Roll PlayerRoll Player

Volk: HalblingIch bin Rollenspieler, in Deutschland sicher einer der ersten, denn ich habe mit dem englischen D&D angefangen. Bevor ich auf Abenteuer gehen kann und Geschichten wie Herr der Ringe erlebe, muss ein Charakter erschaffen werden. Mit einer Würfelorgie bekommt meine Figur Werte, zum Beispiel wie stark sie ist, wie sie aussieht oder ob sie spezielle Fähigkeiten oder andere Eigenheiten hat. Manches wählt der Spieler nach seinen Vorstellungen. So gibt er dem Charakter einen Namen seiner Wahl.
Als ich von Roll Player hörte, wollte ich es sofort kennenlernen. Der Prozess der Charaktererschaffung als taktisches Würfelspiel! Modernes Spieldesign verbunden mit einem "Back to the Roots". Was kann es für mich Schöneres geben?

Klasse: BardeNun ist die Charaktererschaffung ein komplexer Prozess, der mit vielen einfachen Schritten umgesetzt wird. So ist es auch in Roll Player. Zunächst wählen wir das Volk, dem unser Charakter angehört. Möchte ich einen Zwerg, einen Halbling oder noch etwas anderes erschaffen? Jedes Volk hat in einem der sechs Attribute einen Bonus, in einem anderen einen Malus.
Als nächste wird mir eine Klasse zugeteilt. Sie zeigt zwei Professionen, von denen ich eine auswählte. Mit ihr wird festgelegt, wie mein Attributwert am Ende aussehen muss, damit ich Ansehen dafür bekomme. Weiter geht es mit der Gesinnung. Sie unterteilt sich in Gut und Böse sowie Rechtschaffen und Chaotisch. In Rollenspielen beschreibt dies das grundlegende Verhalten eines Charakters. In Roll Player werden später Eigenschaften erworben, die die Gesinnung verändern. Schließlich sind wir in der Erschaffung des Charakters. Je nach Vorgabe gewinnen oder verlieren wir am Ende des Spiels Ansehen für die finale Gesinnung.

Gesinnung: FreigeistVorgeschichte: FreigesprochenerWas wäre ein Charakter ohne Vorgeschichte? Schließlich möchte ein jeder wissen, woher er kommt und warum er so geworden ist, wie er ist? In Roll Player sind es kleine Hintergrund-Stories, die zusätzlich eine Vorgaben machen: Für die Attributwerte werden sechs Reihen mit je drei Würfel bestückt. Diese gibt es in sieben Farben, goldfarbene für Goldstücke und sechs weitere Farben, die den Klassen zugeordnet sind. Die Vorgeschichte weist nun sechs der achtzehn Plätzen eine Farbe zu. Je mehr Würfel passend auf den sechs Plätzen liegen, desto mehr Ansehen gibt es.
Nachdem der Charakter seine Grundlagen bekommen hat, bilden wir die Startauslage. Dazu ziehen wir je nach Spielerzahl sechs bis acht Würfel aus dem Beutel, würfeln sie, und legen sie in die Attributreihen. Wer die Farben gerecht und gleichmäßig verteilt wissen will, kann auch eine Variante spielen, bei der die Farben vorgegeben sind. Gewürfelt wird dennoch. Zwei Regeln, die später weiterhin gelten, kommen auch hier zur Anwendung: Goldfarbene Würfel geben zwei Goldstücke, wenn eine Attributreihe vollgemacht wird, das heißt, der dritte Würfel wird hineingelegt, gibt es ein Goldstück. Mit ein wenig zusätzlichen Goldstücken besitzt so jeder Charakter ein wenig Startkapitel.

Rüstung: LederstiefelWaffe: Schwere ArmbrustJetzt kann es - endlich?! - losgehen: Zunächst wird der Markt wird mit einem Artikel mehr bestückt als es Spieler sind. Danach zieht der Startspieler Würfel aus dem Beutel, auch hier einen mehr als es Spieler sind, würfelt sie und sortiert sie nach Augenzahlen. Mit der Reihenfolge bestimmen sie, wann ein Spieler auf dem Markt einkaufen gehen darf. Niedrigere Zahlen erlauben einen früheren Einkauf. Reihum wählen die Spieler ihren Würfel, manchmal gibt es ein Goldstück dazu, und setzen ihn in eine der Attributreihen. Mit jeder Attributreihe ist eine kleine Aktion verknüpft, die eine Beeinflussung der bereits gelegten Würfel ermöglicht. So dürfen zum Beispiel zwei Würfel getauscht werden oder ein Würfel neu gewürfelt werden.

