Carrera ist das spanische Wort für Rennen. Wir kennen Carrera als Marke für qualitativ hochwertige Autorennbahnen. Nun sind unter dieser Marke drei Spiele erschienen: Ein Kinder-, ein Karten- und ein Familienspiel. Alle Spiele sind, erwartungsgemäß, Autorennspiele. Ich betrachte hier mit Start frei das große Familienspiel.
Jeder Spieler bekommt einen Rennwagen, der vier Gänge hat. Später im Rennen bestimmt der Gang den Würfel, mit dem die Geschwindigkeit ausgewürfelt wird. Die Würfel haben einen Erwartungswert, der bei Gang 1 in etwa bei einem Feld pro Wurf liegt, bei Gang 2 bei zwei Feldern und so weiter. Die einzelnen Werte weichen dabei auf jedem Würfel maximal um Eins von dem Erwartungswert ab. Damit sind die Ergebnisse recht konstant und ermöglichen trotz des Zufalls eine gute Planung.
Antrieb des Spiels sind Karten, von denen zu Beginn jeder Spieler einen nahezu identischen Satz besitzt. Auf diesen Karten sind die Rennanweisungen, von denen es zwei Standards gibt. Schalten zwingt einen Fahrer, einen Gang höher oder niedriger einzulegen. Würfeln bedeutet genau dies und lässt den eigenen Rennwagen fahren. Dazu gibt es Sonderfunktionen, z. B. verändern des Würfelwurfs oder erhalten von Erfahrungschips.
Die Rennstrecke, in der Optik von Carrrera-Rennbahnen gehalten, bietet zwei Spuren, die über Spurwechsel verbunden sind. Man kann die Spur wechseln oder auch direkt überholen. Dazu wird das DRS in Form eines weiteren Würfels zugeschaltet. Misslingt der Würfelwurf, gibt es ein DRS-Plättchen als Trost, welches es später ermöglicht, eine zusätzliche Aktion auszuführen. Anderenfalls wird durch den zusätzlichen Würfel die Geschwindigkeit erhöht und das Überholmanöver kann stattfinden. Allerdings sollte die Reichweite jetzt groß genug sein, weil man sonst auf den anderen Rennwagen auffährt und einen Gang herunterschalten muss.
An vielen Stellen gibt es Schikanen. Werden sie genau angefahren, bringen sie einen Erfahrungschip. Ansonsten halten sie den Rennwagen an und zwingen den Fahrer, ein oder zwei Gänge herunterzuschalten. Sie dienen dazu, den Führenden auszubremsen, denn er kann eine Schikane nicht einfach überwinden. Nachfolgende Rennwagen können dies, wenn eine Schikane besetzt ist. Dann wird sie ignoriert.
Sind alle Karte gespielt, kommt es zum Boxenstopp. Hier nun können Karten für Erfahrungschips gekauft werden. Sie ersetzen sofort eine der bisherigen Karten. Zwei wichtige Eigenschaften vieler dieser Karten sind das Durchfahren einer Schikane ohne Stopp und Karten, die hinten liegenden Rennwagen Extras gewähren und so ein Aufholen ermöglichen. Wer die Box als Erstes oder Zweites verlässt, darf dafür schalten, würfeln oder zusätzliche Erfahrungschips nehmen. Apropos Erfahrungschip: Sie bekommt man nicht nur für genaues Anfahren einer Schikane, sondern auch für erfolgreiche Überholmanöver. Hingegen sind Spurwechsel mit ihnen zu bezahlen.
Die Rennstrecke wird zwei Mal gefahren. In der ersten Runde wird sie dabei sukzessive aufgebaut. Zunächst besteht sie aus drei Abschnitten: Der Startlinie und zwei weiteren Elementen. Nachdem jeder Spieler eine Karte gespielt hat, darf der Spieler, dessen Rennwagen sich an letzter Position befindet, zwei neue Rennabschnitte anbauen. In der zweiten Runde wird die Rennstrecke dann mit voller Kenntnis ihres Verlaufs gefahren. Sieger ist, wer nach der zweiten Überquerung der Ziellinie vorne liegt.
Start frei hinterlässt mich mit sehr gemischten Gefühlen. Ich beginne mit der positiven Seite, die schon beim Aufbau beginnt. Durch die Optik werde ich an Carrera-Rennbahnen erinnert, was mich positiv einstimmt. Der Rennverlauf ist sehr gut auf seine Kernelemente reduziert: Schalten und Fahren. Dazu kommt über die Würfel ein kalkulierbares Zufallselement ins Spiel. Das Problem vieler Rennspiele, dass der Führende bei freier Rennstrecke einen Start-Ziel-Sieg davon trägt, wurde hier über die Schikanen gut gelöst. Abrundet wird die positive Seite durch die Vorgaben für sehr unterschiedliche Rennstrecken, denn sie beinhalten neben dem Streckenverlauf auch die ungefähre Spieldauer in Abhängigkeit von der Spielerzahl.Bis hierhin wäre Start frei eine tolle Rennsimulation. Dieser gute Eindruck wird jedoch durch viele kleine Mängel wie Regellücken, Ungereimtheiten oder auch einfach gefühlte Schwächen (siehe Box) getrübt. Die Menge dieser Unzulänglichkeiten wertet das Spiel für mich deutlich ab. Nach meinem Gefühl haben wir mit diesem Spiel einen schicken und schnellen Rennwagen vor uns stehen. Doch für jedes Rennen ist ein aufwendiges Fine Tuning nötig. Und genau hieran fehlt es erheblich. So fährt dieser Wagen im Mittelklassement mit statt Siegchancen zu haben. Mir entlockt das Spiel ob der Differenz zwischen Möglichkeiten und Realität ein "Schade". (wd)
Die Liste des fehlenden Fine Tunings
|
Steckbrief Start frei |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Klemens Franz, Hanno Girke, Dale Yu | Carrera | 2 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | 30 - 120 Minuten | Andreas Resch, atelier 198 |