Eine Party. Nichts los. Meine Frau, der Gastgeber und ich stehen zusammen. Wie kann ich meiner Frau mitteilen, wie ich die Party empfinde, ohne dass der Gastgeber es versteht? Schnitt!
In einem Spiel sollte der Begriff "langweilig" beschrieben werden. Zur Erklärung gab es "...-Spiele sind so." Ich verschweige den Verlag, für den die drei Punkte stehen. Der Begriff wurde schnell erraten. Schnitt!
Auf der Party. Ich sage: "Die Party ist wie ...-Spiele" und nutze eine Assoziation, die nur meine Frau versteht. Die Idee hinter Decrypto ist ähnlich aufgebaut.
Die Spieler werden in zwei Teams aufgeteilt. Jedes Team erhält eine Tafel, die mit vier Wörtern bestückt wird. Nur das eigene Team sieht die Wörter, die durch die Tafel von 1 bis 4 durchnummeriert sind.
In der ersten Runde bekommt ein Spieler jedes Team eine Code-Karte. Sie zeigt drei Zahlen, z. B. 4 – 2 – 1. Nun muss der Spieler Begriffe finden, mit denen die Mitspielern den Code erkennen. Lautet das wort für die 4 „Eisen“, so kann er „Metall“ sagen. Ebenso verfährt er für die beiden anderen Zahlen. Die Mitspieler müssen nun Code nennen. Ist der Code falsch, war es eine Missverständnis. Zwei davon führen zum Verlust des Spiels.
Ab der zweiten Runde versucht die gegnerische Mannschaft den Code abzufangen. Wie vorher bekommt ein Spieler einen Code und nennt Begriffe. Dann schreibt die gegnerische Mannschaft den Code auf, den sie für richtig hält. Wieder nennen die Mitspieler ihren Code, und es kommt zur Auflösung: Hat die gegnerische Mannschaft den richtigen Code aufgeschrieben, wurde die Nachricht abgefangen. Zweimaliges Abfangen bringt den Sieg. Weiterhin wird auch ein Missverständnis geahndet.
Nun ist Decrypto kein Gedächtnisspiel. Deshalb werden die Begriffe aufgeschrieben. Ein sehr gut strukturiertes Formular unterstützt die Spieler dabei. Dieser Verwaltungsakt lähmt zunächst den Spielfluss. Mit ein wenig Erfahrung, dazu genügt ein Spieler in jeder Mannschaft, ändert sich das. Die Übersichtlichkeit erleichtert die Überlegungen.
Diese wiederum sind der Kern des Spiels. Zu offensichtliche Begriffe erhöhen die Chance, dass der Code abgefangen wird. Schwer nachvollziehbare Assoziationen führen unweigerlich zu Missverständnissen. Die Spieler sitzen in einer Zwickmühle. Sie gilt auch für das gegnerische Team, doch nur der Druck in der eigenen Mannschaft ist spürbar.
Decrypto benötigt ein paar Partien, bis es seine Stärken zeigt. Alle Aufgaben haben ihren Reiz und ihre Emotionen. Nenne ich die Begriffe und lausche dann den Diskussionen, schwanke ich zwischen Hoffen und Bangen. So mancher Satz eines Teammitglieds lässt sich noch heute an den Bissspuren in unserem Tisch ablesen. Gehöre ich zu denen, die den Code entschlüsseln, bin ich tief in die Überlegungen eingebunden. Ich versuche die Assoziationen nachzuvollziehen. Schließlich möchte ich auch den gegnerischen Code abfangen. Hier bilde ich Assoziationen zwischen den Begriffe und überlege, welches Wort auf der Tafel stehen könnte. Dabei bildet sich ein Spannungsbogen, der bis zur Auflösung ansteigt.
Ich habe mehrfach einen Vergleich mit Codenames gehört. Die Gemeinsamkeit sind die Assoziationen. Codenames ist einfacher, weil die gegnerische Mannschaft keinen Einfluss hat und dadurch einfache Assoziationen benutzt werden können. Bei Decrypto sind offensichtliche Begriffe gefährlich. Mit steigender Rundenzahl wird es immer schwieriger, geeignete Assoziationen zu finden. Das Risiko, dass der Code abgefangen wird oder es zu einem Missverständnis kommt, steigt mit der Spieldauer.
Wer aufgrund der Assoziationen Freude an Codenames hat, wird sicher auch mit Decrypto warm. Ansonsten empfehle ich es allen Spielern, die gern anspruchsvolle Wortspiele spielen. (wd)
Steckbrief Decrypto |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Thomas Dagenais-Lespérance | Scorpion Masque | 3 - 8 Spieler | ab 12 Jahre | ca. 30 Minuten | Nils, Fabian Fulchiron, Manuel Sanchez |