Eine Fahrt von Lissabon nach Indien mit dem Schiff wäre eine kostspielige Angelegenheit. Auf einer solchen Reise gäbe es dann sicherlich viel zu entdecken. Heute könnte eine solche Reise von Lissabon über Rabat, Agadir, Dakar, Akkra, Luanda, Swakopmund, Kapstadt, Durban, Port Louis, Victoria, Male nach Mumbai verlaufen. Nun begeben wir uns aber zurück in die Entdeckerzeit. Nur die drei ersten Städte der Reise sind uns bekannt. Alle weiteren warten auf unsere Entdeckung.
So liegt vor uns eine Reihe von Karten aus. Zunächst Lissabon, dann drei offene Karten, die restlichen verdeckt. Wir besitzen etwas Geld, drei Wissenschaftler und einen kleinen Würfel in Lissabon. Diese farbigen Würfel sind der Clou des Spiels, denn sie sind die einzige vorhandene Ressource und ändern ihre Funktion je nach Aktion und Ort. Weil wir ein wenig mehr davon brauchen, liegen unsere weiteren Würfel jenseits von Lissabon, irgend an einem Ort, der real im Atlantik wäre.
Pro Spielzug dürfen wir zwei von sechs möglichen Aktionen durchführen. Ganz einfach ist das Erwerben neuer Würfel. Wir zahlen ein Geld und schon springt ein Würfel aus dem Atlantik auf Lissabon. Ebenso einfach kann ich die Schiffsgeschwindigkeit erhöhen. Ich zahle dafür mehr Geld und ändere meine Anzeige.
Nun möchten wir endlich losfahren. Dafür brauchen wir Schiffe. Sind noch Schiffe auf dem großen Ozean, werden sie gleich fahren. Neue Schiffe können wir in Lissabon zu Wasser lassen. Jetzt kommt die Flexibilität der Würfel ins Spiel, denn wir können ihre Funktion ändern. Besitzen wir zum Beispiel ein Geld, wird dieses durch einen Bankier angezeigt. Der Bankier ist, natürlich, ein Würfel. Wir können nun diesen Bankier nach Lissabon stellen und zu einem Schiff machen. Das eine Geld ist weg, dafür befahren wir die Ozeane mit einem Schiff mehr. Jedes Schiff darf dabei so viele Städte weit fahren, wie es meine Geschwindigkeit erlaubt. Steht am Ende der Reise eine unbekannte Stadt, wird sie aufgedeckt und bringt uns einen Siegpunkt. Um ihn anzuzeigen, benötigen wir einen Geschichtsschreiber, oder anders gesagt, einen Würfel. In jeder Stadt gibt es einen Basar, auf dem zwei Waren angeboten werden. Das Schiff darf quasi an Land gehen und sich auf dem Basar in eine der beiden Handelswaren verwandeln. Es darf aber auch auf dem Ozean verweilen und bleibt ein Schiff.
Eine weitere Aktion ist der Erwerb eines Gebäudes in einer bekannten Stadt. Dazu muss dort ein Schiff stehen und das Gebäude bezahlt werden. Das Schiff verwandelt sich umgehend in das Gebäude und bringt dessen Vorteile. Von einer Festung kann ich zukünftig mit meinen Schiffen starten. Märkte geben mir dauerhaft eine Handelsware und Kirchen bringen mir zwei statt einem Siegpunkt, wie die anderen beiden Gebäude.
Mit dem Verkauf von Handelswaren schließt sich der Geldkreislauf, der mit dem Erwerb von Würfeln begann. Sechs verschiedene gibt es in dem Spiel. Je mehr ich davon verkaufe, je höher der Erlös. Ab drei Gütern gibt es dazu noch Siegpunkte.
Zuletzt gibt es zwölf Technologien, die im Laufe des Spiels gegen Geld erworben werden können. Dafür benötigt man Geld und einen Wissenschaftler. Sie sind die einzige Rolle im Spiel, von denen man weder Würfel wegnehmen noch welche hinzufügen kann. So wird sichergestellt, dass jeder Spieler im Laufe des Spiels bis zu drei Technologien erhalten kann und sich darüber spezialisiert.
Das Spiel endet entweder wenn Indien entdeckt wurde, oder aber zwei Spieler sämtlich Würfel gekauft haben. Nun wird noch eine abschließende Runde gespielt.
Was mir als erstes an Auf nach Indien! auffällt, ist die kleine Schachtel für ein solches Spiel. Oft heißt es dann, darin befände sich ein Spiel, das sich wie ein großes Brettspiel anfühle. Was die Art des Spiels angeht, stimmt dies auch. Auf ein Brett muss man allerdings verzichten. Das fällt auch nicht schwer, weil die übergroßen und übersichtlich gestalteten Karten ein Spielbrett gleichwertig ersetzen
Die Reise nach Indien bietet eine halbe bis dreiviertel Stunde gute Unterhaltung. Geld und vor allem Würfel sind in einer Menge verfügbar, dass genügend Aktionen möglich sind. Jedoch stellen sie eine Begrenzung dar, so dass in dem Spiel kein Überfluss herrscht. Die Flexibilität der Würfel erfordert dazu eine ganz eigene Art der Denkweise und der Planung. Wie vorher an dem Beispiel des Bankiers gezeigt, ist die Kalkulation gegenüber Spielen mit klar definierten Ressourcen vielseitiger. Weil Geld und Siegpunkte mit Würfeln angezeigt werden, sorgt der Mechanismus gleichzeitig für einen Ausgleich zwischen den Spielern. Wer viel Geld beziehungsweise Siegpunkte besitzt, muss mehr Würfel für die Anzeige aufwenden, auch weil ein Würfel nicht mehr als fünf Einheiten anzeigen kann.
Für die geringe Komplexität und kurze Spieldauer bietet das Spiel eine große Vielfalt an Taktiken. Die Entdeckung Indiens kann ebenso den Sieg bringen wir der Verkauf vieler Waren oder der Erwerb vieler Kirchen. Mit den Technologien, die jede nur von einem Spieler erworben werden kann, und den Handelswaren auf den Märkten, die zu jedem Zeitpunkt nur von einem Spieler besetzt werden kann, gibt es dazu genügend Interaktion. Der Erwerb von Technologien erfordert dazu ein gutes Timing, denn dabei wird Kapital gebunden.
Das alles macht Auf nach Indien! für mich zu einem reizvollen Spiel, das mit dem ungewöhnlichen Verwendungszweck der Würfel auch ein Stück Originalität in sich trägt. (wd)
Steckbrief Auf nach Indien! |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Hisashi Hayashi | Pegasus | 3 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | 30 - 45 Minuten | Juhani Jokinen, Banu Andaru |