Hallo, ich bin Oliver Crow. Mein Können besteht darin, Schlösser zu öffnen. Ich kann das mit einer Geschwindigkeit die seines gleichen sucht. Ich gehöre einem Team an, das das Gold aus dem Tresor einer Bank holen wird. Natürlich brauche ich dazu ein wenig Unterstützung.
Ich stelle meine Teamkollegen und -kolleginnen gerne vor.
Mit einer Fähigkeit werden wir aber bei unserem Coup nicht weit kommen. Jeder von uns wird sich also ein wenig "weiterbilden" müssen. Für einen Coup ist es unerlässlich, die Bank zu erkunden. Dafür benötigt man ein genaues Auge, eine gute Beobachtungsgabe und auch die Fähigkeit nicht aufzufallen. Das alles fassen wir unter "Erkunden" zusammen. Soll unser Coup kein Desaster werden, müssen wir dies beherrschen. Schließlich müssen wir wissen, wo die Alarmanlagen sind und wie der Wächter seine Runden dreht. Doch das ist nicht genug. Auch die anderen Fertigkeiten müssen erlernt bzw. ausgebaut werden: Natürlich benötigen wir körperliche Fertigkeiten wie Rennen und Klettern um schneller voranzukommen, aber auch Schleichen, damit uns der Wächter nicht entdeckt. Dazu brauchen wir Fertigkeiten, die Geschick und Wissen voraussetzen: Schlösser öffnen (mache ich), Alarmanlange ausschalten (Marys Spezialität) - das nennen wir dann "Elektronik" und natürlich brauchen wir einen Tresorspezialisten. Schließlich muss der geöffnet werden (Toms große Show).
Wenn wir alles erlernt haben, geht es in die Bank. Zuerst muss das Eingangsschloss geknackt werden. Danach verteilen wir uns. Jeder Spezialist geht seinen Weg. Die Alarmanlagen werden ausgeschaltet, der Wächter umgangen, weitere Schlösser geknackt und durch den Fahrstuhlschacht geklettert. Die Mitarbeiter der Bank sind etwas merkwürdig. Sie hinterlassen Zettel, auf denen Ziffern stehen, die nicht für den Tresor benötigt werden. Ganz schön leichtsinnig. Schließlich erreichen wir den Tresor. Tom probiert eine Kombi. Die erste ist es nicht, aber die zweite öffnet den Tresor. Alle stürmen in den Tresorraum. Und wer begrüßt uns dort? Der Direktor der Bank, denn dies ist unser Beweis, dass die Sicherung unzureichend ist und wir den Auftrag bekommen, ein neues System zu entwerfen und zu installieren.
Genau dies Szenario lässt sich im Millionen-Coup spielen. Der Coup und auch das vorherige Lernen der Fertigkeiten werden in Realzeit gespielt. Je nach Stufe stehen 35 bis 45 Minuten zur Verfügung. Durch diese Skalierung lässt sich der Schwierigkeitsgrad variieren. Dazu sorgen verschiedene Pläne für immer unterschiedliche Ausgangssituationen: Da beginnen die Spieler zum Teil auf dem Dach, graben einen Tunnel oder bereiten sich darauf vor, den Wächter zu bezirzen. So wird für Abwechslung gesorgt.
Mit dem Millionen-Coup begibt sich Ravensburger weiter mit seinem Tiptoi in den Bereich der Familienspiele vor. War der Wettstreit im Hexenwald noch aufgrund umfangreicher Textpassagen langatmig, so ist dies nun über drei verschiedene Ausgabestufen geregelt. Für mich dürfte es sogar noch eine vierte Stufe mit noch weniger Sprache geben.
Hier nun zeigt sich die Stärke des Stifts. Gerade in einem kooperativen Spiel kann er hervorragend die Verwaltung übernehmen: Es gibt keine Fehlauskünfte, die bei Spielern ein solches Spiel schon einmal zerstören können und die Sicherheitseinrichtungen können nur regulär überwunden werden.
Vom Spielspaß her ist es wichtig, die Spieldauer mit der Spielerfahrung zu kürzen. Zu viel Zeit nimmt die Spannung, zu wenig Zeit könnte frustrierend sein. In einem Spiel gelangten wir in der letzten Minute - der Stift sagt gegen Ende immer häufiger die Restzeit an - in den Tresor. Solche Spiele, solche Siege, machen besonders viel Spaß.
Den Spielspaß können die Spieler erhöhen, indem sie eine Rolle annehmen und spielen. In den ersten Spielen möchte noch jeder viele Fertigkeiten erlernen und seinen Weg gehen. Später besteht die Kunst darin, ein Team zu sein. Es werden weniger Fertigkeiten erlernt und darüber Zeit gespart. Ähnlich verhält es sich mit dem Erkunden: In einer bekannten Bank ist der Coup genau planbar. Das gibt zunächst Sicherheit, kostet Zeit und erfordert bei vier Spielern Amanda Snake im Team, damit alle Spieler die Erkundungsfertigkeit erwerben können. Was aber passiert, wenn man die Erkundungszeit spart und nicht jedes Schloss kennt und auch der Wächter seine Runde unbekannterweise dreht? Mit einem Mal sind andere Fertigkeiten gefragt und mancher Plan bekommt einen höheren Wert. Es liegt hier auch an den Spielern, die Möglichkeiten des Spiels auszureizen.
Das Spiel geifel gut, doch eine Sache wurde belächelt und sogar kritisiert. Mit aller Macht wird in der Story darauf Wert gelegt, dass der "Bankraub" korrekt ist. Statt sich des Goldes zu bemächtigen und abzuhauen, wird das ganze als Auftrag der Bank verkleidet. Gerade aber in einem Spiel, in dem eine eigene Realität erschaffen wird, wäre eine Bankraub-Story wesentlich echter und die Spannung höher. Reichtum oder Knast wäre die Frage, statt Auftrag oder Nichtauftrag. Was für ein Unterschied! Also stellen wird uns das Klatschen des Direktors am Ende als die quietschenden Reifen eines Sportwagens vor. Dann stimmt hier wieder alles. (wd)
Steckbrief Der Millionen-Coup |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Matthias Cramer | Ravensburger | 2 - 4 Spieler | ab 8 Jahre | ca. 40 Minuten | Franz Vohwinkel |