Merkmal: GewandtFähigkeit: Schloss öffnenNun beginnt der Einkauf von Waffen, Rüstungen, Merkmalen und Fähigkeiten, die wir für Gold erstehen. Waffen geben gute Vorteile während des Spiels und bei der Auswertung der Attribute. Nun benötigt jede Waffe eine oder beide Hände zum Führen, sodass die Anzahl an Waffen, die ein Charakter besitzen kann, begrenzt ist. Rüstungen werden nach ihrem Material unterschieden, zum Beispiel Ketten- oder Lederrüstungen. Sie sind Sammelobjekte, die umso mehr Ansehen geben, je mehr Teile ein Charakter besitzt. Passt die Rüstungsart noch zur Klasse, gibt es weiteres Ansehen.
Merkmale sind die Charaktereigenschaften. Oft definieren sie Bedingungen, unter denen es am Ende Ansehen gibt. Viele beziehen sich dabei auf die Würfel in den Attributreihen. Fähigkeiten hingegen werden während des Spiels angewendet und verändern dabei die Gesinnung des Charakters. Jede Fähigkeit kann einmal pro Runde genutzt werden und verbraucht sich dabei. Am Ende der Runde erhält ein Spieler eine verbrauchte Fähigkeit zurück.

Sobald alle Spieler ihr Tableau mit Würfeln gefüllt haben, endet das Spiel. Das Ansehen wird ermittelt und bestimmt den Sieger. Der Charakter wäre jetzt bereit, auf ein Abenteuer zu gehen. Roll Player endet jedoch hier. In den meisten Rollenspielen wird davon ausgegangen, dass die Charaktere überdurchschnittliche Attribute haben, weil sie nur damit überleben. Die Charaktere aus Roll Player wären aufgrund der vielen Manipulationsmöglichkeiten im Spiel bestens geeignet.

Ergebnis am Ende des SpielsDie Erschaffung eines Charakters ist komplex. Dies spiegelt sich im Umfang des Regelwerkes nieder. Jeder einzelne Schritt, jede einzelne Werte ist dabei genau definiert und einfach. Es ist die Menge an Informationen, mit denen die Spieler umgehen müssen.
Der Spielablauf ist dabei gradlinig, überschaubar und umfasst wenige Regeln. Es sind einerseits die Entscheidungen, bei denen die vielfältigen Wege zu Ansehen abgewogen werden müssen und anderseits die fein abgestimmten Aktionen, die mit den Attributreihen verknüpft sind, die dem Spieler eine zielstrebige Planung und eine gute Übersicht abverlangen.

Trotz Würfel und der Menge an Würfelwürfen ist der Spieler kaum dem Zufall ausgesetzt. Mit den vielen Einflussmöglichkeiten lassen selbst niedrige Ergebnisse bei den Startwürfeln kompensieren. Danach ist ohnehin jeder Spieler für das Geschick seines Charakters verantwortlich. Die Interaktion findet ausschließlich über die Wahl der Würfel und den Einkauf auf dem Markt statt. Hier heißt es, die Absichten der Mitspieler richtig einzuschätzen. Mehr Interaktion benötigt das Spiel auch nicht, denn die Gestaltung der Attribute erfordert höchste Konzentration. Die sichere Beherrschung der Arithmetik bis 20 ist Voraussetzung für das Spiel. Während Charaktere mit einer Intelligenz von mindestens 9 (unterer Durchschnitt) dies sicher beherrschen, habe ich bei manchem Spieler Zweifel.

Es gibt nur wenige komplexe Spiele, deren Motor Würfel sind und der Zufall eine untergeordnete Rolle spielt. Roll Player ist ein solches Spiel. Es richtet sich dabei an Rollenspieler, weil sie die thematische Einbettung verstehen und das Ergebnis zu würdigen wissen. Wie bei einem Rollenspiel erfordert Roll Player Zeit und Ruhe. Habe ich beides, sehe ich es gern auf dem Spieltisch. Und wer weiß, vielleicht zieht doch noch mal ein Charakter in ein Abenteuer. Schön wär's! (wd)

Steckbrief
Roll Player
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Keith Matejka Pegasus 1 - 4 Spieler ab 10 Jahre 60 - 90 Minuten J. J. Ariosa, Luis Francisco