MysteriumMysterium

Wir befinden uns in einem jener englischen Landhäuser, die so oft als gruseliger Schauplatz in Filmen herhalten mussten. Mal war es nur finster und ein Geist spukte umher, mal geschahen auch Verbrechen, meist Morde, in der Dunkelheit und Abgeschiedenheit. Hier ist es nicht anders, nur sind wir in der Zeit ein wenig weiter. Der Mord ist bereits geschehen. Ruhelos spukt der Geist des Opfers im Landhaus umher. Er kann nicht ruhen, solange der Mörder oder die Mörderin frei herumläuft.
Heute nun soll der Täter entlarvt werden. Ein bis sechs Spiritisten sind in das Landhaus gekommen um mit dem Geist des Verstorbenen in Kontakt zu treten. Einige Gäste, die zur Tatzeit im Landhaus gewesen sein könnten, sind den Spiritisten bekannt. Ebenso verhält es sich mit möglichen Tatorten und -waffen. Die erste Aufgabe der Spiritisten ist es, die Personen, die Orte und die potentiellen Waffen zusammenzuführen. Bilder liegen von allem vor. An ihnen können sich die Spiritisten orientieren. Zu jeder vollen Stunde, wir haben derzeit ein Uhr, ergibt sich ein Kontakt mit dem Geist, doch die Kommunikation stellt sich als schwierig heraus. Der Geist verfügt über keine Sprache. So bleiben ihm nur Visionen, die er in Form von Bildern an die Spiritisten sendet.

Das Landhaus-Buch des Geistes mit den Kombinationen

Die Interpretation der Visionen obliegt den Spiritisten. Sie müssen entscheiden, welche Person oder welcher Ort oder welcher Gegenstand gemeint ist. Die Visionen sind dabei verworren. Sie sind nicht eindeutig und lassen viel Spielraum. Ist die Lokomotive ein Bildnis für den Orient-Express und weist auf die Bibliothek oder ist sie ein Spielzeug für das Kinderzimmer. Und der Fahrgast? Sieht er nicht aus wie ein Vampir aus? Was bedeutet denn das? Innerhalb einer Landhausstunde, keiner realen, müssen sich die Spiritisten entscheiden, denn kurz vor der nächsten vollen Stunde teilt der Geist ihnen mit, wer seine Vision richtig interpretiert hat und wer nicht.
Während die Spiritisten ihre Kombinationen ermitteln, können sie gleichzeitig ihr feines Gespür beweisen. Für ihre Kollegen dürfen sie Vorhersagen, ob diese richtig liegen oder falsch. Eine gute Hellsicht hier als auch bei der Interpretation der Visionen erleichtert später bei der Gegenüberstellung die Entlarvung des Täters.
Haben alle Spiritisten ihre Kombination bis sieben Uhr korrekt ermittelt, kommt es zur Gegenüberstellung. Für eine der gefundenen Kombinationen sendet der Geist drei Visionen, eine beschreibt den Täter, eine den Ort und eine die Tatwaffe. Je besser die Hellsicht war, desto mehr dieser drei Visionen sieht ein Spiritist bevor er sich entscheiden muss, wer den Mord wie und wo begangen hat. Haben sich alle Spiritisten entschieden, wird geschaut, welche Kombination am häufigsten gewählt wurde. Ist es die, die der Geist beschrieben hat, ist der Geist erlöst und findet seine ewige Ruhe. Anderenfalls kann nur ein neuer Versuch dem Geist helfen.

Person: Koch - der Täter? Ort: Dachboden - der Tatort? Gegenstand: Gabel - die Tatwaffe?

Wir treten ein in eine Spielwelt und in eine Geschichte. Ein Buch dient als Sichtschutz für den Geist. Die stimmige Darstellung zeigt uns das Innere des Landhauses. Eine alte Uhr dient als Rundenzähler. Die Personenkarten zeigen viele Details und eine naturgetreue Abbildung des Menschen. Die Orte sind ähnlich gestaltet, mit viel Liebe zum Detail. Licht und Dunkelheit wechseln sich ab und erzeugen so mal ein düsteres, mal ein warmes Gefühl wie wir es mit einem alten englischen Landhaus verbinden. Die Visionen erinnern mit ihrem Zeichenstil an Dixit. Auch sie enthalten viele Kleinigkeiten. Es werden Dinge verbunden, die für uns so nicht zusammen gehören. Dadurch ermutigen sie uns zum Entdecken und regen unsere Fantasie an.
Wir sind tief eingebunden in die Rahmenhandlung. Das Spiel lebt von den Interpretationen der Spiritisten. Die Kommunikation entsteht wie von Geisterhand. Jeder Spieler hat seine Version, warum diese Person oder jener Ort gemeint sein könnte. Es gibt Vermutungen, Bestärkungen und Widersprüche. Schließlich muss jeder Spiritist für sich entscheiden, wie er die Vision interpretiert. So bleibt bei gemeinsamem Interesse ein persönlicher Freiraum.

Der Rundenzähler: Eine stimmungsvolle UhrFür die Spiritisten lebt das Spiel von der Ungewissheit und der daraus resultierenden Spannung. Das Hoffen bezieht sich verstärkt auf die eigene Entscheidung, doch leidet man mit den anderen mit. Dies verstärkt sich, je weiter die Zeit voranschreitet und ein Vorankommen immer wichtiger wird.
Der Geist lebt in Einsamkeit. Er muss sich allein Gedanken machen, wie seine Visionen interpretiert werden und trifft seine Entscheidungen ohne ein Wort zu sagen. Seine zentrale Rolle lässt ihn bisweilen diese Einsamkeit vergessen, ist der Geist doch permanent gefordert. Es müssen nicht nur die Spiritisten mit Visionen versorgt werden, gleichzeitig sollte der Geist aufmerksam zuhören, damit er die Gedankengänge der Spiritisten nachvollziehen kann. Sein Spielspaß besteht stark aus Emotionen, von der Freude, wenn die eigenen Überlegungen nachvollzogen werden bis zur Verzweiflung, wenn der richtige Weg nicht eingeschlagen wird. Das dabei entstehende Gefühl der Hilflosigkeit auszuhalten, ist ein besonderer Reiz des Spiels für mich.

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Die atmosphärische Dichte durch Geschichte und Ausstattung bildet die Grundlage für sehr viel Spielspaß. Die Diskussionen, die Vermutungen, die Analysen, die Argumente und schließlich die Entscheidungen füllen diesen Rahmen mit Leben. Hoffentlich geschieht bald wieder ein Mord in dem englischen Landhaus. Ich möchte so gern wieder dorthin eingeladen werden, falls ich dort nicht schon als ruheloser Geist herumspuke. (wd)

Steckbrief
Mysterium
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Oleksandr Nevskiy, Oleg Sidorenko Libellud 2 - 7 Spieler ab 10 Jahre ca. 42 Minuten Xavier Collette, Igor Burlakov