Manches Mal sind es die kleinen Dinge, die mich erfreuen. Bei Spielen kommt dies öfter vor. Ich mag Spiele, die mit wenigen Konzepten auskommen und damit eine angemessene Spieltiefe erreichen, meist sehr gern. Komplexität ohne Kompliziertheit nenne ich das und freue mich, wenn dies auch mit wenig Material einhergeht. Nach Love Letter finde ich nun zum zweiten Mal ein solches Spiel in der kleinen Schachtel von Pegasus: Tides of Time.
Das Spiel besteht aus gerademal 18 Karten sowie vier Spielsteinen. Das Spiel ist für genau zwei Spieler. Es ist ein Drafting-Spiel und besteht aus drei Runden, nach denen jeweils eine Wertung erfolgt.
In der ersten Runde erhält jeder Spieler fünf Karten. Eine davon wählt er, legt sie vor sich ab und gibt den Rest an den Mitspieler. Das gleiche folgt mit vier Karten und wird fortgeführt, bis man eine einzelne Karte vom Mitspieler bekommt und diese ebenfalls vor sich auslegt.
Für die Wertung gibt es auf jeder Karte zwei Informationen, ein Symbol sowie eine Siegpunktbedingung beziehungsweise einen Wertungsvorteil. Es gibt fünf Symbole, jedes kommt auf drei Karten vor. Die restlichen drei Karten tragen kein Symbol. Viele der Siegpunktbedingungen beziehen sich auf die Symbole und belohnen Mehrheiten oder geben Punkte für bestimmte Symbole oder Symbolkombinationen.
Nach Abschluss der Runde nimmt jeder Spieler seine fünf Karten auf die Hand. Eine davon wählt er aus und nimmt sie aus dem Spiel. Eine weitere legt er vor sich aus und markiert sie als permanenten Besitz. Für die zwei gewählten Karten nimmt er zwei Karten vom Nachziehstapel auf die Hand. Mit diesen beginnt die zweite Runde.
Sie läuft ab wie die erste Runde. Bei der Wertung hat man nun sechs Karten vor sich liegen, die fünf ausgespielten und die permanente. Die dritte Runde gleicht der zweiten, einziger Unterschied: Bei der Wertung gibt es nun sieben Karten. Am Ende werden die Punkte aus den drei Runden addiert und deren Summe bestimmt den Sieger.
Ich mag Tides of Time. Es bringt Drafting auf den Punkt. Im Spiel fallen 16 Entscheidungen an (vier Mal Karten auswählen in jeder der drei Runden, dazu zwei permanente und zwei ausscheidende Karten bestimmen). Das sind wenige Entscheidungen und dementsprechend sind sie von Bedeutung. Hinzu kommt, weil es sich hier um ein Spiel für zwei Spieler handelt, dass alles, was ich nicht nehme, meinem Gegenspieler zufällt. So stehe ich jeden Zug vor dem Dilemma, ob ich eine Karte nehme, die mir zu Punkte verhilft oder eine, die Punkte beim Mitspieler verhindert.
Neben der Signifikanz der Entscheidungen ist der flotte Spielverlauf ein weiterer sehr positiver Punkt. Beim Drafting überlegen beide Spieler gleichzeitig. Es gibt, wenn überhaupt, nur kurze Wartezeiten. Das flotte Spieltempo sorgt dafür, dass die gute Viertelstunde, die ein Spiel dauert, intensiv ist.
Der letzte für mich wichtige Aspekt sind die Siegpunkte. Diese eine Karte mehr pro Runde sorgt meist dafür, dass die Punktzahlen steigen. Dazu können die einzelnen Runden innerhalb eines Spiels sehr unterschiedlich verlaufen, so dass durchaus jeder Spieler eine Runde mit deutlichem Vorsprung gewinnt. So kann ein Rückstand aufgeholt werden. Bei manch anderem Spiel wird ein Aufholen dadurch ermöglicht, dass Punkte, die zu Beginn des Spiels gemacht werden, fast irrelevant sind. Das ist hier nicht der Fall. Ein Vorsprung aus der ersten Runde kann spielentscheidend sein.
Zudem sind die Karten wunderschön illustriert. Manche der Zeichnungen könnte ich mir als Poster an die Wand hängen. Auch wenn dies für das Spielsystem nicht von Bedeutung ist, die Ästhetik trägt ihren Teil zum Spielgefühl bei.
Tides of Time ist für mich ein Kleinod, ein kurzeiliges Spiel, das viele positive Eigenschaften in sich vereint. (wd)
Reisetipp Tides of Time eignet sich sehr gut für Reisen. Der Platzbedarf ist gering, denn spieltechnisch wird nur das obere Viertel jeder Karte benötigt. Die Mitnahme ist unproblematisch, denn das gesamte Material passt in eine mittelgroße Ziptüte. Ein paar Zettel und ein kurzer Stift runden das benötigte Material ab. Wer möchte, kann die vier Holzmarker durch Münzen ersetzen. |
Steckbrief Tides of Time |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Kristian Čurla | Pegasus | 2 Spieler | ab 8 Jahre | 15 - 20 Minuten | Rafal Szyma |