Wir kennen es vom Urlaub: Mutige Sonnenanbeter schieben ihre Liege möglichst nah ans Wasser, damit die Abkühlung so nah ist wie der Sonnenbrand. Doch ein wenig Pech kann für eine hohe Welle sorgen und die wiederum für nasse Handtücher, Körper und in schlimmeren Fällen auch Handys und Kameras. Niemand zeigt es dann offen, aber Schadenfreude ist die beste Freude.
Jetzt sind wir mitten im Szenario von High Tide. An sechs farblich markierten Stränden möchten wir schön nah ans Wasser, an bitte nicht ins Wasser. Wem es nun an einem Abschnitt gar nicht nach dem feuchten Nass dürstet, dem dürstet es vielleicht nach einem Cocktail. Die Strandbar ist eine gute, wenngleich weniger punkteträchtige Alternative.
In bis zu sechs Durchgängen nähern wir uns dem Wasser. Zwischen der Handtuchablage und dem Liegestuhlverleih befinden sich drei Reihen. Jede Reihe steht für einen Versuch, ein akzeptables Ergebnis für die Bewegung meiner Liegestühle zu erzielen. Dazu ziehe ich zwei Würfel, die durch ihre Farbe einem Strand zugeordnet sind, aus einem Beutel und würfele sie. Gefällt mir das Ergebnis nicht, lege ich die Würfel auf der Reihe ab, die dem Wasser am nächsten ist. Dann beginnt die Prozedur von vorne. Nehme ich das Ergebnis, sei es freiwillig oder weil ich keinen Ablageplatz mehr habe, rücken meine beiden Liegestühle an den Strandabschnitt in den Würfelfarben vor und zwar um die gewürfelte Augenzahl. Die Würfel landen dann bildlich im Pool, der so zum Würfel-Pool wird.
Die nachfolgenden Spieler verfahren ebenso, haben aber eine Alternative. Sie können direkt zu Beginn ein abgelegtes Würfelpaar nehmen und damit ihre Liegestühle bewegen. Sonst geht auch bei ihnen die Würfelei los. Nachdem jeder Spieler seine Liegestühle in Richtung Wasser bewegt hat, bleibt ein Würfelpaar übrig. Am Strandabschnitt des Würfels mit der höheren Zahl kommt eine hohe Flutwelle. Der andere Würfel bestimmt den Strand, an dem die kleine Welle kommt.
Steht ein Liegestuhl im Wasser oder sind sechs Runden gespielt worden, endet das Spiel. Überschwemmte Liegestühle zählen für die Endabrechnung nicht und werden entfernt. Je nach Spielerzahl gibt es nun Punkte für die zwei oder drei Liegestühle an einem Strandabschnitt, die dem Wasser am nächsten sind. Trostpunkte gibt es für diejenigen, die die Strandbar nicht verlassen haben. Natürlich gewinnt der, der die meisten Punkte gemacht hat.
Das Szenario kennt fast jeder, der einmal Strandurlaub gemacht hat. Für ein Spiel ist es neu und thematisch umgesetzt. Anders sieht es mit dem Spiel selbst aus. Mit Würfeln um die Wette laufen, nochmal Würfeln und auch zu viel zu riskieren sind bekannte Elemente, die neu abgemischt wurden. Die zwei unterschiedlichen Seiten setzen sich fort. Zum einen haben wir hier ein lockeres Würfelspiel, bei dem der Zufall naturgemäß eine nicht unerhebliche Rolle spielt; zum anderen macht gerade dies die Anfangsphase einfach, aber auch monoton. Schließlich ist es noch recht egal, an welchem Stand ich vorwärts rücke. Auf der einen Seite geht nur in einer Runde jemand baden, auf der anderen Seite ist das gerade das Element, das Spannung bringt. Ebenso verhält es sich mit dem Spielablauf. Er ist recht simpel, doch die Handhabung ist nicht intuitiv und führt gerade in den ersten Spielen zu stockendem Spielfortgang.
Dieser Zwiespalt setzt sich auch im Gesamteindruck fort. Ich habe Runden erlebt, die sich langweilten und froh waren, als das Spiel zu Ende ging. Genauso gab es Gruppen, die es spannend, locker und unterhaltsam fanden und voller Begeisterung auch die Würfe der Mitspieler verfolgten. Für mich hängt der Spielspaß hier sehr stark von der Gruppe ab, die am besten aus fünf Personen bestehen sollte. In dieser Größe entfaltet das Spiel das volle Potential.
Zum Schluss sei noch angemerkt, dass für Freunde derartiger Spiele vier Module im Spiel enthalten sind, die Abwechslung bieten. Auch hier der Zwiespalt: Die Module erfordern noch mehr Handling um Nuancen zu verändern. Der grundlegende Charakter eines zufallsbasierten Würfelspiels ändert sich durch die Module nicht. (wd)
Steckbrief High Tide |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Dirk Henn | Queen Games | 3 - 6 Spieler | ab 8 Jahre | ca. 25 Minuten | Dennis Lohausen |