HadaraHadara

Wenn ich ein Spiel als Prototyp kennenlerne und es gut finde, kommt eine lange Leidens- und Wartezeit. So war es bei Hadara, auf dessen Erscheinen ich fast ein Jahr warten musste. Auf der Spielwarenmesse konnte ist das fast fertige Spiel spielen. Einen Monat später spielte ich unser Exemplar. Inzwischen ist die Anzahl meiner Partien zweistellig. Das Spiel ist weiterhin sehr gut, und der Wiederspielreiz sehr hoch.

Ich schaue zunächst auf das Setting. Wir bauen eine Zivilisation auf, die durch vier Werte bestimmt wird: Einkommen, Militär, Kunst und Ernährung. Alle starten im unteren einstelligen Bereich. Dazu gibt es knapp zweistellig Münzen. Die genauen Werte werden durch eine Startkarte vorgegeben. Das klingt gewohnt, wenig aufregend und wenig originell. Das Gegenteil ist der Spielablauf.
Zu jedem der vier Bereiche gibt es Karten. Sie funktionieren vom Prinzip her gleich: Bezahle ich sie, steigern sie den Wert ihres Bereichs sowie manchmal noch den eines vorgegebenen anderen Bereichs. Zum Beispiel unterstützt Einkommen hin und wieder Militär. Außerdem gibt eine Karte Siegpunkte. Dazu kommt ein weiterer Bereich, der Karten mit Sonderfunktionen enthält. Die Karten sind der Kern des Spiels.

katakomben

Wir spielen drei Durchgänge mit zwei Phasen. In der ersten Phase bestimmt ein Spieler, mit welcher Kartenart er beginnen möchte. Implizit erhalten die anderen Spieler ihre Startbereiche. Jeder nimmer sich zwei Karten. Eine muss er offen auf den Spielplan legen. Die andere kann er kaufen und erhält den Vorteil der Karte, oder er verkauft sie für Münzen. Dies wird fünf Mal durchgeführt, und zwar in der Reihenfolge, wie die Bereiche auf dem variablen Spielplan angeordnet sind.
Anschließend werden die einzelnen Bereiche ausgewertet: Das Einkommen wird in Münzen ausgezahlt. Das Militär erobert bei genügend hohem Wert eine Kolonie. Das bringt entweder zusätzliche Münzen oder erhöht zufällige Werte. Die Kunst schließlich erlaubt, wieder einen genügend hohen Wert vorausgesetzt, das Meißeln einer Büste, wodurch ein Wert nach Wahl des Spielers erhöht wird oder wofür es am Ende Siegpunkte gibt.

In der zweiten Phasen wählen die Spieler reihum eine der Karten, die in der ersten Phase abgelegt wurden. Da die Karten nach Bereichen gestapelt wurden, ist immer nur eine Karte aus jedem Bereich verfügbar. Mit der Karte verfährt ein Spieler wie schon vorher: Entweder kauft er sie und kommt in den Genuss der Vorteile, oder er verkauft sie für Münzen. Erneut werden Einkommen gezahlt, Kolonien erobert und Büsten gemeißelt. Nun kommt auch die Ernährung ins Spiel. Ist ihr Wert niedriger als die Anzahl der gekauften Karten, müssen Karten unter Verlust der Vorteile aus dem Spiel genommen werden. Zuletzt dürfen noch Siegel erworben werden, die am Ende des Spiels entweder Siegpunkte für einen bestimmten Bereich geben oder aber für Kartenvielfalt.

Nach drei Durchgängen endet das Spiel. Büsten, Kolonien, Karten und Siegel bringen Siegpunkte. Dazu kommen ein paar Trostpunkte für übriggebliebene Münzen.

katakomben

Die Beschreibung klingt nüchtern, nach Werteschieberei in einem abstrakten Szenario. Genauso ist es. Der Spielreiz kommt nicht von einer originellen Story, sondern aus dem Spielablauf. Dieser geht zum einen sehr schnell voran. Karten werden in der ersten Phase jedes Durchgangs parallel erworben, in der zweiten sind sie bekannt. Auch die weiteren Spielelemente sind schnell durchgeführt. So lässt sich Hadara selbst in voller Besetzung sehr gut spielen, eine Seltenheit bei taktischen Spielen und fünf Spielern.

Nun stehen in jeder Phase vielfach Entscheidungen an: Welche Karte nehme ich und was mache ich mit ihr? Dies gibt dem Spieler das trotz der Zufälligkeit der erhaltenen Karten das Gefühl, vollständig Einfluss auf seinen Fortgang zu haben. Auch ist es der Spieler, der entscheidet, in welchen Bereichen er sich wann entwickelt. Weil die Münzen knapp sind, ist ein Verkaufen von Karten unerlässlich. Deshalb gibt es in manchen Bereichen einen temporären Stillstand.
Dabei bietet das Spiel unterschiedliche Wege zum Erfolg. Sie auszuprobieren macht einen Teil des Wiederspielreizes aus. Der andere Teil kommt einerseits durch den Lernerfolg ("Das kann ich beim nächsten Mal besser machen!") und andererseits durch die Kartenvielfalt ("Was kann ich denn damit anfangen?"). Es gibt keine vorherrschende Strategie, sondern eine Mischung aus Agieren ("Das will ich jetzt!") und Reagieren ("Was bekomme ich? Was lassen die anderen mir übrig?"). Damit sind wir bei der Interaktion: Sie fällt gering aus, weil sie ausschließlich in der zweiten Phase einer jeden Runde stattfindet. Sie reicht aus, denn so manche weggeschnappte Karte ist ein genügend großes Ärgernis.

Neben den hervorragende Spieleigenschaften ist auch das Material von hoher Qualität. Ein Tiefzieheinsatz sorgt für Ordnung und schnellen Zugriff auf die Karten. Diese wiederum sind individuell gestaltet, jede hat ihre eigene Illustration. Zuletzt die Farbwahl: Klare Farbe fördern die Übersichtlichkeit und sorgen für einen höchst ästhetischen Anblick. Spielerherz, was willst du mehr? (wd)

Steckbrief
Hadara
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Benjamin Schwer Hans im Glück 2 - 5 Spieler ab 10 Jahre 45 - 60 Minuten Dominik Mayer