unsere Seite ziehen. Jede nach Gewogenheit haben die Spieler einen Vorteil oder erleiden einen Nachteil durch den Rat.
Die erste Bewertung gebe ich direkt ab: Das Spiel ist eine hervorragende Umsetzung des Romans. Die Charaktere, der Ablauf, das Böse und der Schluss lassen mich den Roman noch einmal spüren. Dabei kann das Spiel jedoch nicht verhindern, dass die Charaktere letztendlich durch Zahlwerte repräsentiert werden. Eine andere Sache aus dem Roman ist Vorteil und Nachteil zugleich. Die Orte des Geschehens finden sich auf der Karte wieder und sind stark in die Aufgaben eingebunden. Das schafft Atmosphäre, führt aber auch immer wieder zu einer Suche bei der Auslage und Erfüllung von Aufgaben.
Gut empfinde ich die unterschiedlichen Fähigkeiten der Zwerge. Dadurch sind die Spieler für bestimmte Aufgaben prädestiniert und werden zu eigenständigem Spiel angehalten. Das Syndrom, dass ein erfahrener Spieler die Macht an sich reißt und anderen vorschreibt wie sie agieren müssen, tritt hier nicht auf; es bleibt bei Vorschlägen.
Das Beste am Spiel ist jedoch der Mechanismus, wie sich das Böse ausbreitet und das geborgene Land in totes Land umwandelt. Die bösen Kreaturen dringen wie im Roman an enToren in das geborgene Land ein. Sind fünf Kreaturen auf einem Feld, verwandelt sich dieses zu totem Land. Dabei ziehen die Kreaturen weiter, trennen sich teilweise auf und bedrohen sofort wieder weiteres Land. Dabei ist der Spielplan so angelegt, dass sämtliche Kreaturen zum Schwarzjoch gelangen, der Ort, an dem im Roman der Endkampf stattfindet. Jedes Mal, wenn dort fünf böse Kreaturen angekommen sind, führt dies dazu, dass unsere Helden Zeit verlieren.
Es ist leicht zu sagen, dass das Spiel all denjenigen empfohlen werden kann, die den Roman gelesen haben und die mit dem geborgenen Land von Markus Heitz vertraut sind. Die Frage ist, wie weit auch andere Spieler Spaß an diesem Spiel haben. Dies werden die Spieler sein, die bei kooperativen Spielen sehr gern immer wieder kleine Erfolgserlebnisse haben möchten und dafür auch mal kleine Rückschläge akzeptieren. Aufgaben und Bedrohungen stehen klar im Mittelpunkt und haben genau diesen Effekt. Vielleicht gibt es aber auch noch einen anderen Effekt: Manch einer mag zum Buch greifen - ich habe es als Vorbereitung auf das Spiel gelesen. (wd)
Steckbrief Die Zwerge |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Michael Palm, Lukas Zach | Pegasus | 2 - 5 Spieler | ab 12 Jahre | 60 - 120 Minuten | Jarek Nocon |