Mit AquaSphere haben Stefan Feld und Hall Games die Liste bei der Fairplay-Scoutaktion in Essen (2014) angeführt, beim Pfefferkuchel 2015 hat das Spiel allerdings "nur" noch den fünften Platz errungen und musste neueren Trendspielen wie "Auf den Spuren von Marco Polo" oder "Evolution" den Vortritt lassen. Auch in den Spielerforen ist es inzwischen ruhiger geworden um den neuen Titel des Publikumslieblings Stefan Feld. Ist dies nur ein typisches Phänomen des schnelllebigen Brettspielmarkts oder liegt das am Spiel selbst? Wir wollen sehen!
Thematisch begeben sich die Spieler in AquaSphere - nomen est omen - unter Wasser und erforschen in einer großen Forschungsstation die Meereswelt, um ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zu mehren und nach vier Runden die Nase auf der Wissensleiste vorne zu haben. Dazu müssen sie durch Setzen eines Ingenieurs ihrer Farbe in der Zentrale "Bots" programmieren, die dann in der Station in der Meerestiefe durch Wissenschaftler an den Ort gebracht werden, wo sie ihre Aktion ausführen sollen. Dazu passieren die Spielfiguren einen oder mehrere Sektoren und benötigen dafür Zeit, die in Form von entsprechenden Markern zu begleichen ist. Ist der Zeitvorrat knapp, kann man jederzeit einen bereits programmierten Roboter in den Vorrat zurückstellen und dafür zwei Zeitmarker erhalten. Maximal zwei programmierte Bots darf das Spielertableau aufweisen.
Bots helfen, das Basislabor eines Forschungsteams zu erweitern und damit u. a. die Lagerkapazitäten eines Spielers zu erhöhen. Darüber hinaus können sie neue Zeitmarker einsammeln, lukrative Kristalle auflesen, U-Boote in Gang setzen, sabotierende Kraken ("Oktopoden") ausschalten oder Forschungskarten erwerben, die den eigenen Spielraum vergrößern oder ihnen sonstige Vorteile verschaffen. Um die Aktion durchzuführen, versetzt man den programmierten Bot vom eigenen Tableau in den Sektor, in den man den Wissenschaftler bewegt hat, auf das sog. Kontrollfeld. Sollten dort bereits Bots anderer oder der eigenen Farbe stehen, versetzt man diese in die Ladestation. Wird danach die zulässige Ladekapazität (von zwei bis vier Bots je Spielerzahl) überschritten, müssen alle beteiligten Spieler ihre Bots bis auf einen zurücknehmen. Fängt man Oktopoden ein, wird man zugleich mit Punkten belohnt. Auch für das Einsetzen der U-Boote und das Nehmen von Forschungskarten erhält man sofort Wissenspunkte in Höhe der auf dem Zentrumsplättchen der Runde abgedruckten Zahl in der Glühbirne, die sich von Runde zu Runde steigert.
Voraussetzung für das Ausführen von Aktionen ist stets, dass man zuvor auf seinem Spielertableau Bots durch die Programmierung auf das entsprechende Programmierfeld gesetzt hat. Jede Runde werden die Programmierplättchen nach Maßgabe einer zufällig gewählten Programmkarte neu angeordnet, wobei die Programmkarte der nächsten Runde bereits sichtbar ist. Die vorgezeichneten Wege in der Zentrale erlauben dem dort tätigen Ingenieur pro Runde drei Standardprogrammierungen. Durch Einsatz von Zeitplättchen oder mithilfe von Forschungskarten kann diese Zahl erhöht werden. Die Aktion "Bots programmieren" erlaubt zudem, eine eigentlich nicht mehr erreichbare Möglichkeit (da der Ingenieur nur vorwärts, aber nie zurück ziehen darf und den Pfeilen folgen muss) dennoch freizuschalten.
Nach jeder Runde gibt es eine Zwischenwertung. Hier erhält man zunächst neue Zeitmarker (je mehr U-Boote man zu Wasser gelassen hat, desto mehr Marker bekommt man) und kann ggf. mithilfe bestimmter Forschungskarten gegen Zeitmarker bereits Bots für die kommende Runde programmieren. Dann winken Wissenspunkte für die Mehrheit der kontrollierten Sektoren (Bots auf dem Kontrollfeld) und für die gesammelten Kristalle. Dazu gibt es Punkte entsprechend der größten freien Nummer des eigenen Bots-Vorrats, in dessen Spalte kein U-Boot mehr steht. Von der gebildeten Summe werden Punkte für noch vorhandene Oktopoden in kontrollierten Sektoren abgezogen. Auf der Wissensleiste sind nach jedem Viertel rote Linien eingezeichnet. Um sie in der Zwischenwertung überschreiten zu können, muss man 1 Kristall abgeben. Sollte man diesen nicht haben, kann man stattdessen einen bereits programmierten Bot zurückstellen. Fehlt auch dieser, schaut man in die Röhre und bleibt vor der Grenze stehen.
Vor jeder neuen Runde kommen neue Kristalle, Oktopoden und Zeitmarker auf das Spielfeld. Was wo nachgelegt wird, zeigt das Zentrumsplättchen, das danach in die Schachtel gelegt wird und das neue Rundenplättchen freigibt. Zusätzlich werden jedem Sektor je eine neue Forschungskarte und ein neuer Laborausbau hinzugefügt, die ggf. über solche der Vorrunde gelegt werden. Nach der vierten Runde werden in der Endwertung weitere Wissenspunkte ausgeschüttet. Besonders belohnt werden dabei diejenigen, die alle sechs U-Boote eingesetzt haben und ihr Labor voll bzw. vielfältig ausgebaut haben.
