Du wachst mit deinen Kumpels in einem Raum auf, in dem das einzige Fenster vergittert ist. Was machst du? Du spielst einen Dungeon Crawler und suchst eine Fluchtmöglichkeit. Schnell verlassen wir - nein, nicht die Zelle - sondern ausgetretene Pfade. Hier werden keine Monster geplättet - na ja, in Einzelfällen schon. Und es werden keine Schätze geraubt - okay, die wenigen lassen wir schon mitgehen. Auch Leveln wir unsere Charaktere nicht. Wir wollen raus aus dem Verlies und noch viel mehr: Eine Story erleben und beeinflussen.
Da sind wir nun in der Zelle und haben unser Handy dabei. Wir rufen damit keine Hilfe herbei, sondern lassen uns die Geschichte beziehungsweise die Teile, die die Story ergeben, vorlesen. Das könnten wir auch selbst aus einem Heftchen machen. Mit dem Handy schonen wir unsere Stimme und haben einen gut verständlichen, mitreißenden Erzähler.
Im Verlies gibt es nur vier Aktionen, von denen ich zwei pro Spielzug ausführe. Die erste ist immer eine Bewegung. Ich gehe an den Ort, an dem ich aktiv werden will. Danach kann ich den Ort untersuchen. Ich finde Informationen, Gegenstände oder erleide etwas, das mich Gesundheit kostet. Anstelle einen Ort zu durchsuchen, kann ich auch einen Gegenstand an einem Ort anwenden oder zwei Gegenstände kombinieren. Ein leicht verständliches Zahlensystem ermöglicht all diese Aktionen auf einfache Weise. Ein Beispiel? Gerne doch, ich nehme das aus der Anleitung.
Ich gehe zum Sofa (Bewegung). Ich schaue unter das Sofa (Ort untersuchen) und sehe eine Katze, die nicht hervorkommen will. Ich habe eine Dose Katzenfutter, die noch ungeöffnet ist. Einen Spielzug später: Ich besitze einen Dosenöffner, den ich auf die Dose anwenden möchte (Gegenstände kombinieren). Die ungeöffnete Dose geht aus dem Spiel und ich erhalte eine geöffnete Dose mit Katzenfutter. Noch einen Spielzug weiter: Mit der geöffneten Dose gehe ich zurück zum Sofa (Bewegung) und nutze sie dort (Gegenstand an einem Ort anwenden). Wird die Katze hervorkommen?
Wir spielen uns durch das Verlies. Die Story besteht aus drei Teilen; jeder kann einzeln für sich gespielt werden. Die Zeitangabe von 90 Minuten pro Teil traf bei uns genau zu. Wir wollten zunächst nur einen Teil spielen, hängten den zweiten direkt an. So ein Verlies-Abenteuer machte uns hungrig. Wir unterbrachen für ein Abendessen, von dem unsere Charaktere nur träumen konnten. Danach ging es weiter. Drei Ansätze? Dazwischen warten, wir es weitergeht? Nicht mit uns! Wir waren gefesselt: Ein so einfaches Regelkonstrukt, ein fehlerfreies Skript, ein logischer Aufbau und vor allem eine spannende Story mit überraschenden Wendungen. Zum Schluss gab es ein Showdown und die übliche Bewertung. Wir schafften die zweitbeste. Klingt gut, aber wie es uns die Regel schon mitteilt, die Wertung ist Nebensache. Das Erlebnis zählt, und das wäre genauso gut bei schlechter Bewertung gewesen.
Blicken wir zurück auf unsere Flucht. Wir genossen die Spannung der Story, die uns keinerlei Zeitdruck auferlegte. Es ist kein Escape-Spiel, bei dem sich die Spieler abhetzen müssen. Es ist ein Buch, auf das wir Spieler Einfluss nehmen. Wen das an die Abenteuerspielbücher erinnert, der hat recht. Hier sind wir nur zu mehreren und wir agieren freier, den wir entscheiden über die Reihenfolge, in der wir die Orte aufsuchen und wie wir dort handeln.
Ursprünglich wollten wir nur einmal hineinschnuppern in diese Adventure Games. Hinein ging, heraus geht es nur mit einem anderen Gegenstand. Im zweiten Adventure Game sollen wir einem Forschungsgebäude einen "Besuch" abstatten. Monochrome AG, wir kommen... (wd)
Gemütliche Spannung Kleine Schachtel, viel Spielspaß - ob zu Hause oder im Urlaub. Wer eine gute Geschichte hören, erleben und mitgestalten will, liegt bei Adventure Games genau richtig. Wir haben es zu Hause in einem Rutsch durchgespielt. Die Vorstellung, es an drei Abenden im Urlaub zu spielen, klingt verlockend, und dies liegt nicht nur am Urlaub. |
Steckbrief Adventure Games - Das Verlies |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Phil Walker-Harding, Matthew Dunstan | Kosmos | 1 - 4 Spieler | ab 12 Jahre | ca. 270 Minuten | Martin Hoffmann |