Tzolk'inTzolk'in

"Wenn Tzolk'in den Pfefferkuchel gewinnt, schreibe ich die Rezension", sagte ich leichtsinnig, als ich sah, dass das Spiel in Oberhof ständig gespielt wurde.
Leichtsinnig war es, weil ich im Normalfall Spiele mit einer Spieldauer von deutlich über 90 Minuten nicht mag. Doch für jede Regel gibt es Ausnahmen, denn auch Terra Mystica oder Caylus gefallen mir sehr gut. Von vielen hörte ich, dass Tzolk'in beim ersten Spiel zwei oder sogar drei Stunden dauerte: Das hielt mich anfangs von Tzolk'in ab.

Doch es war Oberhof. Dort habe ich auch Muße für lange Spiele. Mich packte die Neugier. Ich spielte es zuerst mit zwei erfahrenen Spielern und einem Neuling, der wie ich gern mal aus dem Bauch heraus spielt. Ich wurde angenehm überrascht. Wir brauchten zwar über zwei Stunden für die Partie, aber die Zeit verging wie im Flug.

Startaufbau

Das Herz des Spieles ist ein Tzolk'in-Getriebe, dieses besteht aus einem großen Zahnrad. Dieses Zahnrad zeigt, wie die Zeit voranschreitet. Mit ihm sind fünf kleinere Zahnräder verbunden, die für verschiedene Orte der Mayawelt stehen.

  • In Palenke dreht sich alles um die Ernte von Holz und Mais. Mais wird benötigt um bei den vier Erntefesten die eigenen Arbeiter zu ernähren und ist außerdem ein Zahlungsmittel.
  • In Yaxchilan findet man wertvolle Rohstoffe, wie zum Beispiel Stein, Gold oder Kristallschädel.
  • In Tikal braucht man nun diese Rohstoffe, um Gebäude und Monumente zu bauen, oder um die Technologien weiter zu entwickeln.
  • Uxmal steht für den Handel. Hier kann ich unter anderem Waren tauschen, neue Arbeiter anwerben und auch aus der Ferne einen der anderen Orte nutzen.
  • In Chichen Itza schließlich kann ich Kristallschädel als Opfer für die Götter ablegen, um sie gnädig zu stimmen.

Doch wie werden diese Orte genutzt? In meinem Zug spiele ich entweder Arbeiter an diesen Orten ein, oder ziehe alle oder einige ab.
Neben den Arbeiterplätzen auf den Zahnrädern befinden sich auf dem Spielplan Markierungen von 0 bis 7 bzw. 10 und Bilder darüber, was man dort bekommt oder darf.

Das Einspielen eines einzelnen Arbeiters kostet so viel Mais wie die Markierung, auf der er zu stehen kommt, angibt. Je weiter hinten ein Arbeiter auf dem Rad steht, desto wertvoller ist die Wirkung des Felds. Ich darf immer nur auf dem billigsten Platz eines Rades einspielen. Für einen weiteren muss ich dann einen zusätzlichen Mais zahlen. Wird ein dritter eingespielt, kommen noch mal zwei Mais dazu, und so weiter.
Ziehe ich Arbeiter vom Rad ab, bekomme ich das Feld ausgezahlt, vor dem meine Arbeiter gerade stehen. Steht der Arbeiter zu weit hnten, darf ich für einen Mais pro Zacke auch Belohnungen, an denen ich schon vorbei bin, nutzen.
Ziehe ich Arbeiter vom Rad ab, bekomme ich das Feld ausgezahlt, vor dem meine Arbeiter gerade stehen. Steht der Arbeiter zu weit hnten, darf ich für einen Mais pro Zacke auch Belohnungen, an denen ich schon vorbei bin, nutzen.
Am Ende einer Runde, wenn alle ihren Spielzug gemacht haben, wird das Zeitrad weiter gedreht. Dabei bewegen sich die Arbeiter auf allen Zahnrädern ein Feld weiter, und die Null wird wieder frei.

Einige GebäudeDies klingt recht einfach, doch es ist ein vertracktes Timing-Problem. Da ich immer Einspielen oder Herausholen muss, kann ich nicht einfach einsetzen und warten, bis meine Arbeiter das gewünschte Feld erreicht haben.

Ich muss taktieren und hoffen, dass nicht die lieben Mitspieler die gewünschten Positionen besetzen oder unerwartet einen Arbeiter abziehen und so einen viel niedrigeren Platz freimachen. Auch muss ich mir das gewünschte Feld leisten können, so hatte ich am Anfang das Gefühl, dass das Wichtigste ein großer Maisvorrat ist.
Doch bald schon merkt man, dass Mais nur Mittel zum Zweck ist. Man baut Gebäude und Monumente, um Spielvorteile und Punkte zu bekommen. Doch spätestens beim ersten Erntefest merkt man dann, dass man auch die Götter nicht vernachlässigen sollte. Jetzt geben sie nämlich jenen, denen sie gewogen sind, Rohstoffe und beim nächsten Erntefest sogar Punkte. Außerdem muss ich beim Erntefest meine Arbeiter ernähren, was mich wieder zur Wichtigkeit der Maisproduktion führt.

Diese lockere Beschreibung soll zeigen, dass man hier keinen Teil-Mechanismus völlig vom Rest lösen kann. Hier kommt mir das Zitat "Alles fließt" in den Sinn. Es ist ein ständiger Wechsel, alles hängt zusammen, ist verzahnt. Genau dies fasziniert mich an dem Spiel. Das Spiel lebt. Ich kann nichts machen, ohne irgendeine Wirkung zu erzielen. Ob die Wirkung mir gefällt, ist eine andere Sache. Wollte ich auf alle Feinheiten eingehen, würd ich morgen noch schreiben.

Die Regel ist in meinen Augen sehr gut geschrieben. Wenn ich etwas nachschlagen wollte, habe ich es fast immer sofort gefunden, was bei den vielfältigen Zusammenhängen für mich schon sehr überraschend war. Das Spielen selbst ist hier das Erlebnis. Das Thema ist zwar hilfreich, es stört nicht, aber ich habe selten das Gefühl, wirklich einen Stamm zu führen.
In jedem Spiel hat man das Gefühl, etwas anderes ist wohl doch wichtiger als das, was man grad tut. Doch versucht man im nächsten Spiel den anderen Weg zu gehen, gibt es wieder einen weiteren Weg zum Sieg. Das Spiel hat mich einfach in seinen Bann gezogen und will immer weiter erforscht werden. Ich spiel sehr gern, aber bei einer gewissen Komplexität artet es für mich in Arbeit aus. Tzolk'in hat zum ersten Mal eine "Arbeit" in einem Spiel, die mir sehr viel Freude macht.

Jemand sagte vor langer Zeit sinngemäß: "Wenn eine Rezension mit: Das Spiel hat schönes Material beginnt, so kann fast nur ein Verriss folgen." Ich habe bisher nichts zum Material gesagt, weil es wirklich sehr schön ist und gut funktioniert. Die Zeichnungen auf Gebäuden und dem Spielplan schon nach kürzester Zeit selbsterklärend.
Da bleibt mir nichts Negatives über das Spiel zu sagen. Man hat das Gefühl, dass das Spiel schnell vorbei geht, doch es unterhält länger als gefühlt. (bd)

Steckbrief
Tzolk'in
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Simone Luciani Czech Games Edition 2 - 4 Spieler ab 13 Jahre ca. 90 Minuten Milan Vavron, Filip Murmak