Es gibt sie immer wieder: Piratenspiele. Meistens sind wir die Piraten; manchmal müssen wir sie auch von unseren Schiffen und deren Goldladungen fernhalten. Nun gibt es etwas Neues: Das After-Pirate-Game, das Spiel für die Zeit, in der die Piraten längst ein Mythos sind und die Insel mit den Schätzen verlassen ist.
Solch eine Insel ist Loot Island, denn hier sollen große Piratenschätze vergraben sein. Bisher hat sich niemand auf die Insel gewagt, denn die Geister der Piraten spuken laut Gerüchten umher und verfluchen die Schätze. Das ist natürlich die richtige Herausforderung für uns. Gemeinsam geht es mit unserem weißen Segelschiff Richtung Loot Island.
An acht verschiedenen Plätzen können sich Schätze befinden, jedoch kann ein Abenteurer maximal an drei Orten gleichzeitig wirken. Zusammen müssen wir genügend Informationen über einen Ort sammeln, damit wir dort den Schatz finden. Dazu legen wir Karten, die es in vier Farben und den Werten von 1 bis 10 gibt, an die Schatzorte an. An einem Schatzort dürfen immer nur Karten der gleichen Farbe angelegt werden, die dazu mindestens den Wert der zuletzt angelegten Karten haben muss.
Wenn kein Spieler mehr Karten anlegen möchte, kommt es zur Schatzverteilung an den beiden Orten, die direkt vor dem Bug des Schiffes liegen – genügend Karten vorausgesetzt. Dabei gibt es mehr Schätze an dem Ort, am dem mehr Karten liegen. Am jedem Ort wählt der Spieler den ersten Schatz aus, der dort als erster anwesend war. Es folgen die weiteren Spieler, falls ausreichend Schätze zu verteilen sind. Gibt es mehr Schätze als Anwesende, wird die Verteilung mit dem ersten Spieler fortgesetzt.
Es gibt sechs verschiedene Schatzarten, die auf unterschiedliche Arten Siegpunkte bringen, zum Beispiel bringt ein Teil des Amuletts wenig Siegpunkte. Ein vollständiges Amulett hingegen bringt viele Siegpunkte. Bei der Wahl des Schatzes ist nicht nur sein Wert zu berücksichtigen, sondern auch die Flüche, die er dem neuen Besitzer bringt. Wer am Ende des Spiels zu viele Flüche besitzt, scheidet aus. Deshalb ist es durchaus sinnvoll, einen Schatz bei der Vergabe nicht anzunehmen, denn für diese noble Geste wird man einige seiner Flüche los.
Loot Island bietet mehr als Karten ablegen. Dafür sorgen zum einen kleine zusätzliche Funktionen auf den Karten. Sie betreffen vielfach auch die Mitspieler und sorgen so für eine indirekte Interaktion. Zum anderen bringen Eilande, die mit zwei gleichfarbigen Karten angelaufen werden, weitere taktische Möglichkeiten. Sie stehen zwar allen Spielern zur Verfügung, können aber nur einmal pro Runde genutzt werden. Die Eilande erlauben unter anderem das Schiff weitersegeln zu lassen, sich an einem Schatzort bei der Verteilung vorzudrängeln oder massiv Flüche loszuwerden.
Nach fünf Runden, die durch Ereignisse alle ein kleines bisschen anders verlaufen, endet das Spiel. Wer ein paar Flüche hat, muss nun zur Heilerin. Sie befreit den Spieler von sämtlichen Flüchen und wird in Siegpunkten bezahlt. Sie behandelt immer den Spieler mit den wenigsten Flüchen zuerst, und der Preis steigt mit jeder Behandlung. Die Siegpunkte, die den Spielern nach der Heilbehandlung verblieben sind, entscheiden dann über den Spielsieg.
Loot Island kommt in einer mittelgroßen Schachtel daher und hat eine Altersangabe ab 10 Jahre, beides durchaus ungewöhnlich für ein Kennerspiel. Dabei bietet es alles, was das Spielerherz begehrt: Eine Geschichte, Interaktion, Miteinander und Konkurrenz, Abwechslung und Zielstrebigkeit sowie eine klar strukturierte Regel.
Ein Kennerspiel ist Loot Island aufgrund der Vielzahl an Regeln. Die Altersangabe scheint dazu im Widerspruch zu stehen, doch ist das Spiel gradlinig: Es geht darum Schätze zu sammeln. Der Weg dorthin ist auch vorgegeben. Ich benötige die Mitspieler, damit an den Schatzorten genügend Informationen, sprich Karten, vorhanden sind. Andererseits gönne ich den Mitspielern keine wertvollen Schätze. Deshalb möchte ich lieber vor ihnen wählen. Selten nur funktioniert ein Mit- und Gegeneinander wirklich gut in Spielen. Hier hingegen bildet dieser Gegensatz die Grundlage des Spiels und sorgt für viel Spannung.
Diese Spannung wird durch die Eilande erhöht. Sie haben erheblich Wirkung auf den weiteren Spielverlauf, vor allem die Verteilung der Schätze. Fahre ich sie zu früh an, können die Mitspieler auf meine Absichten gut reagieren; plane ich, sie später anzufahren, mag ein Mitspieler mir zuvorkommen. Hier ist ein gutes Timing notwendig.
Damit bietet das Spiel viele gute und dazu selten gebotene Facetten. Hinzu kommt die Geschichte. Sie weist am Ende einen Höhepunkt auf. Nicht allein die Schätze entscheiden über den Sieg, denn der Gang zum Heiler kann die Reihenfolge noch einmal kräftig verändern.
Zum Abschluss liste ich gern weitere Vorzüge des Spiels auf. Der Ablauf ist nach einer Runde (nicht einmal Spiel!) klar. Die Spielzüge sind kurz; so entsteht keine Downtime. Grafik und Material sind angemessen und zuletzt ist es in jeder Spielerzahl sehr gut spielbar. Zu zweit kommt ein dritter, imaginärer Spieler namens Aaron hinzu, der einfach zu bedienen ist und neue taktische Möglichkeiten eröffnet.
Für mich ist Loot Island ein Highlight des aktuellen Spielejahrgangs. Die Schätze mögen verflucht sein, das Spiel ist ein Segen. (wd)
Steckbrief Loot Island |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Aaron Haag | What's your Game | 2 - 5 Spieler | ab 10 Jahre | 30 - 60 Minuten | Mariano Iannelli |