AquaSphere ist ein komplexes Strategiespiel, das Elemente des Workerplacements mit solchen von Mehrheitenspielen verknüpft. Zentraler Mechanismus ist die doppelte Ebene von Programmierung und Ausführung einzelner Aktionen. Es verlangt die mittelfristige Planung der eigenen Züge in zwei Etappen: Zunächst muss die Programmierung zeitig erfolgen, wobei weitere wichtige Optionen in späteren Zügen durch kluges Ziehen des Ingenieurs offengehalten werden sollten. Um kurzfristig auf Züge der Mitspieler reagieren zu können, sind die zusätzlichen Programmiermöglichkeiten durch Abgabe von Zeitplättchen oder mithilfe von Forschungskarten sehr wichtig. Es bleibt im gesamten Spiel jedoch der gefühlte Mangel an Aktionen und Ressourcen.
Für die ideale Punkteausbeute sollten gleichmäßig möglichst viele Bots und U-Boote in die Forschungsstation gesetzt werden.
Aber aufgepasst: Durch geschicktes Einspielen von Bots in Sektoren mit überfüllten Ladestationen kann man Bots der Konkurrenten gezielt in den Vorrat zurückschicken, was die Wissenspunkte in der Zwischenwertung empfindlich reduzieren kann. Zur Verfügung stehende Laborausbauten und erworbene Forschungskarten bestimmen langfristige Strategien. So kann man sich z. B. auf die Jagd von Oktopoden konzentrieren und diese mit den Forschungsboni auf den Karten (Siegpunkte, Kristalle oder Zeitmarker) verknüpfen, doch vor allem die Zeitmarker sind unerlässlich, um sich die nötige Bewegungsfreiheit in der Forschungsstation leisten zu können. Planung und Flexibilität sind somit die zwei Seiten der Mechanik von AquaSphere. Vor allem in Partien zu dritt oder viert ist jedoch besonders Flexibilität gefragt, da die tendenzielle Zufälligkeit der Auslagen (Programmierplättchen, Ausbauten und Forschungskarten) die ursprünglichen Pläne unterlaufen kann. Das gilt auch für Aktionen der Mitspieler, die zu unvorhergesehenen Spielverläufen führen können.
AquaSphere wartet mit Mechanismen in der bekannten Feld'schen Politur auf und punktet darüber hinaus mit seiner sehr guten Ausstattung. Der modulare Spielplan mit seinen Einbuchtungen für Laborausbauten und Forschungskarten ist durchdacht, die Ikonographie (u. a. mit der gut wieder zu erkennenden Pausen- und Stopp-Symbolik) und die übersichtliche Regel zeugt von umsichtiger redaktioneller Bearbeitung. In jeder Besetzung reizt die Aufgabe, den Weg seiner Wissenschaftler in der Station und den ertragreichen Einsatz der Bots zu planen. Mit zunehmender Spielerfahrung geraten das interaktive Moment der Verdrängung von Bots und die Vorteile der Forschungskarten stärker in das strategische Augenmerk. Doch war die Resonanz auf AquaSphere in meinen Testrunden stets gespalten, was dazu führte, dass das Spiel nur sporadisch auf dem Spieltisch landete. Neben den Begeisterten finden sich mindestens genauso viele Skeptiker, die AquaSphere nicht völlig überzeugen kann. Woran liegt das? Da ist zum einen das völlig aufgesetzte Thema: So umständlich und widersinnig (Wissenschaftler in der Forschungsstation müssen persönlich Orte aufsuchen, um dort von Ingenieuren woanders programmierte Bots einzusetzen) wollte sich kaum jemand moderne Meeresforschung vorstellen. So hilft die thematische Einkleidung kaum, sich in dieses Spiel einzufinden. Dieses Manko wird freilich durch die schöne und funktionale Gestaltung des Spielmaterials ein wenig abgemildert, doch kann auch sie nicht völlig darüber hinwegtäuschen, dass ein beliebiges Thema über eine einwandfrei funktionierende, aber letztlich etwas blutarme und komplizierte Mechanik gestülpt wurde. Die Unübersichtlichkeit bei der Koordination von Programmierung und Durchführung (Wenn ich X will, muss ich zunächst für Y und ggf. Z sorgen) kann freilich zu einem Durcheinander oder gar zu Frustration führen. Ausbleibender Nachschub an Zeitmarkern oder der missliebige Befall mit zahlreichen Oktopoden tun dann ein Übriges. Entscheidend ist jedoch wohl, dass der Titel sich nicht zwingend von AquaSphere auf "Atmosphäre" ummünzen lässt, was die in der Einleitung beschriebene Entwicklung erklären mag. Ich persönlich mag AquaSphere jedoch gerne und kann über die erwähnten Minuspunkte, die wahrlich ein Luxusproblem sind, hinwegsehen. Wer Feld-Spiele liebt, kann hier mit einem Kauf nichts falsch machen, wenngleich es nicht das beste Spiel des Autors ist. (thb)
Steckbrief Aquasphere |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Stefan Feld | H@ll Games | 2 - 4 Spieler | ab 12 Jahre | 60 - 120 Minuten | Dennis Lohausen |