Es ist nicht ungewöhnlich, wenn mehrere Autoren zusammen ein Spiel entwickeln und es dann mit mehreren Namen auf der Schachtel veröffentlicht wird. Mit vier Autoren ist die Zahl hier recht hoch, was an der Besonderheit des Spiels liegt: Es wurde im Biologieunterricht entwickelt, um den Lebensrhythmus in der Tierwelt spielerisch darzustellen.
Jeder Spieler übernimmt eine Tierart, die spielerisch alle gleich sind. Es gibt sechs Lebensräume, die unterschiedliche Lebensbedingungen bieten. In der Wüste können nur drei Tiere leben und zu Beginn überlebt ein Tier gerade mal die aktuelle Spielrunde. Besser sind die Umstände schon im Gebirge, sodass dort fünf Tiere leben können. Im fruchtbaren Wald erhöht sich die Zahl auf sieben, und mit drei Runden ist hier auch zu Beginn des Spiels die Lebenserwartung recht hoch. Die weiteren drei Lebensräume bieten analoge Bedingungen zu den drei genannten.
Die Entwicklung unserer Tierart besteht aus zwei Teilen: Ausbreitung und Evolution. Die Ausbreitung beginnt mit drei Tieren, die ich auf dem der Spielerzahl angepassten, variablen Spielplan einsetze. In jeder Runde dürfen sich die einige Tiere bewegen. Sie wandern von einem Lebensraum in einen benachbarten. Eine solche Bewegung erschöpft das Tier, was sein Leben um eine Spielrunde verkürzt. Anschließend setze ich neue Tiere gemäß meiner Vermehrungsrate ein. Die Tiere werden in einem Lebensraum geboren, in dem sich bereits ein Tier seiner Art befindet oder in einen benachbarten. Die Lebenserwartung in seinem Lebensraum bestimmt, wie alt es wird, also wie viele Runde es auch dem Spielplan bleibt.
Wenn eine Tierart nach der Vermehrung einen Lebensraum mehrheitlich beherrscht, nimmt es alle noch freien Plätze in Beschlag. Mit den anderen Tierarten, die dort leben, herrscht friedliche Koexistenz.
Durch Evolution passt sich eine Tierart den Lebensbedingungen an. Die Äußerlichkeit wird durch groß und klein beschrieben, die Fähigkeiten durch einseitig und vielseitig. In jeder Runde bekommt eine Tierart Erfahrungspunkte, mit denen Karten gekauft werden können. Jede weist eine andere Wertekombination von Äußerlichkeit und Fähigkeit auf. Besitzt die Tierart die richtige Konstellation, kann eine Karte gespielt werden, was ein oder zwei Eigenschaften verbessert. Preiswerte Karten erhöhen dabei die Lebenserwartung in bestimmten Landschaften, teure Karten entweder die Vermehrung, die Bewegung oder die Erfahrung.
Mit Ausbreitung und Evolution versucht jede Tierart, fünf von sieben Zielen zu erfüllen. Diese sind in sieben Gruppen aufgeteilt, die jeweils drei oder vier Karten umfassen. So werden ähnliche Ziele in einem Spiel vermieden, und gleichzeitig gibt es in jedem neuen Spiel andere Vorgaben. Die Ziele beziehen sich entweder auf die Situation in den Lebensräumen oder auf die Entwicklung der Tierart. In den Lebensräumen gibt es dabei eine einfache, wirkungsvolle Eigenheit der Ziele: Eine Tierart muss den Lebensraum entweder überhaupt nur bewohnen, mehrheitlich bewohnen oder sogar vollständig. Damit wurden viele Ziele mit ähnlichem Schwierigkeitsgrad konstruiert.
Biosphere ist eine einfache Simulation mit einem umfangreichen, aber überschaubaren Regelwerk. Der Ablauf ist ungewöhnlich und damit originell. Bei den meisten Spielern dauerte es eine Partie, bis er verinnerlicht wurde. Dabei hilft das Thema, weil es eine Vorstellung von den Geschehnissen ermöglicht. Apropos erste Partie: Diese ist für jeden Spieler zum Kennenlernen. Ausnahmslos waren die Spieler in die Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Tierart verliebt, entwickelten und verbreiteten sie und vergaßen die Ziele. Mit steigender Erfahrung änderte sich das Spielverhalten. Nach einer anfängliche Entwicklung wurden bald die ersten Ziele angegangen. Inzwischen geht ein Spiel bei uns nur noch über sechs bis acht Runden. Eine extrem hohe Lebensdauer benötigen „unsere Tierchen“ daher nicht mehr.
Das Spielgefühl ähnelt dem eines Aufbauspiels. Meine Tierart entwickelt sich und außer der Konkurrenz um Evolutionen können meine Mitspieler keinen Einfluss darauf nehmen. Anders sieht es in den Lebensräumen aus: Ein Tier in eine Landschaft setzen, damit der Mitspieler sie nicht vollständig bewohnt, ist ein effizienter Weg, die Erfüllung eines Ziels zu verhindern. Auch Landschaften blockieren ist ein probates Mittel. Weil die Möglichkeiten offensichtlich sind und nur behindern, aber nichts zerstören, bleibt ein konstruktives Spielgefühl.
Im meinen Spielrunden kam das Spiel sehr gut an, obwohl es klare Kritikpunkte gibt: Wird mit einer Tie-Breaker-Leiste gespielt, erhalten Spieler, die dort nicht investieren, eine Strafe. Dies widerspricht dem positiven Spielgefühl. In einer Variante wird auf diese Leiste verzichtet. Es kam die Frage auf, warum dies nicht der Standard ist. Auch empfanden wir die Aufträge als unausgewogen. Einige Aufträge erfüllen sich fast von nebenher. Andere, vor allem Auftrage bei denen Lebensräume vollständig besetzt werden müssen, sind gegen Ende des Spiels fast nicht erfüllbar. Schließlich kam, fast selbstredend, der Wunsch auf, die Tierarten mögen doch individuelle Eigenschaften, sprich Startpositionen haben. Ich verstehe das und genauso, das es sie nicht gibt. Es hätte vieler Tests bedurft, um die Ausgewogenheit zu gewährleisten.
Die Kritik ist damit genannt. Das Lob möchte ich erweitern: Die Ausstattung ist hervorragend und umfangreich. Das gewählte Material lässt keine Wünsche offen. Das Spielmaterial ist eher schlicht gehalten, was der Übersichtlichkeit dient. Dafür ist die Cover-Grafik detailgenau und naturgetreu.
Biosphere ist ein Spiel aus einem Kleinverlag. Wer bereit ist, die wenigen Konzessionen einzugehen, die ein Kleinverlagssspiel fordert, findet hier eine schöne Simulation, die mit den unterschiedlichen Zielen für immer neue Herausforderungen sorgt. (wd)
Das Rad des Lebens Es ist "nur" eine Drehscheibe, doch sie entscheidet über Leben und Tod. Bei der Geburt eines Tieres entnimmt der Spieler seinem Tableau die Lebensdauer im entsprechenden Lebensraum. Auf der Drehscheibe korrespondiert diese mit der arabischen Ziffer (1). Der Würfel, der das Tier darstellt, wird nun mit der zugeordneten Zahl in Würfelpunktsymbolik (•••) auf den Spielplan gesetzt. |
Steckbrief Biosphere |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Christoph Bauer, Max Kleinschroth, Philipp Rösch, Tilman Schneider | DDD | 2 - 6 Spieler | ab 12 Jahre | 30 - 90 Minuten | Katharina Kubisch, Eilif Siebenpfeiffer |