Wir begeben uns auf eine Reise, nach Irland, die Insel im Westen Europas. Wir kommen dort zu der Zeit an, als es noch Barden und Druiden gab und die Nebel noch über Avalon waberten. Von dieser Welt kennen wir lediglich einen kleinen Ausschnitt: Pro Spieler ist uns eine Landschaft mit ihrer besonderen Eigenschaft bekannt.
Zunächst benötigen wir einen Anführer, den Brenn. Er bestimmt eine Landschaft, in der die Hauptstadt errichtet wird. Sie ist durch eine große Siedlung und eine Kultstätte gekennzeichnet. Dann besiedeln wir die Landschaften mit zwei unserer Clans. Grob beschrieben besteht unser Ziel darin, uns zu vermehren und auszubreiten. Dafür gibt es Karten, die in drei Typen unterteilt sind.
Zu Beginn jeder Runde werden die Häuptlinge bestimmt. Dies ist für jede Landschaft die Clan-Familie, die am stärksten dort vertreten ist. Die Hauptstadt bestimmt dabei den Brenn. Die Häuptlinge erhalten die Vorteilskarten ihrer jeweiligen Landschaft. Sie bringen in jeder Runde einen kleinen Spielvorteil.
Für die grundlegenden Aktionen der Clans gibt es die Aktionskarten. Es sind 12 bei zwei und drei Spielern, 16 bei vier Spielern. Diese Karten werden durch Drafting verteilt. Anschließend werden diese Aktionskarten gespielt und ausgeführt.
Über zwei Karten erhält man die dritte Kartenart: Die Heldentatkarten. Sie sind mächtig, einmal nutzbar und können im Gegensatz zu Vorteils- und Aktionskarten für spätere Runden aufgeschont werden.
Ein Teil der Aktionen besteht darin, auf unterschiedliche Art neue Clans nach Irland zu bringen. Andere wiederum erlauben den Bau einer Siedlung oder einer Kultstätte sowie das Entdecken einer neuen Landschaft.
Weitere Karten erlauben Bewegungen von Clans. Betritt ein Clan eine Landschaft, kommt es zum Kampf. Einige Clans können sich in die Siedlungen zurückziehen und nehmen dann nicht mehr an den Kampfhandlungen teil. Danach beginnt der Initiator mit einem Angriff: Er wählt einen fremden Clan als Ziel aus. Sein Besitzer muss nun entweder den Clan entfernen oder eine Aktionskarte ungenutzt ablegen. Danach folgen die anderen Spieler und führen jeweils einen Angriff aus. Alternativ kann auch der Rückzug angetreten werden, wenn man Häuptling in einer benachbarten Landschaft ist. Der Kampf endet, wenn alle beteiligten Parteien Frieden beschließen.
Das Spiel geht in seine Schlussphase, wenn die Clan-Familien eines der drei Spielziele erreichen: Anwesenheit in mindestens sechs verschiedenen Landschaften, Anwesenheit in Landschaften mit zusammen mindestens sechs Kultstätten oder Häuptling in Landschaften mit mindestens sechs fremden Clans. Wer eine Bedingung erfüllt, darf sich zum Anwärter auf den Spielsieg küren. Hält der Spieler das Spielziel bis zum Beginn der nächsten Runde, so ist er der Sieger.
Es gab einige Spiele, in denen der Drafting-Mechanismus benutzt wurde, um Aktionen und Siegpunkte zu verteilen. Das hat bei 7 Wonders wunderbar funktioniert, weil dort das Draften den Kern des Spiels bildete. Bei anderen Spielen funktionierte das Zusammenspiel von Draften und Aktionen nicht gut: Entweder war das Draften trivial oder die Balance zwischen der Zeit zum Draften und der Zeit für die Aktionen stimmte nicht. Bei Inis ist das anders. Der kleine, aber fein ausgelotete Satz an Aktionskarten ist nach einem Spiel bekannt. Daher geht das Draften schnell, obwohl hier wichtige Entscheidung zu fällen sind. Ewig gibt es den Spagat zwischen weiterer Ausbreitung, die zum Spielziel führen, und der Verteidigung des Erreichten.
Dies setzt sich bei der Umsetzung der Aktionen fort. Hier wird das ganze Spektrum an Interaktionen geboten: Friedliche Koexistenz auf gemeinsamen oder benachbarten Landschaften, die Forcierung eines Konflikts und darin wiederum Angriff, Rückzug, Friedensangebote. Hinzu kommen Aktionen, die kleine Nadelstiche setzen, ohne einen direkten Konflikt auszulösen. Letztendlich ist der Konflikt nur ein Mittel zum Zweck. In der Regel schwächt er die beteiligten Parteien und ist dem Spielziel abträglich. Konstruktive Wege sind vielfach möglich, bis die Neider kommen oder der Spieler sich zum Anwärter auf den Spielsieg erklärt.
Der Spielablauf dieses Ausbreitungsspiel überzeugt mich vollends. Eine besondere Erwähnung verdient dabei die Ausgewogenheit. Die 16 Aktionskarten bieten alle ihre Vorteile. Es hängt von der aktuellen Situation und den Vorlieben eines Spielers ab, welche er für sich persönlich als stark empfindet. Hinzu kommen die Vorteils- und vor allem die Heldenkarten. Keine zwei Karten sind identisch. Dabei sind die Karten immer hilfreich und niemals zu stark.
Das spiegelt sich für mich auch in einer anderen Bobachtung wider: Ich habe Spiele erlebt, in denen der erste Spieler, der eines der Spielziele erreicht hat, sofort siegreich war. Ebenso gab es Spiele, bei denen Anwärter gestoppt wurden. Selbst wenn ein Spieler komplett aus Irland verdrängt wurde, kann er sich wieder so weit entwickeln, dass er den Sieg noch erringen kann. Diese Erfahrung unterstreicht, dass jedes Spiel bis kurz vorm Ende spannend ist.
Als letztes gehe ich kurz auf die Gestaltung ein. Die Grafik ist im Stile alter irischen Tradition gehalten. So wird stimmungsvoll in das Spiel eingeführt, selbst dann, wenn einem Spieler diese Art der Illustration nicht zusagt. Clans in unterschiedlichen Formen, im Spiel ohne Bedeutung, und eine ungewöhnliche Landschaftsform heben das Spiel optisch von anderen Spielen ab. Selten habe ich ein Spiel vorgefunden, dessen Konzept so konsequent bis ins letzte Detail umgesetzt worden ist, wie hier bei Inis. Ich stehe Spielen mit direkten Konflikten eher kritisch gegenüber. Hier haben mich die Mechanismen, die Ausgewogenheit und die Gestaltung überzeugt. So kann ich Inis aus vollster Überzeugung empfehlen.(wd)
Steckbrief Inis |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Christian Martinez | Pegasus | 2 - 4 Spieler | ab 12 Jahre | 45 - 60 Minuten | Camille Durand-Kriegel, Sabrina Tobal, Jens Wiese |