Die Quacksalber von QuedlinburgDie Quacksalber von Quedlinburg

Es beginnt mit einer ungewöhnlichen Alliteration mit dem Q, einer der so selten benutzten Buchstaben unseres Alphabets. Es setzt sich fort mit Quedlinburg. Die Stadt ist ein UNESCO-Welterbe und damit eines der flächenmäßig größten Denkmäler Deutschlands. Auch heute noch haben sie einen Markt. Wir jedoch gehen ein paar Jahrhunderte zurück und werden zu Quacksalbern, in der Regel auch liebevoll Kurpfuscher genannt. Für den damaligen Markt stellen wir unsere Salben her.

Dafür besitze ich einen großen Kessel und einen Beutel, der diverse Zutaten enthält. Das Grundprinzip ist simpel: Ich ziehe eine Zutat aus dem Beute, die einen Wert von 1 bis 4 hat. Im Kessel befindet sich eine spiralförmige Skala. Ein Tropfen zeigt mein Startfeld an. Die gezogene Zutat lege ich nun so viele Felder weit von der letzten Zutat, im ersten Zug vom Tropfen, entfernt auf die Skala wie ihr Wert beträgt. Das nächste freie Feld gibt an, wie viel Geld und Siegpunkte ich erhalte, wenn ich mich entscheide, aufzuhören. Für das Geld kaufe ich weitere Zutaten, die Siegpunkte werden auf der Leiste notiert.
Ziehe ich eine weitere Zutat, lege ich sie wieder in den Kessel. Dabei gelangen auch Knallerbsen, die Grundsubstanz der Salbe, in den Kessel. Übersteigt ihr Gesamtwert 7, explodiert mein Kessel und ich muss aufhören. Ich erhalte jetzt entweder Geld oder Siegpunkte. Wer nach neun Runden die meisten Punkte besitzt, ist der Gewinner.

Dieses Can’t-Stop-Prinzip ist hier in einer kleinen Thematik eingebunden. Der Reiz des Spiels, der in meinem Runden immer gegeben ist, kommt durch die sieben verschiedenen Zutaten. Zwei davon, der Kürbis und der Totenkopffalter, funktionieren immer gleich: Der Kürbis ist ohne weitere Funktion, der Totenkopffalter bringt dem Spieler einen Vorteil, der mehr als seine Nachbarn davon im Kessel hat. Für die anderen fünf Zutaten gibt es vier verschiedenen Funktionen, die in den Zutaten-Büchern beschrieben werden. So bringt zum Beispiel die Kreuzspinne immer dann einen Vorteil, wenn sie als eine der letzten beiden Zutaten in den Kessel gelangt.
Die Bücher sind in vier Sets zusammengefasst, bei denen die Zutaten gut aufeinander abgestimmt sind. Dabei sind sie nach Komplexität geordnet, sodass Anfänger mit dem ersten Set leicht zu Hand habende Zutaten vorfinden. Die ausgewählten Zutaten können auch aus verschiedenen Sets stammen, denn die Mächtigkeit der Funktion bestimmt den Preis einer Zutat.

Das Spiel wird durch weitere Elemente abgerundet: Rubine und Rattenschwänze, Flaschen, Ereignisse und Bonuswürfel. Eine Spirale im Kessel bildet den Weg, auf dem die Zutaten abgelegt werden. Ein Tropfen kennzeichnet die Stelle, an der ich mit der Auslage beginne. Für zwei Rubine rückt der Tropfen ein Feld auf der Spirale vor. Dadurch starte ich jede nachfolgende Runde weiter vorn. Gehöre ich zu den Spielern, die nicht führen, platziere ich zusätzliche meine Ratte im Kessel. Auf der Siegpunktleiste sind dafür viele der possierlichen Tierchen abgebildet. Ihre Schwänze schlängeln sich zwischen zwei Zahlen hindurch. Für jeden solchen Schwanz, der zwischen den Punkten des Führenden und mir liegen, lege ich meine Ratte ein Feld vor den Tropfen und erhalte so eine noch günstigere Ausgangsposition. An einen Rubin gelange ich, wenn mein Wertungsfeld für Geld und Siegpunkte zusätzlich einen Rubin zeigt.
Vor jeder Runde wird eines von 24 Ereignissen verkündet. Sie wirken entweder sofort oder am Ende einer Runde und sind leicht zum Vorteil von Spielern, die hinten liegen. Ebenso wirkt der Bonuswürfel, den derjenige werfen darf, der in einer Runde das beste Ergebnis erzielt. Zuletzt gibt es eine Flasche mit Essenz. Sie erlaubt es, eine Knallerbse wieder in den Beutel zu werfen – außer wenn der Kessel explodiert. Damit habe ich minimalen Einfluss auf den Zufall. Übrigens lässt sich eine Flasche mit zwei Rubinen wieder auffüllen.
Wer sich noch mehr Varianz und Entscheidungsfreiheit wünscht, kann eine mitgelieferte Variante spielen. Es gibt einen weiteren Tropfen, der auf einer Reagenzglasleiste bewegt wird. Ich kann diesen Tropfen anstelle des Tropfens im Kessel bewegen, und erhalte entweder Siegpunkte oder eine Zutat.

Der zügige Spielverlauf, bei dem die Spieler durchgängig beschäftigt sind, bildet die Ausgangsbasis für das angenehme Spielgefühl und den hohen Spannungsbogen. In Gegensatz zu den bisherigen Spielen mit Can’t-Stop-Mechanik gestalte ich hier im Laufe des Spiels meine persönlichen Wahrscheinlichkeiten. Mir wird dadurch bewusst, auf was ich warte. Ich hoffe auf die guten Zutaten und verfluche die schlechten, seien es die Knallerbsen oder auch eine ungünstige Reihenfolge der anderen Zutaten. Dieses Hoffen und Bangen erzeugt in mir Spannung und lässt mich das Spiel mit vielen Emotionen erleben. Bei aller Planung spielt der Zufall weiterhin eine entscheidende Rolle.
Selbst wenn das Spiel mich ärgert, weil es nicht gut läuft, findet es einen Ausgleich. Es tröstet mich mit Ereignissen und vor allem mit Rattenschwänzen. Es lässt mich nicht im Stich, gewährt es mir doch immer dich Chance, zum Führenden aufzuholen. Dennoch, ein Vorsprung bei den Siegpunkten ist trotz aller Kompensation erstrebenswert.
Es gibt noch etwas, was mir an den Quacksalbern gefällt. Wenn ich „kaputtgehe“ bekomme ich immer noch eine von zwei Belohnungen. In vielen Can’t-Stop-Spielen gehe ich dann leer aus, hier nicht. Das trägt natürlich zum positiven Spielgefühl bei. Ich kann das sogar taktisch nutzen, indem ich risikoreich spiele. Explodiert mein Kessel, ist meine eine Belohnung größer und die andere weg.

Einfluss und Zufall, Emotionen und Spannung, teure Salben und explodierende Kessel prägen dieses Spiel, das sich zwischen anspruchsvollem Familienspiel und einfachen Kennerspiel bewegt. In meinen Runden kam das Spiel durch weg gut an. Auch wenn ich alle Sets und die Variante bereits gespielt habe, ist bei mir noch lange nicht Schluss. Ich rühre weiter im Kessel, solange bis er explodiert. (wd)

Steckbrief
Die Quacksalber von Quedlinburg
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Wolfgang Warsch Schmidt 2 - 4 Spieler ab 10 Jahre ca. 45 Minuten Dennis Lohausen