Was wäre die Erde ohne Erdrotation? Solenia, ein Planet, auf dem Tag und Nacht etwas anders definiert sind. Eine Hälfte dieses Planeten liegt immer auf der Sonnenseite. Dort ist ewig Tag, so wie wir es zu Sommeranfang nördlich des Polarkreises kennen. Auf dieser Seite gibt es ein reichliches Pflanzenwachstum. Die andere Hälfte Solenias liegt in ewiger Dunkelheit. Dort finden sich große Wasserreservoirs und viel Gestein.
Aufgrund der Gegebenheiten entstehen in dem Tag- und in den Nachtstädten unterschiedliche Nachfragen. Die Tagstädte benötigen viel Wasser und Stein, jedoch nur geringe Mengen an Getreide und Holz. Bei den Nachtstädten verhält es sich genau andersherum. Hier kommen wir als Händler ins Spiel. Ausgehend von einem gemeinsamen Luftschiff laden wir Rohstoffe in unser persönliches Lager und beliefern von dort die Städte.
Das Spiel gibt dem Begriff Lochkarte eine neue Bedeutung. Jeder Händler besitzt die gleichen sechzehn Lochkarten, von denen ihm stets drei zur Verfügung stehen. Oben zeigen sie eine Zahl zwischen Null und Zwei, unten Rohstoffe, eine Zahl oder eine Landschaft. Mit einer solchen Karte markiert der Händler den Ort, den er anfliegt. Ist es eine Landschaft, bekommt er so viele Rohstoffe, wie die obere Zahl angibt. Bei einer Stadt ist zunächst ein Auftrag zu erfüllen. Vier Tag- und vier Nachtaufträge liegen dafür aus. Die Rohstoffe werden abgegeben, der Auftrag als erledigt abgelegt und ein kleiner Obolus von der Stadt mitgegeben. Später bringen die Aufträge Siegpunkte. Außerdem bringt eine Stadt Siegpunkte, wiederum so viele, wie die Zahl oben auf der Lochkarte angibt.
Es gibt auch Nullen. Bei denen gibt es natürlich keine Rohstoffe und keine Siegpunkte. Einen Auftrag darf damit aber erfüllt werden. Die Null lässt unser gemeinsames Luftschiff weiterfliegen. Der am weitesten hinter uns liegende Teil Solenias ist damit für den Handel außer Reichweite. Bei allen Lochkarten, die sich dort befinden, wird nun der untere Teil ausgezahlt. Rohstoffe werden direkt ausbezahlt. Eine Zahl bringt erneut den zu sehende Rohstoff, bei einer Stadt sind das wiederum Siegpunkte. Eine Landschaft gibt einen Siegpunkt, wenn die Lochkarte auf der abgebildeten Landschaft liegt. Danach verschwindet dieser Teil Solenias: Er wird abgebaut, gewendet - er zeigt nun einen Teil von der anderen Halbkugel -, und weit vorne wieder angebaut. Dies ist der Teil, der nun in Reichweite unseres Luftschiff gekommen ist.
Mit dem sechzehnten Handel hat jeder Händler seine Lochkarten verbraucht. Es kommt zur Endwertung. Jetzt gibt es noch ein paar Trostsiegpunkte für übriggebliebene Rohstoffe im Lager sowie Belohnungen für die gleichmäßige Belieferung von Tag- und Nachtstädten.
Solenia besticht durch ein gradliniges Regelwerk und einer großartigen Idee: Der Planet rotiert in der Geschichte nicht, doch durch den Flug über seine Landschaften verändert er sich der Spielplan für die Spieler ständig. Mit drei Handkarten bietet das Solenia den Spielern genügend Möglichkeiten. Dabei bliebt es überschaubar und sichert so einen schnellen Spielfluss.
Der Einfluss, den ich im eigenen Spielzug habe, wird in den Spielzügen der anderen Spieler durch Hoffen und Bangen ersetzt. Wenn ich bestimmte Rohstoffe benötige, andere Landschaften oder freie Städte, wünsche ich mir Nullen für einen Weiterflug. Wenn ich bereits meine nächste Landschaft auserkoren habe, bange ich darum, dass sie nicht verschwindet oder ein anderer Händler sie ansteuert. Durch die Auszahlungen von Lochkarten auf verschwindenden Landschaften sind die Spieler auch in die Züge der Mitspieler involviert. So mancher neu erhaltener Rohstoff eröffnet den Weg in die nächste Stadt und zum nächsten Auftrag.
Hinzu kommt eine gut getimete Spieldauer. Zunächst gieren die Händler nach Rohstoffen. Langsam werden die ersten Aufträge erfüllt. Es ergibt sich eine gute Mischung aus Rohstoffe sammeln und Aufträge erfüllen. Gegen Ende stehen dann die Aufträge im Vordergrund. Städte werden begehrt, manchmal sind sie ein Engpass. Durch diese drei Phasen, die sich im Spiel implizit ergeben, wird der repetitive Ablauf nicht als eintönig empfunden. Aufgrund der gleichförmigen Spielzüge wird Solenia bei uns nur selten mehrfach nacheinander gespielt. Aufgrund seiner Qualitäten wird es dafür immer wieder auf den Spieltisch gebracht. Abwechslung bringt Solenia über zwei Varianten ins Spiel. Im Winter wird der Handel individualisiert. Die Spieler wählen den Obolus für einen erfüllten Auftrag innerhalb vorgegebener Grenzen frei aus. Wem das nicht ausreicht, der kann dem Spiel auch noch individuelle Eigenschaften für jeden Händler beifügen.
Solenia ist eine große Empfehlung von mir. Der einfach zu erlernende, spannende Ablauf, die Idee des rotierenden Spielplans und die ungewöhnliche, ästhetische Gestaltung machen es für mich zu einem Spielerlebnis, auf das ich mich jetzt schon wieder freue. (wd)
Steckbrief Solenia |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Sébastian Dujardin | Pearl Games | 1 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | 30 - 45 Minuten | Vincent Dutrait |